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Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche
Heilpraktiker sollten stärker in die Verantwortung genommen werden
Fast niemand hat Interesse an Studien mit Naturheilmitteln
DAZ.online: Was halten Sie von der Forderung des GBA-Chefs Josef Hecken, dass es für die Alternativmedizin derselben Evidenzstandards bedarf wie für die sogenannte Schulmedizin?
Schulz-Asche: Für viele Naturheilmittel ist es sicher schwierig, klinische Studien vorzulegen. Das Klinikum Havelhöhe will in klinischen Studien zeigen, dass die Mistel eine Wirkung auf bestimmte Tumore hat – aber das ist sehr aufwendig. Es gibt ja viele Naturheilmittel, von denen wir alle wissen, dass sie helfen, wie Kamillentee oder Franzbranntwein. Aber Sie werden kein Unternehmen finden, das bereit ist, Studien mit großen Probandengruppen über Jahre zu machen. Bei Naturmitteln hat fast niemand Interesse an klinischen Studien. Das ist ein Grundproblem.
Daher ist für mich die erste Frage, ob die Therapien
schaden. Es gibt viele Menschen, die die Erfahrung gemacht haben, dass ihnen
Alternativmedizin und Heilpraktiker helfen. Meine Mutter hatte von ihrer Mutter
ganz viel Wissen, was ich leider nicht aufgeschrieben habe.
DAZ.online: Sie sprachen gerade Transparenz an – was stellen Sie sich hier genau vor?
Schulz-Asche: Wir
müssen wissen, wer ist wann womit behandelt worden. Für einen guten
Heilpraktiker ist es eine Selbstverständlichkeit, zu dokumentieren, was er
gemacht hat. Ich finde es auch selbstverständlich, dass ein Heilpraktiker
darauf hinweist, dass seine Behandlung Nebenwirkungen hat. Auch ein
Heilpraktiker muss natürlich seine Patienten darüber aufklären, welche Folgen
seine Behandlung hat. Ohne Verbraucherschutz wird dieser Beruf keine Zukunft
haben, weil Scharlatane den Ruf verderben.
DAZ.online: Kritisiert wurde auch, dass die Anforderungen für die Zulassung als Heilpraktiker sehr gering seien. Wie sehen Sie das?
Schulz-Asche: Grundsätzlich
sollten schon aus Gründen des Patientenschutzes dort, wo andere
Gesundheitsberufe ein gleiches Tätigkeitsspektrum haben, ähnliche
Qualifikationsanforderungen für Heilpraktiker gelten. Zu diskutieren ist eine
einheitliche Regelung zum Inhalt, der Struktur und Dauer der Ausbildung. Die
Zuständigkeit hierfür liegt beim Bund. Die Idee, einen Modellstudiengang für
Heilpraktiker zu schaffen, um den Beruf an wissenschaftliche Entwicklungen
anzudocken, könnte ebenfalls überprüft werden.
DAZ.online: Heilpraktiker sagen jedoch selbst, ihr Beruf sei nicht wissenschaftlich, und der Staat könne beispielsweise keine Standards vorgeben, wie eine Blutegel-Behandlung zu erfolgen habe. Wie soll das mit einer universitären Ausbildung vereinbar sein?
Schulz-Asche: Auch in der Komplementärmedizin ist es möglich, wissenschaftlich zu arbeiten. Ich habe mir kürzlich eine Blutegel-Farm angesehen, die sehr hohe Standards erfüllt. Es können Wirksamkeitsstudien mit Blutegeln durchgeführt werden, bei denen nur ein Teil der Patienten überhaupt damit behandelt wird – oder die Substanzen, die Blutegel abgeben, können chemisch analysiert werden. Wenn es nicht die Möglichkeit eines Patentschutzes gibt, gibt es aber keinen ökonomischen Anreiz für Forschung. Eine Möglichkeit ist es, dies mit öffentlichen Geldern nachzuholen. Meiner Meinung nach sollte im Vordergrund die Frage stehen, ob eine Therapie schadet; weniger, ob sie wirksam ist.
4 Kommentare
Richtigstellung
von Kathrin Hoffmann-Hunte am 23.09.2016 um 11:27 Uhr
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Wie bitte?
von Thomas Westerhoff am 22.09.2016 um 14:39 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Heilpraktiker
von Fetija Jasari am 23.09.2016 um 14:01 Uhr
Zumutung
von Dr. Hans-Werner Bertelsen am 22.09.2016 um 12:23 Uhr
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