Kossendeys Gegengewicht

Von grauen Herren bis zur Latte-Macchiato-Mami

01.06.2016, 16:15 Uhr


Ob altehrwürdiger Standesvertreter oder Protest-Apotheker: Unter den lieben Kollegen treten bestimmte Arten gehäuft auf, stellt Ann-Katrin Kossendey-Koch in ihrer Kolumne fest. Zwar wird auch immer wieder mit unfairen Tricks gegeneinander vorgegangen – doch auf einige Kollegen kann man zum Glück auch bauen.

Gottes Tiergarten ist groß. Und so gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Apothekern: Junge und alte, große und kleine, dicke und dünne, mit oder ohne Haare. Einige Typen kommen jedoch gehäuft vor.

Jeder hat Kollegen im Notdienstkreis, die einfach unsichtbar zu sein scheinen. Man sieht sie auf keiner Fortbildung, auf keiner Versammlung und auch nicht außerhalb ihrer Apotheke. Sie sind wie ein Phantom. Oder die geschäftigen Apotheker, die immer neue Ideen haben und phantasievoll ihr eigenes Geschäftsfeld erweitern. Da werden Automaten aufgestellt, neue Firmen oder Kooperationen gegründet oder auch schon mal ein „Oben-ohne-Herren-Friseur“ eröffnet – eben innovativ und zukunftsorientiert. Manchmal aber auch etwas zu fortschrittlich und knapp am Ziel vorbei.

Klassische Spionage statt neue Medien

Dann gibt es diese Kollegen, die lieber Detektiv statt Apotheker geworden wären. Akribisch bespitzeln diese Exemplare die Mitbewerber vor Ort, um beim kleinsten Vergehen gleich aktiv zu werden und den Kollegen anzuschwärzen. Da werden Prozesse angestrebt, Objekte angemietet, um Konkurrenz fernzuhalten oder auch Mitarbeiter abgeworben, um an Insiderinformationen zu kommen. Meist sind diese Apotheker auch eher unfair im Miteinander, taktieren hinter dem Rücken des Anderen, nur um sich vermeintliche Vorteile zu sichern.

Apothekerin Ann-Katrin Kossendey-Koch

Eher in Rudeln tritt der altehrwürdige Apotheker auf, den man auf Fortbildungen am grauen Anzug mit Krawatte oder für Fortgeschrittene mit Fliege erkennt. Diese Spezies hat die guten Jahre der Apotheke selbst oder zumindest in zweiter Generation mitgenommen und bringt daher wenig bis kein Verständnis dafür auf, an alten Strukturen irgendetwas zu verändern. Reden statt handeln. Und mitreden darf nur, wer sich jahrelang von Gremium zu Versammlung standespolitisch angemessen hochgedient hat. Neue Medien sind diesen Apothekern genauso suspekt wie Kollegen, die keinen Kittel tragen. 

Die graue Eminenz bleibt gerne unter sich, so ist sie als große Gruppe in unseren Standesvertretungen zu finden – wen wundert es da, dass man lieber an alten Zöpfen festhält als sich den neuen Anforderungen der Gesundheitspolitik zu stellen. Der natürliche Feind des oft leicht überheblich wirkenden Altherren-Apothekers ist der gemeine Protest-Apotheker, der sich seit ein paar Jahren zusammenrottet und die heimelige Atmosphäre auf Versammlungen und Apothekertagen stört.

Gute Entwicklungsbedingungen

Schon optisch ist diese Sorte Apotheker das genaue Gegenteil der grauen Herren. Lässig und modisch gekleidet zeichnet sich der Protest-Apotheker dadurch aus, dass er so gar nicht scheu ist und hartnäckig seine Meinung auch ungefragt vertritt. Mit den neuen Medien kennt er sich bestens aus – dienen doch Internet und Facebook dem Protest-Apotheker zum Vernetzen und Austauschen.

Durch das viele Futter in Form von Repressalien der Krankenkassen und falsche Signale der Politik und dem Fehlen des natürlichen Feindes, der Standespolitik, sind die Entwicklungsbedingungen für den Protest-Apotheker so gut, dass mittlerweile die Population derart angewachsen ist, dass es schon für eigene Internetseiten reicht. Bestand am Anfang noch die Hoffnung, es handele sich bei den Protest-Apothekern um ein paar wenige fehlgeleitete Geisterfahrer, muss nun mittlerweile selbst der altmodischste Standesfürst einsehen, dass man sich den Lebensraum wohl aber übel mit den Krawall-Brüdern und -Schwestern teilen muss.

Eine Runde Elend – oder lieber ein Latte Macchiato?

Eine weitere große Gruppe ist der leidende Apotheker. Er hat immer ein Gegenargument parat, warum etwas nicht funktionieren kann. Und er erzählt am liebsten davon, wie viele Notdienste er im letzten Quartal geleistet hat, warum er mehr Retaxationen hatte als alle Kollegen um ihn herum und dass die Revision bei ihm am schärfsten kontrolliert hat. Gepaart ist dieser Hang zum Leiden oftmals mit einem vorauseilendem Gehorsam und einem Überinterpretieren aller Gesetzestexte, was jedoch bei nächster Gelegenheit gleich wieder für eine Runde Elend genutzt wird.

Eine ganz andere Art von Pharmazeuten sind die Latte-Macchiato-Mamis. Diese bevorzugt angestellte Spezies ist vornehmlich mit einem Juristen liiert, lebt in einem gepflegten Eigenheim mit großem Garten, wo zwei bis drei schulpflichtige Kinder mit untergebracht sind. Da die Latte-Macchiato-Apothekerin ja arbeitet, beschäftigt der Gatte eine Haushaltshilfe und eine Kinderfrau – mit Glück ist auch noch eine Bügelfrau drin. Schon beim Vorstellungsgespräch stellt diese Art der Apothekerin klar, was nicht geht: Nach 12 Uhr noch arbeiten, Vertretungen, Notdienste, Samstage arbeiten („Das möchte mein Mann nicht!“) und die Kita-Ferien nicht frei haben. Immerhin bietet sie einem potentiellen Arbeitgeber dieses Paket für nur 15 Prozent über Tarif an.

Ein aufbauender Tritt vom Freund

Eine ganz besondere Sorte Apotheker ist jedoch der Kollege, der über die Zeit auch Freund geworden ist. Der dich aufbaut, wenn dir das ganze Apotheken-Thema über den Kopf wächst. Wenn du mal wieder eine der für selbstständige Apotheker typischen Krisen hast – zu wenig Personal, Retax-Ärger, wenig königliche Kunden, eine miese betriebswirtschaftliche Auswertung oder aber einfach Frust wegen der Krankenkassen oder unserer unterirdischen (Standes-)Politik. Der Apotheker-Freund hört zu, nickt und gibt dir dann einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten. Er tauscht sich mit dir aus und gibt dir das gute Gefühl, mit allen deinen Problemen nicht allein zu sein auf dieser Welt.

Jede Ähnlichkeit mit lebenden Kollegen ist rein zufällig und diese Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollzähligkeit. Es gibt noch viele weitere Spezies von Apothekern und auch Mischformen sind möglich. Beim Apotheker-Freund ist die Ähnlichkeit aber gewollt und ich hoffe, Charlotta erkennt sich in meiner Beschreibung wieder. An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön für den emotionalen Beistand die letzten Tage. Ich hoffe sehr, dass ich mich mal revanchieren kann.


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1 Kommentar

:-D

von Christiane Patzelt am 01.06.2016 um 17:14 Uhr

Danke :-*

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