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Nur Theaterdonner oder vielleicht Götterdämmerung? Hamburgs Kammerpräsident Kai-Uwe Siemsen will ABDA-Präsident werden. Auf jeden Fall: Respekt! Und Vorsicht, der Weg in den ABDA-Olymp ist verkrustet! Ähnlich verkrustet wie der Kontakt zu den Kassen, bei denen sich alles um Zytoausschreibungen und Retaxmöglichkeiten zu drehen scheint. Da bleibt nur eine Bitte an Gröhe, Hecken und Co: Verbietet nicht die Homöopathie. Um Himmels willen nicht!
5. September 2016
Rabattverträge sind das Erfolgssparmodell der Krankenkassen. Im ersten Halbjahr 2016 sind die Rabatterlöse um knapp 10 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2015 gestiegen auf rund 1,81 Milliarden Euro. Das ist eine Menge Holz. Ein toller Erfolg für die Kassen. Daran mitgewirkt haben wir Apothekers. Wir haben brav ausgetauscht, uns mit Lieferengpässen herumgeschlagen, unseren Kunden erklärt, warum sie jetzt schon wieder ein anderes Arzneimittel bekommen, falls nötig, pharmazeutische Bedenken angemeldet und wir haben uns Retaxrisiken ausgesetzt, sind vielleicht in Retaxfallen geraten, wurden gnadenlos retaxiert und mussten uns mit ungerechtfertigten Retaxationen herumschlagen. Ein kleines Extrahonorar für die mühevolle und belastende Mitwirkung am Erfolg der Rabattverträge gibt es für uns nicht und war nie vorgesehen. (Die Ärzte hätten das nie und nimmer ohne ein Extra mitgemacht!) Nicht einmal ein partnerschaftliches Miteinander und Wohlwollen bringen uns die Kassen entgegen, im Gegenteil: Die Kassen haben es sich zum Sport gemacht, akribisch nach jedem Vergehen gegen die Lieferverträge zu fahnden und uns zu retaxieren. Und jetzt wird sogar gegen unsere vorgesehene Minihonorarerhöhung bei Rezepturen geschossen und als Kompensation eine Deckelung der 3-Prozent-Marge gefordert. Übrigens, mein liebes Tagebuch, die Netto-Verwaltungskosten der Kassen sind im 1. Halbjahr 2016 mit 4,5 Prozent je Versicherten überproportional gestiegen. Was haben Kassen dagegen getan?
6. September 2016
Homöopathie verbieten! Um Himmels willen nein! Homöopathie kann man nicht wirklich verbieten, sie würde in den Untergrund abwandern, es gäbe Geheim-Apotheken, die unterm Ladentisch Zuckerkügelchen abgeben würden für horrende Summen – sie könnten mehr Umsatz damit machen als mit dem Verkauf von Cannabis und harten Drogen! Viele Menschen schwören einfach auf die von Herrn Hahnemann erfundene Therapie des 18. Jahrhunderts. O.k., die Menschen jagen Pokemons, vernetzen ihr Heim, gieren nach dem iPhone 7, nutzen BigData und lassen sich von Algorithmen ihre Wünsche erfüllen, aber wenn’s um ihre Gesundheit geht, da lutschen sie gerne stündlich 5 Globuli, die nachweislich kein Wirkstoffmolekül mehr enthalten, aber den Spirit einer Wirkung verströmen. Die Menschen brauchen, auch wenn sie zum Mars fliegen, ein bisschen Voodoo. Warum gibt es wohl bei der Lufthansa keine Reihe 13? Und wenn dem Astronauten am Morgen vor dem Abflug eine schwarze Katze von links nach rechts über den Weg läuft, würde er nicht ins Raumschiff steigen und den Flug lieber verschieben, denn die schwarze Katze bringt doch Unglück. Die Frage ist nur, wie bringt man den Menschen bei, dass die Homöopathie ihre Grenzen hat, wie schützt man sie vor Quacksalbern? Mein liebes Tagebuch, da werden auch teure Evidenz-Studien von Gröhe, Hecken und Co. nicht helfen.
