EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis

„Jeder EU-Staat kann den Rx-Versand verbieten“

Berlin - 03.02.2017, 13:03 Uhr

Apotheken-Versandverbot rechtlich möglich: Aus Sicht des EU-Kommissars Vytenis Andriukaitis steht es jedem Mitgliedstaat offen, den Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln zu verbieten. (Foto: dpa)

Apotheken-Versandverbot rechtlich möglich: Aus Sicht des EU-Kommissars Vytenis Andriukaitis steht es jedem Mitgliedstaat offen, den Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln zu verbieten. (Foto: dpa)


Wenn Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sich mit der SPD einig wird und das Rx-Versandverbot auf den gesetzgeberischen Weg bringt, folgt der nächste wichtige Schritt: Die EU-Kommission und alle EU-Staaten könnten Widerspruch einlegen. Der EU-Kommissar für Gesundheit, Vytenis Andriukaitis, sagt nun gegenüber DAZ.online, dass jeder Mitgliedstaat den Rx-Versand rein rechtlich gesehen verbieten darf. Seine eigene Meinung hält Andriukaitis aber noch zurück.

Erst kürzlich hatte der Litaue Vytenis Andriukaitis Berlin besucht und sich mit den Gesundheitspolitikern des Bundestages sowie mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) getroffen. Andriukaitis ist EU-Kommissar für Gesundheit und auf EU-Ebene innerhalb der Kommission mit einem „Minister“ hier in Deutschland vergleichbar. Seine Funktion ist insbesondere mit Blick auf das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante Rx-Versandverbot nicht zu unterschätzen: Denn im Rahmen des EU-Notifizierungsverfahrens können nicht nur die 28 EU-Staaten das Vorhaben erschweren, sondern auch die EU-Kommission.

Auf Nachfrage von DAZ.online sagte Andriukaitis, dass das Thema des Arzneimittel-Versandhandels bei seinem Besuch in Berlin wenig diskutiert wurde. „Die formelle Notifizierung von Deutschland steht noch aus. Und erst wenn alle Beteiligten die Möglichkeit hatten, ihre Sichtweisen darzulegen, wird das Thema diskutiert.“ Im Bundestag hatte Andriukaitis das Thema einmal sehr kurz angerissen und gesagt, dass es legitim sei, über Lösungen nachzudenken, wenn Internet-Verkäufe von Medikamenten zu Problemen in einem EU-Land führten.

Gegenüber DAZ.online wird der EU-Kommissar nun etwas deutlicher: „Die europäische Gesetzgebung sieht es ausdrücklich vor, dass jeder Mitgliedsstaat das Recht hat, den Online-Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Online-Apotheken zu verbieten.“ Der Litaue fügte allerdings noch hinzu: „Allerdings sollte ein solches Verbot (mit Blick auf die Europäischen Verträge) dadurch gerechtfertigt sein, dass damit Menschenleben geschützt werden. Außerdem muss es mit der Rechtsprechung des EuGH übereinstimmen.“ Er wolle außerdem „unterstreichen“, dass das Rx-Versandverbot nichts mit dem EuGH-Verfahren zur Rx-Preisbindung zu tun habe und „separat“ betrachtet werden müsse.

Wie würde das Notifizierungsverfahren ablaufen?

Angesprochen auf das EU-Notifizierungsverfahren sagte Andriukaitis, dass die deutschen Behörden sehr genau wüssten, dass das Verfahren dazu diene, weitere technische Hindernisse für den Handel zu vermeiden. Außerdem erklärte der Litaue, dass das Verfahren eine präventive Maßnahme sei, um das ungehinderte Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen. Er erinnerte daran, dass das Rx-Versandverbot über drei Monate hinweg nicht in Kraft treten dürfe. Erst wenn diese „Stillhaltefrist“ abgelaufen sei, könne Deutschland das Gesetz implementieren.

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Bislang war auch unklar, was passiert, wenn ein Mitgliedstaat oder die Kommission dem Rx-Versandverbot Einspruch einlegt. Muss Deutschland das Gesetz anpassen? Oder nur eine Stellungnahme abgeben? Andriukaitis sagt dazu: „Wenn die Kommission oder ein EU-Staat reagiert, geht das in Form eines ‚Kommentars‘ oder einer ‚detaillierten Stellungnahme‘. Wenn letztere geäußert wird, verlängert sich die Stillhaltefrist für weitere drei Monate oder um einen weiteren Monat (bei Informationsdienstleistungen).“ Ob Deutschland das Verbotsgesetz anpassen müsste, verriet Andriukaitis nicht.

Der Litaue wollte sich nicht dazu äußern, wie die EU-Kommission im Falle eines Notifizierungsverfahrens abstimmen würde. Auch wollte er nicht kommentieren, ob er anderen EU-Staaten empfehlen würde, gegen das Rx-Versandverbot zu protestieren.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Klettverschlüssen ist es völlig egal wo sie "kletten" dürfen oder nicht.

von Christian Timme am 03.02.2017 um 16:04 Uhr

Die Überschrift wird mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen, die Ernüchterung folgt beim Lesen des folgenden Textes. Also ich riskiere mal einen kurzen Blick in die Kristallkugel. Es bleibt wie es ist. Der "Import" geht munter weiter, sollen doch die "Blöden", wer könnte das wohl sein, sehen wie man dieses Lokalproblemchen löst. Hat doch schon in der Vergangenheit mehr als geklappt oder auch nicht. Je nach Standpunkt.

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