Nahrungsergänzungsmittel

Sehen aus wie Arzneimittel, sind aber keine

Remagen - 24.01.2017, 17:00 Uhr

Verwirrspiel: Obwohl „Arzneimittel" darüber steht, befinden sich mitnichten nur Arzneimittel in diesem Regal (Foto: Angela Clausen / Verbraucherzentrale NRW)

Verwirrspiel: Obwohl „Arzneimittel" darüber steht, befinden sich mitnichten nur Arzneimittel in diesem Regal (Foto: Angela Clausen / Verbraucherzentrale NRW)


Nahrungsergänzungsmittel sind ein lukrativer Markt. Dabei profitieren die Anbieter vielfach von der Nähe der Produkte zu den Arzneimitteln. Äußerlich ist der Status für den „nicht Eingeweihten“ oft schlecht zu erkennen. Hierüber regt sich zunehmend Unmut, bei den Verbraucherschützern und auch bei der Konkurrenz im Arzneimittelsektor.

Gesundheitsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen oder auch auf pflanzlicher Basis sind bei den Verbrauchern sehr beliebt. Nach Angaben der Verbraucherzentralen geben die Bundesbürger jährlich mehr als eine Milliarde Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Und das, obwohl der Großteil der Bevölkerung Deutschlands heutzutage mit Nährstoffen ausreichend versorgt sein soll. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bezeichnet den Markt in den letzten Jahren als „sehr innovationsfreudig“. So werden beim BVL jährlich etwa 5.000 Nahrungsergänzungsmittel neu angezeigt. 

Nahrungsergänzungsmittel (NEM, food supplements) sind Konzentrate von Nährstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen) oder „sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“. Sie werden in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten oder auch als Pulver oder Saft in den Verkehr gebracht, sehen also meistens aus wie Arzneimittel. Das ist wohl auch beabsichtigt. Neueren Umfragezahlen des Marktforschungsinstituts Forsa zufolge glauben 47 Prozent der Verbraucher, dass NEM wie Medikamente auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft seien. Das „hebt“ ihren Status, trifft jedoch keineswegs zu. Während Arzneimittel ein aufwändiges Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, reicht bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Anzeige beim BVL. Die Hersteller haben es also mit der Vermarktung erheblich leichter.

Was darf drin sein?

Welche Vitamine und Mineralstoffe als Zutaten in Nahrungsergänzungen verwendet werden dürfen, ist ziemlich genau vorgeschrieben. Für die „sonstigen Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“, dazu zählen Kategorien wie Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Ballaststoffe und auch verschiedene Pflanzen und Kräuterextrakte, gilt das leider nicht. Deswegen hat sich hier eine erhebliche Grauzone entwickelt. Ein kritischer Blick auf die Produkte kann allenthalben nicht schaden. Hinzu kommt, dass in Supermärkten oder Drogerien zunehmend Gesundheitsmittel verkauft werden, deren Verwendung als Lebensmittel in Deutschland neu ist, wie etwa Zubereitungen aus exotischen Pflanzen oder Produkten aus dem Bereich der ayurvedischen oder der traditionellen chinesischen Medizin.  



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

NEM und Vegetarismus

von Julia am 24.04.2017 um 13:16 Uhr

Ich glaube der Boom an Nahrungsegänzungmitteln liegt teilweise auch darin begründet, dass viele Menschen, vor allem jüngere, gerade auf den Trend des Vegetarismus und Veganismus aufspringen. Da bei einer solchen Ernährungsweise viele Nährstoffe und Vitamine fehlen können, muss dieser Missstand häufig durch NEM kompensiert werden. Ich selbst ernähre mich auch Vegetarisch und musste mir schon öfter mal von meinem Arzt nach der Blutuntersuchung sagen lassen, was ich eigentlich alles an Stoffen mehr oder weniger im Körper bräuchte...

Häufig tritt durch den Verzicht auf Fisch Jodmangel auf, oder auch Vitamin B 12, das praktisch ausschließlich in tierischen Produkten enthalten ist. Dagegen hat jetzt mittlerweile sogar Aldi ein Produkt auf dem Markt, was sich "Vegetarier und Veganer Vitamine" (oder so ähnlich) nennt. Ich weiß nicht ob ich diesem Produkt unbedingt trauen würde. Generell weiß ich nicht ob ich NEM trauen würde, am ehesten von Ernährungsberatern und deren Shops wahrscheinlich (z.B bei diesem hier http://www.vitalcenter24.de/).

Naja, irgendwie muss man den Körperhaushalt ja stabil halten, sonst wird es irgendwann ungesund. Deshalb sollten Vegetarier und Veganer 1x im Jahr eine Blutuntersuchung machen lassen, soweit ich weiß.

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innovationsfreudig

von Stefan Rieseberg am 27.01.2017 um 10:34 Uhr

... Es ist ein echtes Mysterium: Auch in der ABDA-Datenbank gibt es monatlich ca. 250 Neulistungen von NEMs, wobei ca. 30 (also ca. 10%) tatsächlich relevant sind für die Apotheken bundesweit. Der Rest der Listungen ist entweder sehr lokal, gilt für Direktvertreiber als Qualitätsmerkmal ("ist sogar in Apotheken gelistet") oder ... ist vollkommen schleierhaft. Da bringt z. B. ein Vertreiber 40 Produkte auf den Markt, sie versuchen telefonisch, per Mail, per Fax Kontakt aufzunehmen mit vorgeschütztem Bestellwunsch und sogar eine Kontaktaufnahme ist nicht möglich. Jetzt könnte man vermuten, da gibt es Produkte, einfach um das BVL lahmzulegen und die staatliche Überwachung zu behindern ... oder hat es steuerliche Gründe?

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NEM

von Volker Schmitz am 26.01.2017 um 16:59 Uhr

Eigentlich müsste man diesen Produkten den Namen Arzneimittel entziehen.

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