Nach Äußerungen eines Trump-Kandidaten

FDA wehrt sich gegen Aufweichung von Standards

Stuttgart - 24.01.2017, 07:00 Uhr

(Foto: dpa)

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Arzneimittelbehörden stehen oft in der Kritik, neue Arzneimittel zu langsam zuzulassen. Nun legt die US-amerikanische FDA Material vor, das zeigt, warum sich Phase-3-Studien lohnen. Dies könnte sich gegen ihren zukünftigen Chef richten, den US-Präsident Donald Trump ins Spiel gebracht hatte: Der Investmentbanker Jim O’Neill hatte vorgeschlagen, auf Wirksamkeitstests zu verzichten.

Bremsen die Arzneimittelbehörden die Zulassung neuer Arzneimittel zu stark aus? Dies wird von Patientenverbänden oder Industrievertretern immer wieder vorgetragen. Der vielleicht vehementeste Kritiker könnte der neue Chef der US-Arzneimittelbehörde FDA werden: Trump brachte den Investmentbanker Jim O’Neill ins Gespräch, der bislang Geschäftsführer einer Venture-Capital-Firma ist, die zum Milliardär und Trump-Berater Peter Thiel gehört.

„Wir sollten die FDA reformieren“, hatte O’Neill angekündigt. „Neue Arzneimittel sollten zugelassen werden, nachdem die Studienbetreiber deren Sicherheit nachgewiesen haben“, erklärte er. „Anschließend sollten die Menschen diese Produkte auf eigenes Risiko einnehmen. Lasst uns die Wirksamkeit der Arzneimittel nachweisen, nachdem diese zugelassen sind.“

Wird zukünftig den falschen Daten vertraut?

Wohl auch um derartigen Vorstößen entgegenzuwirken, hat die FDA nun Unterlagen vorgelegt, die Argumente gegen Aufweichungen von Zulassungsstandards aufzählen. „In den vergangenen Jahren gab es zunehmendes Interesse, Alternativen zu Phase-3-Tests für Arzneimittelzulassungen zu erkunden“, erklärt die Behörde – „indem man beispielsweise auf andere Arten von Daten und nicht-validierte Surrogat-Endpunkte vertraut“.

Hierbei zielt die FDA offenbar auch auf Zulassungen über sogenannte „Adaptive Pathways“, bei denen Klinische Studien nur bei einer bestimmten Patientengruppe durchgeführt werden sollen. Kritiker wie beispielsweise der stellvertretende Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Stefan Lange, warfen ein, dass hiermit der bestehende Zulassungs-Konsens aufgekündigt würde und hoch verzerrte Daten entstehen könnten. Ähnliche Schritte umfasst auch ein kürzlich verabschiedetes US-amerikanisches Gesetzespaket, das von Experten teils stark kritisiert wurde

Phase-2-Studien können in die Irre führen

In ihrem Bericht listet die FDA nun 22 Arzneimittel auf, bei denen erst groß angelegte Phase-3-Studien aufgedeckt haben, dass die Arzneimittel entweder nicht wirksam oder nicht sicher sind. So habe in 14 Fällen die Phase-3-Studie die in kleineren Kohorten zuvor festgestellte Wirksamkeit nicht bestätigen können, in einem Fall die Sicherheit des Arzneimittels und in sieben Fällen beides. In zwei Fällen habe die Phase-3-Studie sogar aufgezeigt, dass die Symptome, gegen die sich die Arzneimittel richteten, sich noch verschärften.

„Der Zweck dieser Einzelfallstudien ist es, einen Blick darauf zu werfen, welche Erkenntnisse Phase-3-Studien generieren können“, schreibt die FDA – „und Wege aufzuzeigen, wie die Ergebnisse von Phase-2-Studien alleine in die Irre führen können“. Sie habe die Beispiele aus einer „Vielzahl“ weiterer Kandidaten ausgewählt, „um eine möglichst große Bandbreite von Erkrankungen, Patienten-Typen sowie Arzneimittel-Arten und Formulierungen zu repräsentieren.“ Die Vorsicht in den besprochenen Fällen hätte Patienten davor bewahrt, Arzneimittel zu nehmen, die ihnen nicht geholfen oder sie sogar unnötigen Gesundheitsgefahren ausgesetzt hätten.

Die meisten Arzneimittel funktionieren nicht

Gleichzeitig betont die Behörde, dass ohnehin die Arzneimittelzulassung zunehmend flexibler werde – und nicht-traditionelle Studien-Designs und Datenquellen auch in Phase-3-Studien Berücksichtigung fänden. Doch diese Studien – mit angemessenen Dauer und Umfang – blieben der „Gold-Standard“, um herauszufinden, ob Arzneimittel ein akzeptierbares Nutzen-Risiko-Profil haben.

„Die meisten neuen Arzneimittel funktionieren nicht“, betonte der Chemiker Derek Lowe in seinem beim Fachmagazin „Science Translational Medicine“ angesiedelten Blog. „Wenn wir das System ‚befreien‘ wollen, um neue Arzneimittel mehr Leuten zur Verfügung zu stellen, werden wir vielmehr mehr Menschen – und Krankenversicherungen – für Arzneimittel zahlen lassen, die nichts verändern“, erklärte er – „oder die ihren Gesundheitszustand sogar verschlechtern“. Aufwändige klinische Studien seien nicht nur wissenschaftlich nötig, sondern es sei auch „ethisch nicht akzeptierbar“, anders vorzugehen. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Amerikas Weg

von Peter Bauer am 24.01.2017 um 9:18 Uhr

Auch auf diesem Gebiet wird deutlich,dass nur noch Geld wichtig ist und zukünftig auf allem anderen als Kostenverursacher "rumgeTRUMPlt"wird

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