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Die Evidenzsprechstunde
Wenn „das richtige Leben“ in die Irre führt
„Randomisierte kontrollierte Studien haben mit dem richtigen Leben doch nichts zu tun“ - dieses Argument hört man immer wieder. Sind Daten aus dem Versorgungsalltag („real world data“) die bessere Alternative?
Die Diskussion um den Stellenwert von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) ist alt, aber immer noch aktuell – häufig mit dem Ziel, die Forschungsmethode zu diskreditieren. Ein beliebtes Argument: „RCTs bauen eine Scheinwelt auf. Und die Ergebnisse, die sich damit gewinnen lassen, erlauben keinerlei Rückschlüsse auf die Effekte eines Arzneimittels im richtigen Leben.“ Wer so diskutiert, bringt neuerdings häufig ein anderes Format ins Spiel: Versorgungsdaten, die unter der Bezeichnung „real world data“ gleich noch viel verheißungsvoller klingen.
Woher kommen die Daten?
„Real world data“ können aus mehreren Quellen stammen. Dazu gehören etwa elektronische Patientenakten, Krankenkassendaten oder spezielle Register. Diese Daten fallen bei der Patientenversorgung sowieso an und müssen also nicht separat erhoben werden. Befürworter betonen außerdem, dass diese Daten das abbilden, was in der Praxis der Gesundheitsversorgung tatsächlich passiert, und auch genau die Patienten umfassen, die im Alltag vorkommen: etwa Patienten mit zahlreichen Begleiterkrankungen oder solche, die auch öfter mal die Einnahme ihrer Medikamente vergessen.
Außerdem ist die Datenerfassung im Vergleich zu klinischen Studien in der Regel viel preiswerter und umfasst längere Zeiträume. Damit erscheinen „real world data“ auf den ersten Blick als attraktive Alternative zu RCTs, wenn es um Aussagen zur (vergleichenden) Wirksamkeit von Medikamenten oder anderen Therapien geht.
Grundlegendes Problem mit den „real world data“
Allerdings gibt es dabei eine wesentliche Einschränkung: Es handelt sich lediglich um Beobachtungsdaten. Damit ist nicht gewährleistet, dass die beobachteten Patienten zu Beginn der Behandlung tatsächlich vergleichbar waren.
Faktoren wie Krankheitsstadium, Vorbehandlungen, Bildungsstand oder sozialer Status können so unterschiedlich sein, dass sich nicht klar unterscheiden lässt: Welcher Anteil des beobachteten Effekts geht tatsächlich auf die Therapie zurück und welcher auf die ungleichen Ausgangsbedingungen? Es gibt zwar einige statistische Verfahren, die solche verzerrende Faktoren („Confounder“) herausrechnen können. Allerdings können sie das immer nur für die Faktoren, die tatsächlich als Confounder bekannt sind und auch tatsächlich erhoben wurden.
Bei der Bewertung der Daten muss man aber realistisch immer damit rechnen, dass es auch Einflussfaktoren gibt, an die man überhaupt nicht gedacht hat. Bei der nachträglichen Auswertung von Daten kommt hinzu, dass Informationen über wichtige Faktoren vielleicht auch ganz fehlen.
4 Kommentare
Beobachtungsstudien, Adaptive Studien und RCTs: Chancen für zukünftige Herausforderungen
von Janick Weberpals am 13.09.2016 um 11:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Beobachtungsstudien, Adaptive Studien
von Dr. Iris Hinneburg am 17.10.2016 um 8:37 Uhr
Studien
von J. Barth am 12.09.2016 um 9:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Studien
von Dr. Iris Hinneburg am 17.10.2016 um 8:39 Uhr
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