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Kostenloses Stellen von Arzneimitteln
Beim patientenindividuellen Stellen ist zu unterscheiden:
Das kostenlose patientenindividuelle Stellen von (Fertig-)Arzneimitteln, die bereits an den Heimbewohner abgegeben worden sind, dürfte nicht strafbar sein. Erfolgt das patientenindividuelle Stellen unter Verwendung von bereits an den Patienten abgegebenen Fertigarzneimitteln, handelt es sich um die Herstellung eines neuen, patientenindividuellen Arzneimittels aus bereits im Eigentum des Patienten stehenden Fertigarzneimitteln. Es ist folglich eine Tätigkeit, die nur von dem Patienten oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person in Auftrag gegeben werden kann. Dementsprechend handelt es sich um eine Leistung, die die Apotheke an den Patienten erbringt – mag auch das Heim von dieser Leistung profitieren, weil seine Pflegekräfte hierdurch entlastet werden.
Die Gewährung eines Vorteils an den Angehörigen eines Heilberufs liegt in dem konkreten Stellvorgang nicht vor. Der Vorteil – die Dienstleistung der Herstellung eines patientenindividuellen Arzneimittels – wird dem Patienten gewährt. Zwar erfasst § 299b StGB auch den Fall, dass dem Angehörigen eines Heilberufs ein Vorteil für einen Dritten angeboten, versprochen oder gewährt wird; doch sollen Vorteile, die dem Patienten zugutekommen, laut Gesetzesbegründung hiervon nicht erfasst sein. Strafbar dürfte ein kostenloses patientenindividuelles Stellen daher nicht sein.
Eine andere Frage ist, ob kostenloses Stellen mit dem Heilmittelwerbegesetz und den Berufspflichten eines Apothekers in Einklang steht. Und wieder eine andere Frage ist, ob es strafbar ist, den Abschluss oder die Fortdauer eines Heimversorgungsvertrages (und damit die Zuführung von Patienten im Sinne des § 299b Nr. 3 StGB) dadurch zu erwirken, dass einem für das Heim handelnden Heilberufsangehörigen die generelle Bereitschaft angezeigt wird, den Heimbewohnern ein kostenloses Stellen ihrer Arzneimittel anzubieten.
Denn das Anbieten oder Gewähren der Möglichkeit, dass das Heim bei der von ihm an die Heimbewohner zu leistenden pflegerischen Tätigkeit des patientenindividuellen Richtens der Arzneimittel eine kostenneutrale Entlastung erzielt, stellt sich durchaus als Vorteil für das Heim dar. Die Unlauterkeit gegenüber anderen sich um den Abschluss des Heimversorgungsvertrages bemühenden Apotheken resultiert daraus, dass ein unentgeltliches Stellen gegen das Heilmittelwerberecht verstößt. Denn als Arzneimittelherstellung ist es genuine Apothekentätigkeit und nicht bloß handelsübliche Nebenleistung.
Die nachträgliche Herstellung eines patientenindividuellen Arzneimittels aus den zuvor an den Patienten abgegebenen Fertigarzneimitteln stellt zudem eine unzulässige Werbegabe zu diesen (Rx-)Fertigarzneimitteln dar. Außerdem wird das kostenlose Stellen zumindest von einigen Berufsordnungen ausdrücklich verboten.
Von dem Fall, dass sich das patientenindividuelle Stellen auf bereits an den Heimbewohner abgegebene Arzneimittel bezieht, zu unterscheiden ist der Fall, dass schon das an den Patienten abgegebene Arzneimittel ein patientenindividuell hergestelltes ist (weil etwa der dem Heimbewohner Arzneimittel verschreibende Arzt eine Auseinzelung zur patientenindividuellen Arzneimittelversorgung angeordnet hat).
Im Wege der Auseinzelung patientenindividuell hergestellte Arzneimittelblister sind vom Anwendungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen, sofern Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke der ausgeeinzelten Arzneimittel unverändert bleiben. Die Arzneimittelpreisverordnung sieht vor, dass bei Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen die Sozialleistungsträger, private Krankenversicherungen oder deren Verbände das Verfahren für die Berechnung der Apothekenabgabepreise für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel mit Apotheken oder deren Verbänden vereinbaren können.
§ 6 Abs. 2 Satz 4 Rahmenvertrag wiederum sieht vor, dass ein vertragsärztlich verordneter patientenindividueller Arzneimittelblister nur dann auf Kosten der GKV abgegeben werden darf, wenn zuvor zwischen der Krankenkasse und der Apotheke oder deren Verbänden eine Einigung über dessen Preis erzielt worden ist. Zur Abgabe eines patientenindividuell gestellten Arzneimittels sollte es mithin nur kommen, wenn für dieses ein Apothekenabgabepreis vereinbart ist. Ist aber für das patientenindividuell hergestellte Arzneimittel ein Apothekenabgabepreis vereinbart, ist dessen Herstellung – das patientenindividuelle Stellen – durch den vereinbarten Preis abgegolten. Ein unentgeltliches Stellen kommt hier daher von vornherein nicht in Betracht.
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