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Alternativmedizin
Zustimmung und Widerspruch für Josef Hecken
Nach den Verbots-Vorschlägen von G-BA-Chef Josef Hecken äußert sich der Zentralverein homöopathischer Ärzte entrüstet, die großen Pharma-Verbände schließen sich an. KBV-Chef Andreas Gassen jedoch unterstützt den Vorstoß. Was sagen die Kassen, deren Handlungsspielraum eingeschränkt werden soll?
Für Cornelia Bajic, Vorsitzende des Zentralvereins
homöopathischer Ärzte, war der Vorschlag von Josef Hecken ein Schock:
Der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hatte gefordert, Kassen sollten
homöopathische Behandlungen zukünftig nicht mehr zahlen dürfen – und bei
Krebskranken solle die Therapieart gleich ganz verboten werden. Nach einer
Anfrage von DAZ.online verfasste sie noch am Wochenende im Flieger aus Südamerika eine Stellungnahme.
„Die Patienten sind nicht aufgrund einer homöopathischen Behandlung gestorben!“, schrieb sie in Bezug auf die Krebspatienten eines Heilpraktikers in Brüggen-Bracht, deren Todesfälle die aktuelle Diskussion angestoßen hatten. Hecken werfe alle Therapieformen „wild durcheinander“, kenne die gute Evidenz für Homöopathie nicht und überschreite seine Kompetenzen auch auf anderen Gebieten. „Wessen Interessen vertritt Herr Hecken?“, fragte Bajic.
Nur wirkungsloser Hokuspokus?
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fordert derweil, dass Homöopathie auch in Zukunft als Satzungsleistungen von der GKV erstattet werden kann. „Natürlich können schwerwiegende Krankheiten wie Krebs nicht allein durch alternative Medizin geheilt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. „Wer aber die Homöopathie als ergänzende und in der Regel nebenwirkungsarme Behandlung verbieten will, beschneidet die Therapievielfalt und bevormundet zahlreiche Patienten in Deutschland.“
Nach Ansicht von Fahrenkamp gibt es eine Vielzahl von Erkrankungen, bei denen homöopathische Arzneimittel erfolgreich einsetzbar sind. Studien aus der Versorgungsforschung zeigten nach Meinung des BPI „übereinstimmend“ den Nutzen für Patienten wie Gesundheitssystem.
„Klinische Studien belegen zudem relevante Verbesserungen bei verschiedenen Indikationen“, erklärt der BPI. „Man sollte Homöopathie als Therapierichtung nicht abwerten“, ergänzt Fahrenkamp. „Homöopathie ist kein wirkungsloser Hokuspokus, sondern eine anerkannte und bewährte Therapieform.“ Wenn Behandler und Patienten sie richtig und verantwortungsvoll einsetzen, könne sie den Therapieerfolg unterstützen. „Das rechtfertigt auch eine Erstattung als Satzungsleistung der Kassen“, erklärt der Geschäftsführer.
Pharmaverband verweist auf Homöopathen
Auf Nachfrage von DAZ.online nach den erwähnten Studien bezieht sich ein Sprecher des BPI auf einen „Forschungsreader“,
in dem die aus dem Zentralverein homöopathischer Ärzte gegründete „Wissenschaftliche
Gesellschaft für Homöopathie“ im Mai 2016 den „Stand der
Forschung zur Homöopathie zusammengestellt hat. Dieser war von Kritikern scharf
angegangen worden.
Die Debatte sei unverantwortlich und gefährlich
Auch der „Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller“ (BAH) rät zur Versachlichung der aktuellen Debatte. Diese gefährde die Arzneimittelvielfalt und die therapeutischen Möglichkeiten „in unverantwortlicher Weise“, sagt Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft des BAH.
