14 Monate auf Bewährung

Seniorin verstarb nach tragischem Fehler eines Apothekers

Stuttgart - 29.09.2016, 10:35 Uhr

Laut Amtsgericht Minden verstarb die Patientin, weil ein Apotheker ihr versehentlich das falsche Arzneimittel abgab.  (Foto: Alfonso de Tomás / Fotolia; Montage: jh / DAZ)

Laut Amtsgericht Minden verstarb die Patientin, weil ein Apotheker ihr versehentlich das falsche Arzneimittel abgab.  (Foto: Alfonso de Tomás / Fotolia; Montage: jh / DAZ)


Eine unglückliche Kette von Umständen führte zum Tod einer Seniorin: Ein über eine Rezeptbox bestelltes Arzneimittel wurde falsch ausgeliefert und auch beim Sortieren der Tabletten nicht als falsch erkannt. Das Gerichtsurteil eines im August zur Bewährungsstrafe verurteilten Apothekers zeigt nun die Tragik des Falls.

Als ein gut 40-jähriger Apotheker am Samstagnachmittag des 6. September vor zwei Jahren beim Haus seiner 78-jährigen Kundin klingelte, wollte er der herz- und nierenkranken Patientin ihre dringend benötigten Tabletten bringen. Der Pharmazeut aus Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke hatte versehentlich statt des verschriebenen Phosphatbinders Renvela® (Sevelamercarbonat) den Calciumkanalblocker Verapamil (Veramex®) eingepackt. Ein Fehler, der sein Leben wohl für immer verändern wird. Denn tragischerweise führte die Verwechslung zu einer Vergiftung, an der die Patientin schon am darauffolgenden Sonntagabend versterben sollte, wie das nun vorliegende schriftliche Urteil zeigt.

Die Tochter der Seniorin hatte das Rezept drei Tage zuvor in einer Rezeptsammelbox des Apothekers abgegeben. Bis Freitag reichten die verbleibenden Vorräte noch, doch als die benötigten Tabletten am Freitagabend noch nicht ausgeliefert waren, fragte sie nach. Der Apotheker bestellte das Arzneimittel laut Aussage der Tochter und brachte es später vorbei. Doch laut dem Schwiegersohn der Seniorin erklärte er später, sein Computer sei abgestürzt gewesen – sodass er vor der Auslieferung keinen Abgleich mehr habe machen können.

Auch zuvor wechselten die Verpackungen

Während sie normalerweise sonntags die Arzneimittel ihrer Mutter in die Wochenbox einsortiert habe, habe sie es aufgrund eines Dorffestes schon am Samstag erledigt, wie die Tochter laut Gerichtsurteil sagte. Ihre Mutter habe ihr später erzählt, dass der Apotheker die Tabletten noch gebracht habe – und die Verpackung anders aussah. Tochter und Mutter wurden nicht stutzig, da immer mal wieder Generika abgegeben worden seien und das Aussehen wechselte. Statt einer kleinen Dose mit losen Tabletten habe es sich nun um eine Packverpackung mit mehreren Blistern gehandelt.

Im Laufe des Abends klagte ihre Mutter über Durchfall, so dass die Tochter das Dorffest vorzeitig verließ – am nächsten Morgen hatte sie Magenschmerzen. Als am Abend ihr Vater anrief, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimme, eilte sie herbei – doch war die Mutter möglicherweise schon tot, als sie eintraf. Reanimierungsversuche blieben erfolglos, ein später eintreffender Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Er nahm eine natürliche Todesursache wie einen Herzinfarkt oder Rhythmustod an. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Rabattverträge

von Matthias am 29.09.2016 um 20:29 Uhr

" „da es in der Vergangenheit bereits häufiger zur Verschreibung von Generika gekommen war“. Sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass das richtige Arzneimittel abgegeben wird. "
Mit anderen Worten: würde es die Rabattverträge nicht geben wäre der Patientin/Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefallen, dass das falsche Medikament geliefert worden sei. Somit trägt nicht nur der Kollege eine Mitschuld an dem Tod der Patientin (und solche Fehler können jedem passieren), sondern auch die Krankenkassen mit ihren Rabattverträgen. Aber wie viele Menschen aufgrund der Rabattverträge krank werden, im Krankenhaus behandelt werden müssen oder gar sterben interessiert scheinbar sowieso nicht...

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Pech

von Frank ebert am 29.09.2016 um 15:43 Uhr

Das Gegenteil von gut ist gutgemeint.

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Apothekerhorror

von Peter Bauer am 29.09.2016 um 12:10 Uhr

Das ist für mich und wahrscheinlich für die meisten Kollegen der absolut schlimmste Vorstellung ,was dem Kollegen da passiert ist.Wie schnell wird man besondes im normalen Apothekenalltag abgelenkt,durch z.B.Kunden ,die ununterbrochen auf einen einreden oder Fragen stellen.
Und schon ist es passiert:man hat danebengegriffen.Und dann der absolute Albtraum einer dadurch verursachten Todesfolge.Meine Güte da hat das berufliche Schicksal aber den ganzvollen Eimer voll S...... über ihm ausgeschüttet.
Selbstverständlich ist das für die Angehörigen äusserst bedauerlich und schmerzhaft und deren Reaktionen sind mehr als verständlich .Was ich aber überhaupt nicht verstehen kann ist den Richter mit seinen anscheinend ganz schlauen Sprüchen in der Begründung.Es stellt sich aus dem Bericht so dar ,als meine der Richter der Kollege hätte vorsätzlich gehandelt.Stellt sich so aber aus dem Geschehensverlauf nicht so dar .Werden Richter aufgrund von Fehlurteilen,bei denen unter Umständen Unschuldige für viele Lebensjahre wegsperrt werden auch zur Rechenschaft gezogen und dann Ihres Amtes enthoben????Wieviel Menschen wurden eigentlich nach Fehlurteilen schon in den Tod getrieben-gibt es da Statistiken?Der Richter sollte doch mal von seinem hohen Roß steigen.Berufsunwürdig und Approbationsverlust wäre der absolute Hohn für etwas das jedem von uns passieren kann.Wir sind keine Roboter ,sondern Menschen ,und die sind nach wie vor fehlbar.

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AW: ja, aber..

von Dr. Stephan Hahn am 06.10.2016 um 9:06 Uhr

Schon richtig, wir sind alle nur Menschen und daher machen wir Fehler. Leider haben diese hier zu einem Todesfall geführt und man muss sich fragen, ob der Kollege, den ich aufrichtig bedauere ob seines Unglückes, jemals unbefangen weiterarbeiten kann. Ich hätte da so meine Schwierigkeiten. Denn die Verantwortung für unsere Fehler müssen wir tragen. Dafür haben wir eine Approbation von Staats wegen. Daran müssen wir uns auch messen lassen. Wer diese Verantwortung nicht tragen mag, sollte einen anderen Beruf ergreifen.

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