Karin Maag

CDU-Politikerin will in Stuttgart Cannabis anbauen

Stuttgart - 22.08.2016, 15:30 Uhr

Uni Hohenheim: Gibt es bald Cannabis-Plantagen in Stuttgart? (Foto: Maximilian Pircher / Uni Hohenheim)

Uni Hohenheim: Gibt es bald Cannabis-Plantagen in Stuttgart? (Foto: Maximilian Pircher / Uni Hohenheim)


Die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Karin Maag sieht die Uni Hohenheim als „prädestiniert“ an: Dort sollte Cannabis künftig für medizinische Zwecke angebaut werden. Die Uni zeigt sich gegenüber DAZ.online überrascht und besorgt. Entdeckt die CDU den Cannabis-Anbau als Wirtschaftszweig?

Nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) soll es für manche Schmerzpatienten im kommenden Jahr Cannabis auf Rezept geben. Sein Gesetzentwurf sieht vor, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Bundescannabisagentur wird – und jährlich die benötigte Menge an Medizinalhanf ausschreibt. Laut der Behörde gibt es schon viele Anfragen von interessierten Obst- und Gemüsebauern wie auch Einzelpersonen, die diesen neuen Geschäftszweig zukünftig erschließen wollen.

Gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ brachte nun die Bundestagsabgeordnete Karin Maag (CDU) den agrarwissenschaftlichen Standort der Uni Hohenheim ins Gespräch, die im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart liegt. Dieser sei „prädestiniert“ für den Anbau von Medizinalhanf. „Dort könnte ein kontrollierter Anbau garantiert werden, da habe ich null Bedenken“, erklärte die Gesundheitspolitikerin.

Wissenschaftler in Sorge

Anders sieht dies die Uni. Ein Sprecher sagt, sie hätten aus der Presse von der Idee erfahren. Die Uni habe zwar das Know-how, an Cannabis zu forschen, und auch schon kleine Testfelder für Industriehanf mit verschwindendem Gehalt am Wirkstoff THC. Doch offenbar sieht sich die Hochschule nicht vorbereitet für einen kommerziellen Anbau von Cannabis – und für interessierte Besucher, die zu nicht-medizinischen Zwecken Cannabis konsumieren möchten.

„Die Wissenschaftler haben Angst, dass ein Tourismus stattfindet“, erklärt der Pressesprecher auf Nachfrage von DAZ.online. Vonseiten der Studierenden habe es bisher noch keine Rückmeldungen auf die Vorschläge gegeben, was jedoch auch durch die Sommerzeit bedingt sein könne. Allgemein steht die Uni Vorschlägen jedoch offen gegenüber, sagt der Sprecher. „Wir würden uns freuen, wenn Frau Maag sich bei uns meldet“, erklärt er. „Wir harren der Dinge, die da kommen.“ 

Hanfplantagen zur Wirtschaftsförderung?

Handelt es sich beim Vorschlag der früheren Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Unionsfraktion um Marketing für den Wirtschaftsstandort Stuttgart? Nein, heißt es aus dem Bundestagsbüro der CDU-Abgeordneten. Motivation der Politikerin sei eine gute Versorgung für Schmerzpatienten. Der Standort sei nur gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ ins Gespräch gebracht worden, um beim Leser einen Regionalbezug herzustellen.

Gute Therapie

Ihr sei es ein Anliegen, die Versorgung der Patienten mit cannabishaltigen Arzneimitteln zu verbessern, erklärte Maag in einer Stellungnahme. „Denn für bestimmte Schmerzpatienten kann Medizinalhanf eine gute Therapie sein, wenn andere Schmerzmittel nicht helfen“, sagte sie – und erteilte gleich weitergehenden Wünschen eine Absage: „Selbstverständlich wird es keine allgemeine Legalisierung von Cannabis geben.“ 

Gröhes Gesetzentwurf für die Rezept- und Erstattungsfähigkeit von Cannabis sei „der richtige Weg“. Denn wir wollen einen sicheren und kontrollierten Zugang der Betroffenen unter staatlicher Kontrolle. „Eine umfassende Kontrolle des Anbaus und der Erwerbskette setze ich voraus“, betonte Maag. Der von Grünen und Linken propagierte Eigenanbau sei wegen der Unbestimmbarkeit des THC-Gehalts gefährlich und aus unserer Sicht ein Einfallstor für den Cannabismissbrauch. „Das wollen wir verhindern“, erklärte Maag.

