Zyto-Verträge

Union spricht über Rabattverträge für Zytostatika

Berlin - 08.09.2016, 12:35 Uhr

Michael Hennrich findet Rabattverträge für Zyto-Ausgangsstoffe eine gute Idee, um Geld einzuparen und die freie Apothekenwahl zu erhalten. (Foto: Thomas Auerbach)

Michael Hennrich findet Rabattverträge für Zyto-Ausgangsstoffe eine gute Idee, um Geld einzuparen und die freie Apothekenwahl zu erhalten. (Foto: Thomas Auerbach)


Die Probleme bei Zytostatika-Ausschreibungen sind im Bundestag angekommen. In der Unionsfraktion herrscht offenbar Konsens darüber, die freie Apothekenwahl wieder herzustellen. Arzneimittel-Experte Michael Hennrich schlägt vor, dass die Kassen künftig die Wirkstoffe bei den Herstellern ausschreiben. Der CDU-Politiker will zwei Probleme auf einen Schlag lösen.

Der Druck auf die Politik war zuletzt angewachsen: In den vergangenen Wochen hatten die Zyto-Verträge eine ungewöhnlich hohe mediale Aufmerksamkeit. In vielen Berichten hieß es, dass die Versorgung krebskranker Patienten unter den exklusiven Ausschreibungen der AOK leide. Ein weiteres Problem sind die Verwürfe: Einige Krankenkassen beschweren sich darüber, dass Apotheker die Verwürfe, die bei der Herstellung von parenteralen Lösungen für AOK-Patienten entstehen, bei anderen Kassen abrechnen. Die Techniker Krankenkasse (TK) hatte am gestrigen Mittwoch daher angekündigt, sich an der nächsten Ausschreibungswelle zu beteiligen.

Acht Fachverbände, darunter der Deutsche Apothekerverband, der Berufsverband Niedergelassener Onkologen sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft, haben der Politik außerdem einen Neun-Punkte-Plan vorgelegt, in dem sie sich für die komplette Abschaffung exklusiver Zyto-Verträge stark machen.

Union will die freie Apothekenwahl zurück

Die Gesundheitsexperten der Unionsfraktion wollen das Thema nun anpacken. Michael Hennrich, Berichterstatter für Arzneimittel-Themen in der Union, sagte gegenüber DAZ.online: „In der Union herrscht Einigkeit darüber, dass wir die freie Apothekenwahl erhalten müssen. Wir brauchen die Versorgung durch die Apotheke vor Ort.“  Gleichzeitig wolle man aber auch in Zukunft im Zyto-Bereich sparen und „Wirtschaftlichkeitsreserven heben“, erklärte der CDU-Politiker. „Wie wir diese beiden Ziele miteinander verknüpfen können, darüber diskutieren wir derzeit noch.“

Hennrich selbst hat inzwischen allerdings einen Vorschlag eingebracht. Der Arzneimittel-Experte kann sich vorstellen, dass man im Zyto-Bereich ein Vertragssystem einführt, das dem Rabattvertragssystem bei Generika ähnelt. „Aus meiner Sicht wäre es eine gute Lösung, wenn die Kassen direkte Verträge mit den Herstellern über die jeweiligen, verwendeten Wirkstoffe abschließen.“ Laut Hennrich sind solche Verträge nicht nur für Generika, sondern auch für Originalpräparate denkbar.

Gröhe schaut sich die Versorgungslage an

Hennrich wünscht sich, dass damit zwei Probleme auf einmal gelöst werden könnten: „Zum Einen hätten wir dann wieder eine freie Apothekenwahl, weil Versorgungsverträge zwischen Kassen und Apotheken dann ja nicht mehr nötig wären. Zweitens könnten wir somit auch alle Diskussionen über Verflechtungen zwischen Ärzten und Apothekern sowie einem grauen Markt endlich begraben“, bekräftigte der CDU-Politiker. Als Honorar für ihre pharmazeutische Dienstleistung würden die Apotheker weiterhin die fixe Zubereitungspauschale kassieren.