Also, mein liebes Tagebuch, bei kleineren Formfehlern dürfen Kassen nicht mehr retaxieren. Was sollen sie nun tun, um diese schlimmen Verluste zu kompensieren? Nichts einfacher als das und sogar noch besser. Die neue Super-Idee der AOK Rheinland/Hamburg: Retax bei Nichtlieferfähigkeit. Im Klartext: Wenn Apotheken einfach nur ein Sonderkennzeichen bei Nichtlieferfähigkeit aufdrucken, reicht das nicht mehr aus. Denn, so die Kassenphilosophie: Apotheken sind bis zum Beweis des Gegenteils Betrüger. Daher werden jetzt alle Verordnungen retaxiert, für die keine Defektmeldungen des Herstellers für den Abgabezeitpunkt des Arzneimittels vorliegen. Es darf auch eine Defektmeldung des Großhändlers (oder besser von zwei Großhändlern) sein, wenn die auf einer Erklärung des Herstellers beruht. Mein liebes Tagebuch, da Nichtlieferfähigkeit zunimmt, freut sich die Kasse!
7. September 2016
Schreibt irgendeine Kasse keine Zytos aus? Kaum, mittlerweile sind so gut wie alle ins Zyto-Ausschreibungskarussell eingestiegen. Neben der AOK und der DAK sind auch die Barmer GEK, die TK, die KKH und die Deutsche BKK eingestiegen. Und wer weiß wer sonst noch. Mein liebes Tagebuch, wo soll das hinführen? Die Nachteile vor allem für die Patienten, aber auch für die onkologischen Praxen und die Apotheken sind evident. Mittlerweile haben sich sieben Verbände mit dem Deutschen Apothekerverband zusammengetan und ein Papier gegen Ausschreibungen verfasst, das sie der Politik vorstellen wollen. Tenor: Zytostatika-Ausschreibungen sind versorgungsgefährdend, Zytos sind nicht für Ausschreibungen geeignet, die freie Apothekenwahl wird eingeschränkt, die Therapiehoheit des Arztes ist gefährdet, es kommt zu Versorgungsfehlern, Lieferengpässen und einer Oligopolbildung.
Mein liebes Tagebuch, ob es besser ist, dieses Problem über eine Anpassung der Hilfstaxe zu regeln? Das könnte die Apotheken einiges kosten. Verbands-Chef Fritz Becker würde da schon mal um 150 Mio. Euro bei der Hilfstaxe nachgeben, wenn die Kassen auf Ausschreibungen verzichten. Aber gibt’s nicht noch was Besseres?
8. September 2016
Vielleicht ist das die Lösung im Zyto-Ausschreibungs-Poker: Die Kassen sollten künftig die Wirkstoffe bei den Herstellern ausschreiben, schlägt CDU-Politiker Michael Hennrich vor. Die freie Apothekenwahl wäre gegeben und Verflechtungen zwischen Ärzten und Apothekern und einem grauen Markt könnte man begraben. Die Apotheke bekäme weiterhin ihre fixe Zubereitungspauschale. Und was die Sache mit den Verwürfen bei den Zyto-Packungen betrifft, sollte die Industrie über geeignete Packungsgrößen nachdenken. Mein liebes Tagebuch, klingt passabel, es kommt auf die Ausgestaltung an. Vielleicht lässt sich dieser Vorschlag sogar noch im Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz, das zurzeit in der Mache ist, unterbringen. Wäre ein Segen, wenn in diesen Markt endlich wieder Ruhe kommt.
