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Lutz Engelen zum EuGH-Urteil
„Zeit, das Übel an der Wurzel zu packen“
Versandhandelsverbot: Lösung für mehrere Probleme
Ob dieses Versandhandelsverbot verfassungsrechtlich tragbar und in der Großen Koalition mehrheitsfähig ist, muss geprüft werden. Es geht jedoch nicht nur allein um das Verhältnis zwischen Vor-Ort-Apotheken und ausländischen Versandapotheken. Kernproblem des Versandes ist, dass er das Einfallstor für illegal beschaffte und gefälschte Arzneimittel darstellt. Permanent berichtet der Zoll über die Konfiszierung von illegalen und gefälschten Arzneimitteln im Tonnenmaßstab. Und es muss davon ausgegangen werden, dass dies nur die Spitze des Eisberges ist. Die Belastung der Solidargemeinschaft aus den hieraus resultierenden Gesundheitsschäden wird zum relevanten gesundheitsökonomischen Problem.
Weitere Argumente für das Verbot des Arzneimittelversandes hat der Vortragende der europäischen Kommission in der EuGH-Verhandlung im März dieses Jahres selbst geliefert:
Es wurde hier der Standortvorteil der öffentlichen Apotheke gegenüber der Versandapotheke mit den Argumenten begründet, dass die Versandapotheke nicht oder nicht ausreichend beraten kann, weil es keinen persönlichen Kontakt bei der Versorgung durch den Versandhandel gibt.
Ein weiteres vorgetragenes Argument war die deutlich verzögerte Abgabe des Arzneimittels durch den Versender, die nach Aussage der Kommission in der Regel vier und mehr Tage in Anspruch nimmt.
Patientendaten werden ab der bundesdeutschen Grenze wie milchgebende Kühe behandelt. Der ausgeprägte patientenorientierte deutsche Datenschutz ist ausgehebelt.
Ergänzend dazu haben wir, die Apothekerkammer Nordrhein, auf dem Deutschen Apothekertag 2015 einen weiteren deutlichen Nachteil der Versorgung durch Versandapotheken identifiziert. Die von den Versandapotheken beauftragten Logistikunternehmen haben nachweislich nicht die Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebene Lagerungs- bzw. Transporttemperatur von 25 Grad Celsius bei Arzneimitteln einzuhalten.
Hinreichende Argumente für den durch NRW und Bayern geforderten Schritt zum Verbot des Versandhandles für verschreibungspflichtige Arzneimittel liegen daher vor. Politik und Krankenkassen sind gefordert, schnell zu reagieren, damit nicht zwischenzeitlich geschaffene Fakten den Weg zurück zu einer patientensicheren Arzneimittelversorgung verbauen. Alternativen zum nachträglichen Verbot des Versandhandels lassen sich sicherlich entwickeln und vor dem Hintergrund des EuGH Urteils darstellen. Jedoch, es ist jetzt an der Zeit, das Übel bei der Wurzel zu packen, zur Sicherung der Finanzierung und zum Erhalt der Qualität unseres auf Solidarität angelegten Krankenkassensystems.
2 Kommentare
Lieber Herr Engelen,
von gabriela aures am 25.10.2016 um 20:18 Uhr
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Prima Lutz!
von Christiane Patzelt am 25.10.2016 um 17:37 Uhr
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