Eigenanbau als Übergangslösung

Derweil hat der Rechtsanwalt Oliver Tolmein zusammen mit Franjo Grotemhermen von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin einen Leitfaden entwickelt, wie Schmerzpatienten Cannabis selber legal anbauen können. Ein Patient, den er vertritt, hatte in letzter Instanz beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig Erfolg: Da er sich Cannabis aus der Apotheke nicht leisten kann, muss das BfArM ihm den Eigenanbau erlauben. Tolmein empfiehlt, zuerst eine Sondererlaubnis für den medizinischen Gebrauch von Cannabis zu beantragen.

Sein Mandant hat inzwischen einige Erfahrungen mit dem BfArM als Bundesopiumstelle gesammelt: „Besonderes Augenmerk richtet die Bundesopiumstelle auf eine sichere Entsorgung der Pflanzenreste“, schreiben Tolmein und Grotemhermen – einem bestimmten Küchenkomposter-Modell habe das BfArM aber zugestimmt. Sie weisen auch darauf hin, dass ein Tresor zur Aufbewahrung der getrockneten Blüten sowie ein Panzerriegel zum Schutz der Wohnungstür nötig sei.

Rechtsanspruch der Patienten

„Das Interesse der Bundesopiumstelle, Genehmigungen zu erteilen, ist gering, die Bedenken gegen die Versorgungsform Eigenanbau sind groß“, schreiben die Autoren. Dabei werde es noch dauern, bis der Gesetzesentwurf von Gröhe umgesetzt und Cannabis in Stuttgart oder anderswo angebaut werden kann.

Zuerst muss auch das BfArM den Cannabis-Anbau noch ausschreiben. „Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Patienten bis dahin bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch, sich mit selbst angebautem Cannabis versorgen zu dürfen“, erklären sie.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Freiland-Anbau?

von Axel Junker am 23.08.2016 um 18:07 Uhr

Frau Maag scheint nicht zu wissen - und damit ist sie in der CDU augenscheinlich nicht allein - welche Investitionen erforderlich sind, um (standardisierten) Cannabis zu medizinischen Zwecken zu produzieren.

Im Freiland ist ein solcher Anbau nicht praktikabel.
In Hallen allein mit höchsten Sicherheits-Anforderungen, die erhebliche Kosten verursachen.

Möge Frau Maag der Firma Bedrocan in den Niederlanden einen Besuch abstatten und sich informieren.

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CDU. Ca

von Stevan Menicanin am 23.08.2016 um 6:11 Uhr

Nun da Holland nicht mehr liefern möchte und dieses einschrankt, muss die CDU gucken wo sie bleibt. Immerhin bekommt die Bevölkerung mit, wer da die Steine hingelegt hat und dass da Menschen, auf ihre verschriebenen Medikamente warten müssen.
Ausschreibungen werden da nur nicht den gewünschten Erfolg bringen, wenn Ärzte zeitnah Cannabis nicht nur den Todgeweihten verschreiben, dann wird wieder Ungerechtigkeit im System sein und die Kassenpatienten können gucken wo sie bleiben.
CDU und Süddeutsche Behörden sollten sich mal hinten anstellen und damit anfangen den Hanf(Hexen)hammer zu schließen.
Jetzt eine bestimmende Position einzunehmen, vermittelt Angst vor der kommenden Wahl.
Ausserdem, ist der Zirkus um den Cannabis Anbau, ein weiteres Zeichen der Ahnungslosigkeit um diese urzeitliche Pflanze.
Es wächst zwar wie Unkraut oder brennessel, muss aber in einem geschlossenen Raum (System), mit kontrollierten Bedingungen für gleichbleibende Ergebnisse gezogen werden. Lichtdauer, Lichtfarbe, Temperatur und Luftfeuchtigkeit um nur paar der einflussreichen kriterien zu nennen.
Soll ja kein Faserhanf gedeihen.
Außerdem, ist die reine THC oder CBD Gewinnung für Medikamente ohne Synergien der ganzen Blüte eine weitere Einschränkung, der möglicherweise erfolgreichsten Medizin der Erde, durch die CDU/CSU.
Soll es für manche Schmerzpatienten (nicht alle die es benötigen), weitere engstirnigkeit... Es ist hoffnungslos mit dieser Partei, irgendwie vernünftig über Cannabis einen Dialog zu führen.
Ausgerechnet die Partei, die sich am wenigsten mit Cannabis auskennt, und das erste was sie wissenschaftlich erzählt bekommt glauben muss,
Da sie ja keine Ahnung haben. Nun führt diese CDU einen Anbau Plan?
Am liebsten hätte ich jetzt ein deutliches "Nein" von den anderen Parteien, wenn es nicht so wichtig währe, das überhaupt etwas geschieht.