Ein bisschen Unruhe kann dagegen ein anderer Markt sehr gut vertragen: die nächsten ABDA-Wahlen im November/Dezember. Da haben es sich die altbewährten Kandidaten im Vorfeld schon mal auf dem Sofa gemütlich gemacht und erklärt, dass sie alle gerne auch weiterhin da sitzen bleiben, manche haben sich sogar ein Zweiersofa ausgeguckt, um darauf Händchen zu halten: Wir machen es nur im Doppelpack! Pustekuchen, mein liebes Tagebuch, jetzt kommt frischer hanseatischer Wind auf und scheucht die zwei aus ihrer Kuschelecke. Kai-Peter Siemsen, der Kammerpräsident aus dem hohen Norden, will ABDA-Präsident werden. Das verdient allen Respekt! Das bricht die alten Absprache-Riten auf, die Klüngelei im Vorfeld, und sorgt für eine lebendige Demokratie. Mein liebes Tagebuch, Siemsen hat das Zeug zum Präsidenten, er kann Kammer, er kann Berufspolitik, er kann Öffentlichkeitsarbeit und Medien. Und er sieht so einiges bei der ABDA durchaus kritisch, z. B. die mangelnde Kommunikation zwischen ABDA oben und Mitgliedsorganisationen unten. Und sind wir mal ehrlich: Mehr Transparenz bei der ABDA wurde zwar immer wieder beschworen, aber in der Realität nie wirklich erreicht. Eine steife Brise, die alten Muff hinausfegt, könnte da durchaus gut tun. Geschliffene Worte bei einem Tässchen Tee aus der Alfi-Kanne haben nicht ausgereicht, das Amt weniger präsidial zu machen. Dabei hatte Schmidt anfangs einen hoffnungsfrohen Start aufs Parkett des Apothekerhauses gelegt. Er gab sich offen, suchte den Kontakt zu Andersdenkenden und mischte mit. Doch im Lauf seiner Amtszeit schien er sich mehr und mehr zurückzuziehen. Manche sprachen auch von Abheben, von mehr Basisferne. Vielleicht waren es auch die harten Verkrustungen innerhalb der tradierten ABDA-Strukturen, die ihn nicht so recht zum Zug kommen ließen. Diese Verkrustungen werden es sein, gegen die nun auch Siemsen antreten muss. Ob er den richtigen Krustenlöser findet? Mein liebes Tagebuch, die Liste der Baustellen und Versäumnisse der ABDA-Politik ist lang. Da freuen wir uns auf einen Wettstreit von Schmidt und Siemsen um Konzepte und Vorschläge, wie sie den Apotheker in die Zukunft führen wollen. Nur eins ist heute schon klar: Der Apotheker als Berater, ein bisschen Perspektivpapier, ein kleiner Armin und ein Medikationsplan ohne Honorar werden nicht ausreichen.
9. September 2016
Da kann man sich nur wundern: Bisher gibt es keinen Antrag zum Apothekertag, der konkret mehr Honorar für die Apotheker fordert. Hat man das Handtuch geworfen? Glaubt man nicht mehr an eine Honoraranpassung nach oben? Ist es schon so schlimm? Das gibt’s doch nicht! Früher gab’s doch auch alljährlich die netten Anträge, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken oder abzuschaffen, die Versandapotheken zu verbieten oder zumindest Rx vom Versand auszuschließen. Ihre Umsetzung hatte zwar keine Aussicht auf Erfolg, aber sie waren dabei, man hat damit wenigstens ein kleines Zeichen gesetzt, was man gerne hätte. Und jetzt gibt es nicht mal mehr den Mehr-Honorar-Antrag.
7 Kommentare
Antrag Honorarerhöhung
von Reinhard Rokitta am 12.09.2016 um 11:40 Uhr
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Steinschleudern und altertümliche Karabiner ...
von Reinhard Herzog am 11.09.2016 um 16:44 Uhr
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AW: Mag ja alles sein…
von Gunnar Müller, Detmold am 11.09.2016 um 18:40 Uhr
Tagebuch
von Heiko Barz am 11.09.2016 um 10:43 Uhr
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AW: Mehr- /Fremdbesitz wird nicht kommen in Deutschland:
von Alexander Fischer am 14.09.2016 um 16:34 Uhr
Anträge zum Honorar…
von Gunnar Müller, Detmold am 11.09.2016 um 9:17 Uhr
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Bisschen Unruhe bei den nächsten ABDA-Wahlen
von Ulrich Ströh am 11.09.2016 um 8:39 Uhr
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