Versandverbot

Dialysepatienten wollen Rx-Boni und Rx-Versand behalten

Berlin - 10.01.2017, 11:00 Uhr

Pro Boni: Ein Patientenverein für Dialysepatienten aus der sächsischen Stadt Chemnitz macht sich für den Erhalt des Rx-Versandes stark. (Foto: DocMorris)

Pro Boni: Ein Patientenverein für Dialysepatienten aus der sächsischen Stadt Chemnitz macht sich für den Erhalt des Rx-Versandes stark. (Foto: DocMorris)


Ärzte sind für Arzneimittelberatung verantwortlich

Dass die Beratung bei den Bestellungen in der Versandapotheke zu kurz kommen könnte, darüber sorgen sich die Patientenvertreter nicht. Schließlich sei doch der Arzt dazu verpflichtet, die Patienten ausreichend aufzuklären. „Chronisch kranke Patienten haben einen intensiven Kontakt zu ihren behandelnden Ärzten, nehmen ihre Medikamente teils seit Jahren und sind daher von ihren Ärzten über die verschriebenen Medikamente bestens informiert“, heißt es in der Mitteilung.

Deswegen spricht sich der Verein dafür aus, sowohl die Apotheke vor Ort als auch den Versandhandel zu erhalten. Beide Seiten hätten „Vor- und Nachteile“. Wichtig sei, dass am Ende die Patienten selbst darüber entscheiden könnten, welche Bezugsform für sie die „bessere, günstigere oder auch bequemere“ ist. Der Verein appelliert daher an alle Abgeordneten des Bundestages, dem Rx-Versandverbot eine Absage zu erteilen, weil dies ein Rückschritt in der Arzneimittelversorgung sein könnte.

Unterschiedliche Meinungen bei Verbraucherschützern

Dass ausländische Versandapotheken Patienten aus Deutschland wieder Rx-Boni anbieten dürfen, geht auf die Aktivitäten einer anderen Patientenorganisation zurück. Die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) hatte bei ihren Mitgliedern für ihre Kooperation mit der holländischen Versandapotheke DocMorris geworben. Danach sollten DPV-Mitglieder für die Rezepteinreichung besondere Boni erhalten, die sogar noch über die hinausgingen, die DocMorris seinerzeit allen Kunden gewährte. Die Wettbewerbszentrale hatte dagegen geklagt und war in letzter Instanz vor dem EuGH im Oktober gescheitert.

Seit dem EuGH-Urteil haben sich nur wenige Patientenvertreter zu Wort gemeldet. Kai Vogel, Gesundheitsexperte im Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), hatte sich im Interview mit DAZ.online für eine sehr enge Begrenzung der Rx-Boni ausgesprochen. Rabatte sollten an die Zuzahlungsbefreiung gekoppelt sein, empfiehlt Vogel. Patienten, die eine Zuzahlung leisten müssten, könnten ruhig von kleineren Boni profitieren. Gleichzeitig sprach sich der Verbraucherschützer auch strikt gegen Selektivverträge zwischen Kassen und einzelnen Versandapotheken über Boni-Modelle aus, weil die freie Apothekenwahl aus seiner Sicht nicht gefährdet werden dürfe.

Eine konträre Meinung veröffentlichte allerdings die Verbraucherzentrale Hamburg. Die Patientenvertreter in der Hansestadt sehen in einem Rx-Versandverbot Chancen für die Versorgung. Sie wiesen darauf hin, dass kleinere Apotheken „sterben“ könnten, wenn sie im Wettbewerb mit dem Versandhandel nicht bestehen könnten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

was wollt ihr "Verbände" eigentlich ?

von Alfons Neumann am 14.01.2017 um 3:06 Uhr

Es gilt nämlich: Zuzahlung legt der Gesetzgeber fest, auch wenn es Euch nicht paßt - Änderungen sind halt dort zu beantragen. Jegliche Rabatte sind außerdem nach SGB schmarotzen an der Solidargemeinschaft, weil:
Die "Sache" (bspw. 100 Tabl. des verordneten Wirkstoffs bereitzustellen) wird derzeit von der Apotheke vollständig erbracht, KraKa-Rabattverträge laufen natürlich außer Konkurrenz. Eure Mitglieder brauchen nicht mal in Vorleistung direkt bezahlen - die Apotheke hat das Geldrisiko ggü. der Krankenkasse!

Wenn ihr "Verbände" Rabatte wollt, dann heißt das also in Zukunft: zahlt "Eure" Hochpreiser selbst (bei der Apotheke vor Ort oder Eurem "günstigen" Versender/Hersteller/Direktlieferanten) - dann werdet "Ihr" nämlich doof kieken, was heutzutage manche Medikarmente so kosten, wo es bisher 10, Euro waren ...

