Sechsfach-Vakzine

Ersatzimpfstoff aus Italien und Frankreich

Stuttgart - 28.06.2016, 12:30 Uhr

Hexyon mit deutschsprachiger Aufschrift werden Apotheken vermutlich erst im Juli wieder beziehen können (Foto:  Sanofi Pasteur MSD)

Hexyon mit deutschsprachiger Aufschrift werden Apotheken vermutlich erst im Juli wieder beziehen können (Foto:  Sanofi Pasteur MSD)


Die beiden sechsfach-Kombinationsimpfstoffe Infanrix hexa und Hexyon werden voraussichtlich bis Ende Juli in den Apotheken nicht wie gewohnt zur Verfügung stehen. Das BMG hat daher eine Ausnahmegenehmigung erteilt, Hexyon-Fertigspritzen aus Italien oder Frankreich zu importieren. 

Infanrix-hexa® von GlaxoSmithKline und Hexyion® von Sanofi Pasteur MSD werden zur Grundimmunisierung von Kindern zum Schutz vor Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae b und Hepatitis B eingesetzt. Während die Lieferfähigkeit von Infanrix-hexa® in sämtlichen Packungsgrößen bereits seit Ende Mai Probleme bereitet, war von Hexyon® laut Engpass-Liste des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bislang nur die 1er-Packung nicht lieferbar.

Nun hat das PEI in seinem Newsletter vor weiteren Engpässen gewarnt. Bis voraussichtlich Ende Juli werden die beiden Sechsfach-Kombinationsimpfstoffen nicht im üblichen Umfang beziehungsweise nicht in der üblichen Verpackung zur Verfügung stehen. Grund ist ein Produktionsausfall. 

Infanrix®-hexa ist derzeit nicht leiferbar. 

Ausnahmegenehmigung für den Import

Um die Versorgung sicher zu stellen, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Möglichkeit geschaffen, Präparate aus dem Ausland in Deutschland auf den Markt zu bringen. So werden für die Zeit des Engpasses Fertigspritzen des Impfstoffes Hexyon® aus Frankreich und Italien im Handel sein, informiert das PEI. Diese enthalten zwar eine deutsche Packungsbeilage, Spritzen oder Umverpackungen, seien aber französisch oder italienisch beschriftet. Laut PEI entspricht dieser Impfstoff bis auf die Beschriftung vollkommen den gewohnten Präparaten. Man werde die Impfstoffchargen wie üblich überprüfen und eine staatliche Chargenfreigabe erteilen, so das PEI. Folgende Chargen sollen für den Vertrieb in Deutschland freigegeben werden: 

  • Ch.-B. L03453V (Ware aus Frankreich)
  • Ch.-B. L03012V (Ware aus Italien)

Lebensbedrohlich oder ansteckend 

Gesetzliche Grundlage dieses Vorgehens ist § 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes (AMG), „Ausnahmeermächtigungen für Krisenzeiten“. Auf dieser Basis können im Falle eines Versorgungsmangels Arzneimittel auf den deutschen Markt gebracht werden, die hier nicht zugelassen oder registriert sind. Eigentlich ist das verboten (§ 73 Abs. 1 AMG).

Eine mögliche Voraussetzung für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung ist, dass es sich um  Arzneimittel handelt, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden. Dieser Umstand ist bei den Impfstoffen gegeben.

Aber auch im bei Ausbruch einer bedrohlichen, übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, kann das BMG vom § 79 AMG Gebrauch machen. So wie im September 2015 als eine Ausnahmegenehmigung für den Import für oral applizierbare, Ivermectin-haltige Arzneimittel zur Behandlung der Skabies erteilt wurde. Nach einem Ausbruch von Infektionen durch die Krätzmilbe Sarcoptes scabiei var. hominis in Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen habe eine gesundheitliche Notlage bestanden, so die Erklärung. Mittlerweile ist mit Scabioral eine orales Scabies-Arzneimittel zugelassen und auf dem Markt. 

Korrektur: in einer früheren Version des Artikels hieß es unter Berufung auf das PEI, die Chargenfreigabe sei bereits erteilt. Das PEI hat dies korrigiert. Die Chargen werden erst noch wie üblich geprüft und freigegeben.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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