Nur ein Problem gibt es noch, für das auch Hennrich noch keine Lösung gefunden hat: die Verwürfe. „Das ist wahrscheinlich die größte Hürde und auch mit einer Rabattvertragslösung nicht einfach zu lösen.“ Man könne beispielsweise darüber nachdenken, an den Packungsgrößen etwas zu ändern. „Das könnte dann eventuell über eine Rahmenvereinbarung gelöst werden“, schlägt Hennrich vor.

Auch in der Apothekerschaft dürfte Hennrichs Vorstoß positiv aufgenommen werden – auch wenn es, wie so oft, auf die konkrete Ausgestaltung ankommen wird. Einen in diese Richtung gehenden Vorschlag hatte kürzlich in der DAZ der Erdinger Apotheker Dr. Franz Stadler eingebracht. Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbands Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker, hatte diesen im Grundsatz unterstützt. Und auch der DAV-Vorsitzende Fritz Becker hat gestern erklärt, dass Rabattverträge zwischen Herstellern und Pharmaunternehmen eine Option wären. Die Apotheker wollten für ihre pharmazeutische Leistung bezahlt werden – auf die Aushandlung von Arzneimittelpreisen würden sie gerne verzichten.

Seine Idee will Hennrich in den Gesetzgebungsprozess des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) einbringen. Bei der heutigen Haushaltsdebatte im Bundestag hat auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nochmals bekräftigt, dass sein Haus sich die Versorgungslage derzeit anschaue und Änderungen prüfe.

Prominente Unterstützung bekam Hennrich zudem von Georg Nüßlein (CSU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion und zuständig für das Thema Gesundheit. Er sagte im Plenum: „Ich bin sehr dafür, dass wir über den Vorschlag vom Kollegen Hennrich nachdenken und dafür sorgen, dass Krankenkassen und Hersteller im Zyto-Bereich Rabattverträge über die Wirkstoffe ausschreiben.“ Somit wird es immer wahrscheinlicher, dass die Zytostatika-Ausschreibungen mit dem AM-VSG aufgegriffen werden.

DAV-Chef Becker merkte am gestrigen Mittwoch richtigerweise an, dass sich durch das Gesetz kurzfristig die Chance ergebe, die Ausschreibungen abzuschaffen.Es ist zugleich auch die letzte Chance. Denn das AM-VSG wird voraussichtlich erst im Frühjahr 2017 in Kraft treten. Und dass die Große Koalition im Wahljahr noch einmal ein Arzneimittel-Änderungsgesetz anpackt, ist sehr unwahrscheinlich.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

"Bachmann"

von Dr.DIEFENBACH am 08.09.2016 um 23:19 Uhr

Würden Sie die Texte vergleichen würden Sie feststellen dass dies sehr wohl zusammen passt.Im Unterschied zu anderen denke ich mir bei allen Beiträgen etwas.Mehr werde ich dazu nicht sagen.Und mit "Bachmann"kann ich nichts anfangen

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Frei(e)Wahl

von Dr.Diefenbach am 08.09.2016 um 13:19 Uhr

Und ich möchte die freie Arzneimittelwahl zurück.Dieser tägliche Irrsinn mit windigen Verträgen,zusammengeschusterten Importen,abgewandelten Namen (Bsp Pramipexol jetzt ua.GLEPARK),abweichenden Packungsgrössen mit 10,12 ,14 und demnächst noch 16,25 Tabletten in einer Normgrösse,das Umrechentheater bei Bralto ,wo es gar nix zum Umrechnen gibt,dafür ein 4Seiten-Faltblatt,WER soll das VERSTEHEN.Das IST nur noch Schikane unter Herabstufung der praktischen ApothekerInnen

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Kommentar zu Frei(e) Wahl

von Bachmann am 08.09.2016 um 16:33 Uhr

Leider passt dieser Kommentar hier überhaupt nicht zum Thema.
Der Artikel zu so einem wichtigen Thema ist ein Lichtblick für alle kleinen inhabegeführten Zytoapotheken .
Endlich kommt Bewegung in dieses schwierige Thema.
Ich würde die angestrebte Lösung sehr begrüßen.

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