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Notdienst

von Dr. Harald Paulsen am 11.01.2017 um 8:47 Uhr

Im Notdienst sind wir mit unseren Vor-Ort-Apotheken dann aber sicher wieder gut genug.
Mehr sag ich dazu besser mal nicht.

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Unverschämtheit

von Christian Springob am 10.01.2017 um 19:35 Uhr

Dialysepatienten sind sicherlich Patienten, deren Lebensqualität stark eingeschränkt ist. Mehrmals wöchentlich stundenlanges Blutwaschen mit anschließender starker Schwächung, sowohl physisch als ausch psychisch eine starke Belastung!
Gerade diese Patientengruppe profitiert aber doch vor allem durch unser Gesundheitssystem! Unser Gesundheitssystem mit allen daran Beteiligten und allen Zahlern in die Krankenkassen ermöglicht doch erst, dass diesen Menschen geholfen werden kann. Wo ist hier die Dankbarkeit? Stattdessen wird von diesem Verein noch die Hand aufgehalten. Das ist schon unverschämt.
Das eine erbrachte Leistung einen Wert hat, ist wohl nicht bekannt.
Solange wir ein solidarisches Prinzip haben, sollten sich alle Seiten - Patienten, Leistungserbringer, Krankenkassen - fair zueinander verhalten.
Andersherum könnte es irgendwann auch heißen: wer krank ist, darf zahlen! Womöglich noch nach Verursacherprinzip: Wer ein Leben lang Raubbau mit seinem Körper betrieben hat - Diabetes lässt grüßen - bekommt nicht mehr alles bezahlt. Wollen wir das? Sicher nicht.

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seltsam ...

von Kord-Henrich Wolff am 10.01.2017 um 19:12 Uhr

Ich bin immerwieder überrascht, wie die chronisch erkrankten Boni fordern. Ist dieser Gruppe die 1% Regelung unbekannt oder ist es etwa zu viel verlangt von 100 Euro Einkommen 1 Euro für Zuzahlung entrichten zu müssen? Klar, wenn man mit dem Bonus Geld bekommt nutzt man hier indirekt die Solidargemeinschaft der Versicherten aus. Vielleicht sollte man mal das Hirn einschalten ...

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Egoismus?

von Bernd Küsgens am 10.01.2017 um 19:04 Uhr

Wieso Egoismus? Einen Bonus "abgreifen" ist doch lt.
Karl Lauterbach ein Bürgerrecht.

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Sondergruppen

von Ratatosk am 10.01.2017 um 18:29 Uhr

Erinnert stark an Piloten, eine kleine Sondergruppe will mit Verein Sonderboni für sich abgreifen, ohne an die Folgen zu denken. Solidarität sieht anders aus. Man sollte auch daran denken, daß gerade diese Gruppe auf die Solidarität der Allgemeinheit angewiesen ist. Hier sind hohe Umsätze, die für die Versender eine spezielle Rosine darstellen.
Erstaunlich, daß man von solchen "Vereinen" nur etwas höhrt, wenn es großkapitalnah interessant wird. Man hätte sich ja auch für einen generelle Befreiung z.B bei Parkinson oder Transplantationen einsetzen können, hat sich wohl nicht rentiert bei Sponsoren.
Ein Schelm wer schlechtes dabei denkt.

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Egoismus

von Karl Friedrich Müller am 10.01.2017 um 11:59 Uhr

Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich.
Jammer
Warum sollen die Bürger auch besser sein als die Politiker. Wenn das Geld winkt, schaltet das Hirn ab.
Diese Kranken sind zugegeben stark belastet, auch finanziell, sofern sie nicht sowieso frei sind und/ oder die Belastungsgrenze überschreiten. Die Belastung ist schon gedeckelt.
ABER: Durch die Krankenversicherung werden sie in finanziell akzeptablem Ramen versorgt! Ohne die Versicherung wären die Leute ganz übel dran.
Personen, die nicht oder weniger krank sind, finanzieren das Ganze. Es ist nicht einzusehen, dass diese Leute auch noch den Gewinn aus einer Krankheit finanzieren.
Das nennt sich Solidarität.
Die Kranken haben Vorteile, die nicht noch weiter ausbauen müssen.
Solidarität heißt auch Nachteile in Kauf nehmen, sofern ein funktionierendes Gesundheitssystem ein Nachteil sein sollte.
Mit dem Verhalten und Ansprüchen wird es zerstört. Diese Leute sägen an dem Ast, auf den sie sitzen.
Mit total unverständlich, diese egoistische und kurzsichtige Verhaltensweisen.

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