Ich produziere meine Cannabidoide selbst!

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AW: Cannabidoide

von Stevan Menicanin am 23.08.2016 um 7:07 Uhr

Cannabinoide und nicht Cannabidoide

"Cannabinoide produziere ich selbst"

is klar

von symba am 22.08.2016 um 20:25 Uhr

die konservativen arschgeigen haben über jahrzehnte sowohl konsumenten als auch patienten, die von cannabis profitieren als abschaum der gesellschaft abgestempelt und kriminalisiert - und haben auch nicht vor daran etwas zu ändern!

jetzt werden erstmal die felder abgesteckt. weil da könnte ja kohle zu machen sein! und wenn wir schonmal von konsumenten und patienten durch jahrelangen rechtsstreit zu einem cannabismarkt gezwungen werden, dann bitte kohle für die freunde der union!

der einzig vertretbare weg wäre es hanfzüchter zu unterstützen, die sorten entwickeln, die jeder bedürftige im garten oder keller anbauen kann.

die privatisierung und ausschreibung der bedarfsdeckung darf eben nicht der deutschen althergebrachten wirtschaftsmafia zugespielt werden, genausowenig wie der pharma, die auf einzelpersonen scheisst, sondern muss dem bürger überlassen werden.

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Tourismus?

von Ralf Blandowski am 22.08.2016 um 16:19 Uhr

So so die Hochschule hat Angst vor Tourismus oder interessierten Leuten die Cannabis zu nichtmedizinischen Zwecken konsumieren möchten? Na klar, de Gesetzentwurf zielt ja auch darauf ab alles und jeden mit Cannabis zu versorgen....selten so gelacht^^ VIelelicht der nächste Gesetzentwurf in 5-10 Jahren wird eventuell eine weitergehende Freigabe beinhalten, bisher ist es so, dass nur Medizinalhanf angebaut werden soll. Und wenn die Bundesopiumstelle selbst bei berechtigtem Anbau inkl. erlaubenden Gerichtsurteil starke Hürden für den Anbau von Cannabis aufstellt, dann wird der Anbau in einer Universität nur mit den gleichen oder sogar strengeren Hürden bewilligt. Ich glaube nicht, dass dazu zählt, dass der Zugang zu den Hanfpflanzen für irgendwelche Touristen oder Kiffern zugänglich sein wird! Deswegen ist das einfach nur Polemik, und einfach nur ein Grund gesucht. Die sollen wenn sie es nicht möchten auch nicht machen, dazu gibt es genügend Interessenten die das gerne machen würden, aber sich Gründe aus der nase zu ziehen die inhaltlich auch noch falsch sind ist ein Armutszeugnis!

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AW: Genau Tourismus

von Michael Wiench am 22.08.2016 um 19:27 Uhr

Was ist daran jetzt so schwer zu verstehen ? Die hier angesprochenen Touristen und interessierten Personen kommen allerdings eher nachts zu Besuch. Dies hat zur Folge, dass die Felder unter 24/7-Bewachung stehen müssen. Neben den immensen Kosten wird die Uni zu einem bewachten Hochsicherheitstrakt. Eine Uni möchte aber eher frei sein, da sind die Sorgen doch klar nachvollziehbar und berechtigt, oder ?

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