Ärzten, Heilpraktikern, Apothekern und Patienten sollte eine größtmögliche Vielfalt an Arzneimitteln zur Verfügung stehen. „Hierzu zählen auch homöopathische und anthroposophische Arzneimittel“, sagt Kroth – und begrüßt die Apothekenpflicht, die für einen verantwortungsvollen Umgang mit homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln sorge. „So kann auch der Apotheker den Patienten vor der Abgabe des Arzneimittels beraten, eventuelle Grenzen aufzeigen und im Zweifel Alternativen beziehungsweise einen Arztbesuch empfehlen“, betont der Geschäftsführer.
Wie steht es um die Daten?
Doch einen entscheidenden Unterschied zu den Kollegen vom BPI gibt es in der Stellungnahme des BAH: Auf das zentrale Argument Heckens, dass die Wirkung homöopathischer Präparate nicht belegt, sondern durch eine große australische Studie sogar widerlegt sei, geht der BAH nicht ein.
Keine Stellungnahme zum Thema verschickte die dritte große Pharmavereinigung, dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller.
KBV unterstützt Hecken, Kassen üben sich in Zurückhaltung
Direkt am Montag positionierte sich auch Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Ich unterstütze den Vorstoß des Unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Prof. Josef Hecken“, erklärt er. „Ohne nachgewiesenen Nutzen“ dürften keine Beitragsgelder ausgegeben werden, erklärt er – und verweist darauf, dass diese besser in die unterfinanzierten ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen der Regelversorgung fließen sollten.
Deutlich zurückhaltender sind einige Krankenkassen. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die Äußerungen des Unparteiischen Vorsitzenden des G-BA nicht öffentlich bewerten“, schreibt der Pressesprecher des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Er verweist darauf, dass gesetzliche Krankenkassen ausschließlich Therapien im gesetzlichen Umfang erstatten. „Anderenfalls wären die zuständigen Aufsichten gefragt“, erklärt der Sprecher.
Wissenschaftliche Evidenz sei eine wesentliche Grundlage der Entscheidungen des GBA, an denen der GKV-Spitzenverband maßgeblich beteiligt ist. „Hier brauchen wir im Zweifel mehr und nicht weniger“, betont der Sprecher allgemein.
Auch der AOK-Bundesverband bleibt gegenüber DAZ.online vergleichsweise gemäßigt. Verschiedene AOKs übernähmen Homöopathie-Kosten im Rahmen individuell nutzbarer Gesundheitsbudgets, schreibt ein Sprecher. „Die Diskussion um die Wirksamkeit der Homöopathie ist uns bekannt“, erklärt er. „Wir verfolgen sie aufmerksam.“ Die Techniker Krankenkasse, die schon lange Homöopathie-Kosten erstattet, war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Homöopathika seien sehr umstritten
Anders verhält sich die DAK-Gesundheit. „Im Fall der homöopathischen Arzneimittel kritisieren auch die Arzneimittelspezialisten der DAK-Gesundheit einen fehlenden Wirksamkeitsnachweis“, schreibt die Krankenkasse. Grundsätzlich verfolge sie den Standpunkt, dass nachweisbar sein muss, dass eine Behandlung zumindest Aussicht auf Erfolg hat. Die Kasse weist ihre Kunden auf der Homepage auch darauf hin, dass die Arzneimittel, die in diesem Bereich eingesetzt werden, sehr umstritten sind. Dort schreibt sie auch, dass homöopathische Mittel nicht mit Metall in Berührung kommen dürften oder starke Arzneimittel die Wirkung homöopathischer Präparate senken könne – ohne auf Nachfrage von DAZ.online Belege für diese Aussagen zu schicken.
4 Kommentare
zwei Lager
von Thorsten Dunckel am 31.08.2016 um 9:46 Uhr
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AW: Leichtfertige Stellungnahme
von Heike Zimmermann am 31.08.2016 um 11:32 Uhr
Leichtfertige Stellungnahme
von Heike Zimmermann am 31.08.2016 um 9:16 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
leichtfertige Stellungnahme
von dr.c.m.klotz am 30.08.2016 um 12:10 Uhr
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