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Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte zum Streitgespräch mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt geladen. Das Thema: Medikationsplan & Co. – was bringt das E-Health-Gesetz? Es zeigte sich: Beide Seiten halten nicht viel vom kommenden Medikationsplan, dafür umso mehr von ARMIN.
Es sollte ein „moderiertes Streitgespräch“ im Haus der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) werden. ABDA-Präsident Friedemann
Schmidt und KBV-Vorstand Regina Feldmann – in der KBV zuständig für die Hausärzte
– sollten aufeinandertreffen. Man kann sich vorstellen, dass die beiden durchaus
Punkte zum Streiten gefunden hätten. Doch ein Staatskommissar hätte nicht als Schlichter eingreifen müssen: Frau Feldmann war kurzfristig erkrankt,
weshalb ihr Vorstands-Kollege Andreas Gassen ihren Platz einnahm. Der Orthopäde
steht für die Fachärzte in der KBV. Er räumte schnell ein, dass er in seinem
Fachgebiet mehr „mit den Händen“ heile – und weniger mit Arzneimitteln.
Aber auch der Moderator Philipp Neumann, in der Funke-Mediengruppe für Gesundheitspolitik zuständig, sorgte mit seinen Fragen nicht dafür, dass die Stimmung hitzig wurde. Schnell wurde klar: Sowohl Gassen als auch Schmidt halten wenig von dem Medikationsplan, wie ihn die Politik mit dem E-Health-Gesetz auf den Weg gebracht haben. Für Gassen konterkariert schon die Regelung alles, dass jeder GKV-Versicherte einen Anspruch auf den Plan hat, der nur drei Arzneimittel zugleich nimmt.
Hinzu komme, dass der Patient selbst entscheiden könne, wenn er ein Medikament nicht auf dem Plan sehen wolle. Wer vernünftig mit dem Medikationsplan arbeiten wolle, benötige Informationen über die gesamte Medikation.
Apotheker können den Medikationsplan am besten erstellen
Schmidt nutzte Gassens Ausführungen, um die Kompetenzen der Apotheker ins Spiel zu bringen. Alle Studien zur Arzneimittel-Anamnese zeigten, dass die Apotheker den Medikationsplan am besten vollständig erstellen können. Sie können die Patienten auffordern, alle Medikamente und sonstigen Ergänzungsmittel in eine Kiste oder Tüte einzupacken und in die Apotheke zu bringen. „Da kommen die erstaunlichsten Sachen hervor“, sagte Schmidt. Der Apotheker sortiere die Mittel dann.
Selbstsicher erklärte der ABDA-Präsident: „Unsere Erfahrung ist, dass wir das wirklich am besten können. Und ich glaube, dass das die Ärzte auch nicht wollen, weil das im hausärztlichen Workflow nicht wirklich funktionieren würde.“ Damit rief Schmidt zwar ein nicht unbedingt wohlwollendes Raunen im Auditorium hervor –Gassen selbst konterte jedoch nicht. Er erklärte lediglich, dass auch bei der Brown-Bag-Methode mal ein Arzneimittel vergessen werden könne.
Der Arzt als Hausmeister mit der Rohrzange für alle Fälle
Ein gewisses Streitpotenzial hätte die Frage Neumanns haben können, ob es die richtige Aufgabenteilung ist, wenn der Arzt den Medikationsplan erstellt – und der Apotheker ihn auf Patientenwunsch ergänzen darf. Doch Gassen wich ihr diplomatisch aus und betonte einen Konsens: Der Arzt hat die Verordnungshoheit. Dem trage auch die Aufgabenteilung im Modellprojekt ARMIN Rechnung. Hier seien die Kompetenzen genau richtig verteilt. Dem konnte Schmidt nicht widersprechen: „Wir anerkennen vollständig und ohne Diskussion die ausschließliche Therapiehoheit des Arztes. Wir sind weder bereit noch nach unserer Ausbildung in der Lage, in diesem urärztlichen Gebiet Beiträge zu leisten“.
Schmidt wählte dann ein besonderes Bild, um zu erklären, wie es im E-Health-Gesetz mit der Kompetenzverteilung gelaufen sei: Wenn das Gesundheitswesen ein Haus ist, ist der Arzt nach seinem Selbstverständnis der Hausmeister. Er halte sich für alles zuständig. Doch manchmal sei die Situation auch so, dass der Hausmeister nicht jedes Problem lösen könne und der Hauseigentümer einen Klempner brauche.
Übertragen auf den Medikationsplan: Wir haben ein AMTS-Problem gemeinsam erkannt – und nun bieten die Apotheker ihre spezielle Kompetenz für Arzneimittel an. Dabei geht es insbesondere um Risiken, Selbstmedikation und die Arzneimittelanwendung im Sinne von Adhärenz. „Die hätten wir gerne ins E-Health-Gesetz eingebracht“, so Schmidt. Doch der Gesetzgeber habe „in seiner unendlichen Weisheit befunden, dass man das lieber mit einer größeren Rohrzange und dem Hausmeister macht und nicht den Klempner holt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.“
Geld für Apotheker ist kein Hexenwerk
Auch mit dem Hausmeister-Bild konnte Gassen gut leben – und ebenso mit dem Apotheker, der bei der Rohrzange mit anpackt. Nichtsdestotrotz machte er deutlich, dass auch er wenig Verständnis für die Vorgaben des E-Health-Gesetzes hat, wo es doch ARMIN gibt. Er ist überzeugt: Das was KBV und ABDA im Jahr 2011 gemeinsam angestoßen haben, sei das, wohin das E-Health-Gesetz eigentlich hinwolle. Hier gibt es den Medikationsplan erst ab fünf Arzneimitteln, was das ganze Konzept schon realitätsnäher mache.
Für Schmidt besteht kein Zweifel, dass ARMIN die richtige Blaupause für den Medikationsplan wäre. Hier gebe es eine Risikostratifizierung, mit der Patienten identifiziert werden, die wirklich profitieren. Zudem sei der Medikationsplan so verfügbar, dass für alle stets der aktuelle Stand ersichtlich ist. Mag es auch etwas länger gedauert haben: Der konsolidierte Datenaustausch zwischen Ärzten und Apothekern laufe – und der Plan sei in die Primärsysteme der Praxen und Apotheken integriert. Der Gesetzgeber müsse sich nur jetzt dafür entscheiden. Dem konnte Gassen nur zustimmen. „ARMIN funktioniert jetzt“, betonte er.
Für Schmidt ist ARMIN natürlich auch deshalb das beste Vorbild, da hier die Apotheker für ihre Leistung vergütet werden. Das Projekt zeige, dass eine Honorierungsregelung „kein Hexenwerk“ sei. Der ABDA-Präsident ist überzeugt, dass es die Nicht-Vergütung der Apotheker beim Medikationsplan nach dem E-Health-Gesetz ist, die die Begeisterung der Apotheker überschaubar hält.
Auch hier zeigte sich Gassen verständig: „Ich kann den Groll der Apotheker nachvollziehen“. Die KBV selbst steht derzeit vor der Aufgabe, mit dem GKV-Spitzenverband die ärztliche Honorierung für die Erstellung des Medikationsplans zu vereinbaren. Die Vorstellungen lägen hier noch „geringfügig auseinander“, so Gassen. Dennoch sei er zuversichtlich, zu einer Einigung zu kommen.
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