BKK-Chef zu Kassen-Manipulationen

„Das BMG ist Teil des Problems – und nicht der Lösung“

Berlin - 05.01.2017, 07:00 Uhr

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe einen wesentlichen Teil zur Intransparenz beim Kassenausgleich beigetragen, sagt der Chef des BKK-Dachverbands Franz Knieps. (Foto: BKK Dachverband)

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe einen wesentlichen Teil zur Intransparenz beim Kassenausgleich beigetragen, sagt der Chef des BKK-Dachverbands Franz Knieps. (Foto: BKK Dachverband)


Lobbying zugunsten einzelner Kassen ist eine Todsünde

DAZ.online: Was sollte das Ministerium anders machen?

Knieps: Das BMG ist die Aufsicht über die Aufsicht: Es hat die Möglichkeit, dem BVA zu sagen, solche Betreuungsstrukturverträge laufen nicht. Sie haben es deshalb nicht gemacht, weil die Länderaufsichten, bei denen die AOKs angesiedelt sind, solche Verträge durchgewunken haben. Sie haben Chancengleichheit hergestellt. Aber dass sich das Ganze – vorsichtig gesagt – in einer juristischen Grauzone befindet, das wusste das BMG auch. Erst jetzt unter dem öffentlichen Druck positioniert man sich jetzt als Tugendwächter – das ist nicht so ganz glaubwürdig.

DAZ.online: Wieviel Handlungsbedarf besteht denn?

Knieps: Dass der Laden aufgeräumt werden muss, ist eine klare Sache. Aber er muss auf jeder Ebene aufgeräumt werden – es kann nicht sein, dass er auf der Bundesebene aufgeräumt wird und auf der Landesebene jeder machen kann, was er will. Es gibt eine Kleine Anfrage der Grünen über das unterschiedliche Aufsichtsverhalten der Länder. In der Antwort räumt das BMG jedes Mal ein, das es Unterschiede zwischen Bund und Ländern gebe. Folgerichtig kommt die Frage: Gibt es Änderungsbedarf? Da sagt das BMG nein – das ist ja schon ein starkes Stück. Deshalb bin ich nicht sehr optimistisch, dass der Wille da ist, dass in den Griff zu kriegen.

DAZ.online: Sie sahen wohl große Einflussnahme vonseiten einiger Kassen auf die politische Ebene – auch von der ehemaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.

Knieps: Ja klar. Noch zu BMG-Zeiten habe ich schon immer gesagt, in manchen Ländern gehört die AOK der Landesregierung, in anderen Ländern ist es umgekehrt. Aber dass eine Einzel-AOK es schafft, einen Vorsitzenden einer großen Partei hinter sich zu bringen, dass sie es schafft, eine Ministerpräsidentin dazu zu kriegen – und letztlich auch, dass sich meine ehemalige Chefin sich in den RSA einmischt zugunsten einer Einzelkasse, das halte ich für eine Todsünde.

DAZ.online: War das tatsächlich ihr Grund, aus der SPD auszutreten?

Knieps: Ich bin nicht wegen der letzten Intervention einiger SPD-Politiker in den RSA ausgetreten, das war nur der Anlass. Das war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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