Studie

Helfen Alginate, wenn PPI nicht reichen? 

Stuttgart - 17.10.2016, 07:00 Uhr

Manche Patienten mit Reflux haben Beschwerden, obwohl sie PPI einnehmen. (Foto: 9nong / Fotolia)

Manche Patienten mit Reflux haben Beschwerden, obwohl sie PPI einnehmen. (Foto: 9nong / Fotolia)


Deutliche Kritik an der Studie

Das sehen andere allerdings kritischer. In einem Editorial zur Studie wurde darauf hingewiesen, dass keine wissenschaftliche Evaluation des HRDQ-Score existiert. Der validierte Fragebogen hingegen habe im Gegensatz zum HRDQ-Score keinen signifikanten Unterschied ergeben. Die Kommentatoren halten Alginate zwar grundsätzlich für vielversprechend, stellen aber die klinische Signifikanz der Untersuchung infrage. Für die Zukunft wünschen sie sich Studien, die auf wissenschaftlich evaluierten Scores basieren und auf deren Grundlage sie in der Praxis eine Empfehlung aussprechen können. Die Studienautoren hingegen sind der Meinung, dass – selbst bei sehr vorsichtiger Interpretation der Ergebnisse – die Untersuchung Hinweise auf die klinische Relevanz von Alginaten in der Reflux-Therapie gibt. Das schreiben sie in ihrer Antwort auf das Editorial.

Auch andere Wissenschaftler äußern Kritik. In einem Brief an die Autoren mit der Überschrift „Mehr Fragen als Antworten“ kritisierten sie, neben der fehlenden Evaluation des Scores, die Aussagekraft der Studie. Der Unterschied von 1,5 Punkten zwischen den Placebo- und Verum-Gruppen sei zwar statistisch signifikant gewesen (p = 0,03). Aber mit Placebo sei bereits eine Symptomlinderung um 3,5 Punkte im Vergleich zu lediglich fünf unter Verum erreicht worden. Dieser ausgeprägte Placeboeffekt mindere die Beweiskraft der Untersuchung, heißt es in dem Brief. Diese Meinung teilen die Studienautoren nicht. Das schreiben sie in ihrer Antwort auf den Brief. Sie räumen allerdings ein, dass eine Evaluation des HRDQ-Score noch aussteht. Sie weisen aber darauf hin, dass eine Arbeit, die diesen Score mit den etablierten vergleicht, vor Kurzem abgeschlossen wurde und vor der Publikation steht.  

PPI sind in etwas in Verruf geraten

Die Suche nach einer Alternative zu PPI ist auch aus weiteren Gründen von Bedeutung: Es gibt Betroffene, die sie nicht vertragen. Andere Patienten möchten sie nicht langfristig einnehmen – wenn beispielsweise bereits in jungen Jahren mit der Behandlung begonnen werden musste. Aktuelle Empfehlungen raten auch nur in Ausnahmefällen zur Dauertherapie. 

Denn die als sehr verträglich geltenden PPI sind in den letzten Jahren wegen möglicher Nebenwirkungen in Verruf geraten. So begünstigen sie bei langfristiger Einnahme schwerwiegende Magen-Darm-Infektionen, zum Beispiel mit Clostridium difficile. Auch das Osteoporose-Risiko könnte sich erhöhen, weil durch den dauerhaft erhöhten pH-Wert im Magen die Calcium-Aufnahme aus der Nahrung beeinträchigt ist.

Studien fanden außerdem Hinweise darauf, dass Protonenpumpenhemmer auf die Dauer zu Herzbeschwerden oder chronischem Nierenversagen führen könnten. In einigen Fällen sind PPI aber kaum entbehrlich, etwa wenn Patienten regelmäßig  NSAR oder Glucocorticoide einnehmen müssen.

Über Säure-Rebound aufklären

Insbesondere in der Selbstmedikation gilt es, darauf hinzuweisen, dass die Präparate nicht zur Langzeitanwendung gedacht sind. Zugelassen sind sie dafür ohnehin nicht, sondern lediglich für einen Zeitraum von maximal 14 Tagen. Doch auch bei ärztlichen Dauerverordnungen lohnt es sich, in der Apotheke die Indikation gelegentlich zu hinterfragen.

PPI sollten allerdings nicht schlagartig abgesetzt, sondern ausgeschlichen werden. In der Regel kommt es nach längerer Einnahme zum Säure-Rebound. Reflux-Patienten müssen darüber aufgeklärt werden. Zudem sollten sie auf Lifestyle-Interventionen hingewiesen werden, wie Nikotin- und Alkoholverzicht, Gewichtsabnahme oder den Oberkörper beim Schlafen hochzulagern.  



Barbara Bückmann, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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