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Interview mit AOK-Chef Martin Litsch
„Unsere Ausschreibungen werden verteufelt“
Der AOK-Bundesverband kämpft mit aller Kraft für seine exklusiven Zyto-Verträge. Im Interview mit DAZ.online erklärt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des Verbandes, warum auch Hersteller-Rabattverträge keine Alternative für die AOK sind.
DAZ.online: Herr Litsch, der CDU-Arzneimittel-Experte Michael Hennrich hat „Rabattverträge“ zwischen Kassen und Herstellern für Zytostatika ins Spiel gebracht. Was halten Sie von dieser Idee?
Martin Litsch: Zunächst einmal freut es uns, dass die Politik auch in Zukunft Wirtschaftlichkeitsreserven im Bereich der Zytostatika sicherstellen will und einen Lösungsvorschlag hierfür entwickelt. Aber bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der Vorschlag, der jetzt als politische Kompromissformel gepriesen wird, als untauglich. Gerade die AOK hat mit Herstellerrabattverträgen lange und sehr gute Erfahrungen im Generikabereich. Allerdings geht es hier um Fertigarzneimittel. Auf Zubereitungen lässt sich das nicht übertragen, hier gelten völlig andere Bedingungen.
DAZ.online: Welche denn?
Litsch: Ein Beispiel ist das Problem mit den Verwürfen, das durch Rabattverträge nicht gelöst wird. Es besteht die Gefahr, dass sogar mehr Verwürfe entstehen, wenn mehrere regionale Apotheken an der Versorgung teilnehmen. Der Vorteil der regionalisierten Apotheker-Ausschreibungen ist ja gerade, dass weniger Verwürfe entstehen, wenn nur ein regionaler Apotheker die Versorgung der Onkologen vor Ort gewährleistet.
DAZ.online: Der politische Druck auf Ihr Ausschreibungsmodell wächst. Und der Gesetzgeber plant gerade noch einmal ein großes Arzneimittel-Gesetz. Wäre ein Kompromiss, wie ihn Michael Hennrich von der CDU vorschlägt, nicht die richtige Lösung?
Litsch: Wir sehen einfach zu viele Nachteile. Sogar die „Zyto-Apotheker“ haben ihre Vorbehalte gegen herstellerbezogene Rabattverträge deutlich zum Ausdruck gebracht. Diese Fachleute haben darauf hingewiesen, dass die Apotheken es mit zehn oder sogar mehr Herstellern zu tun bekämen – bei nur einem Wirkstoff. Obwohl es sich um den gleichen Wirkstoff handelt, wären die Produkte dann nicht mehr untereinander ersetzbar. Allein deswegen dürften Verwürfe drastisch ansteigen, was bei Wirkstoffen mit kurzer Haltbarkeit verstärkt auftreten würde. Da diese Substanzen oft sehr teuer sind, können die Kosten für die nicht verwendeten Packungsreste auch kaum durch die Rabattangebote kompensiert werden.
Ärzte würden Rabattverträge durch Aut-idem-Kreuze unterlaufen
DAZ.online: Im Zytostatika-Markt gibt es vergleichsweise wenige Generika. Könnten Sie überhaupt Rabattverträge für Originalpräparate abschließen?
LItsch: Richtig, das ist ein weiteres Problem. Wo nur ein Anbieter am Markt vorhanden ist, ist mit großen Rabattvorteilen in Ausschreibungen nicht zu rechnen. Der Vorteil der Apotheker-Ausschreibungen ist gerade, dass Wirtschaftlichkeitsreserven auch ohne generische Alternative gehoben werden können. Dieses Potenzial wird durch Rabattverträge nicht mehr zu erreichen sein. Hinzu kommt, dass die Ärzte die Rabattverträge nach Belieben einfach aufheben könnten.
DAZ.online: Wie meinen Sie das?
Litsch: Durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes auf dem Rezept können sie die Auswahl des Rabattarzneimittels einfach unterlaufen. Bisher akzeptieren die Onkologen die Substitution durch die Apotheker klaglos, aber nach den bisherigen Erfahrungen muss ja damit gerechnet werden, dass hier neue Scheindiskussionen angefangen werden, wenn es um die von den Krankenkassen ausgewählten Rabattvertragsarzneimittel geht. Das geringe Potenzial einer Rabattvertragslösung würde dadurch weiter reduziert.
1 Kommentar
es zählt nur die Kohle
von Karl Friedrich Müller am 20.09.2016 um 14:57 Uhr
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