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AMVSG im Bundestag
Wer kann mit dem Pharma-Kompromiss besser leben?
Als „gut für die Pharmafirmen“ bezeichnet die KKH Kaufmännische Krankenkasse den am Montag vereinbarten Kompromiss zum Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz . Die Pharmafirmen, zumindest die forschenden sehen das aber ganz anders. Es hagelt von allen Seiten Kritik. Lediglich der AOK Bundesverband findet – zwar nicht auschließlich, aber immerhin – ein paar lobende Worte.
Am gestrigen Montag wurden noch einige teils überraschende Änderungen am Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) bekannt. So wurde beispielsweise mit der Preisvertraulichkeit eine ganz wesentliche Forderung der Pharmaindustrie gestrichen. Entsprechend fällt das Fazit des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) wenig euphorisch aus. So werde sich am Problem der versorgungsgefährdenden Medikamentenabflüsse durch Paralellhandel nichts ändern, prognostiziert der Verband. Denn liegen die verhandelten Arzneimittelpreise hierzulande unter denen anderer Länder in Europa, sei dies für Parallelhändler erkennbar. Diese Arzneimittel fehlten dann im deutschen Gesundheitssystem, so die Befürchtung. Im Einzelfall könne das zu gesundheitsgefährdenden Lieferengpässen führen. Nach Ansicht des vfa sind vertrauliche Preise, die nur den Krankenkassen und dem einzelnen pharmazeutischen Unternehmer bekannt sind, der einzige Weg, den Parallelhandel zu unterbinden.
Zur Erklärung: Die-SPD-Bundestagsfraktion hatte bis zuletzt darum gerungen, die Vertraulichkeit wieder aus dem Gesetz zu streichen. Auch die Opposition hatte sich für mehr Transparenz eingesetzt. Ohnehin wäre es schwer geworden, genau zu definieren, welche Berufsgruppen die Preise noch sehen dürfen und für den wen die Informationen verschlossen bleiben sollen.
Hersteller und Kassen streiten noch um Arzt-Informationssystem
Und auch dem geplanten Arztinformationssystem zu Arzneimitteln kann der vfa zumindest bislang nicht allzu viel abgewinnen. Es drohe zu einem Instrument der Ärztesteuerung durch die Kassen zu werden. Im AMVSG ist nämlich vorgesehen, dass Ärzte künftig besser und schneller über den Nutzen und die Wirksamkeit neuer Arzneimittel erfahren. Laut AMVSG soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Vorgaben für ein Informationssystem für die Praxissoftware entwerfen.
Die Kassen wiederum hatten in den vergangenen Monaten davor gewarnt, dass das Info-System in den Bereich der Pharma-Werbung abdriften könnte. Zum Hintergrund: Im Pharmadialog hatten die Bundesregierung und die Hersteller festgehalten, dass das System unter Beteiligung der Hersteller erarbeitet werden soll. Streit gab es bis zuletzt auch um die Frage, ob und inwiefern die Preise neuer Arzneimittel in die Informationen miteinfließen. Doch das soll laut AMVSG nun der G-BA klären.
Insgesamt mangele dem geplanten AMVSG an Innovationskraft, kritisiert der Pharma-Verband. Drängende Versorgungsprobleme löse es nicht. Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa, bezeichnete das Gesetz als das erste Opfer des Wahlkampfes. Auf die Punkte, die der Industrie eigentlich entgegenkommen, wie etwa die kurzfristige Streichung der sogenannten Umsatzschwelle oder die Streichung der Impfstoff-Rabattverträge, geht der vfa in seiner Pressemitteilung nicht ein.
KKH lässt kein gutes Haar am Gesetz
Geht man hingegen nach den Reaktionen der Krankenkassen, müsste die Industrie eigentlich glücklich sein. „Bei der Pharma-Lobby dürften jetzt die Champagner-Korken knallen“, sagte KKH-Chef Ingo Kailuweit. Der Grund: die Streichung der Umsatzschwelle. Diese hätte eigentlich nach dem Willen der Krankenkassen noch deutlich stärker abgesenkt werden sollen als die veranschlagten 250 Millionen Euro – ab diesem Umsatz sollte rückwirkend ab dem ersten Tag der Preis gelten, der aufgrund des Nutzens zwischen Kassen und Herstellern verhandelt wurde. Und nun ist die Regelung ganz raus. „Das heißt, dass Arzneimittelhersteller für ein neues Medikament im ersten Jahr weiterhin astronomische Fantasiepreise von den Kassen verlangen können, unabhängig vom Nutzen ihres Produktes für die Patienten“, sagte Kailuweit.
Auch das Vorhaben, Ausschreibungen für Impfstoffe in Zukunft zu untersagen, stößt bei der KKH nicht auf Gegenliebe. Das Argument, damit Engpässe zu vermeiden, hält man für an den Haaren herbeigezogen. Lieferprobleme gebe es auch ohne Ausschreibungen. Der KKH-Chef befürchtet durch die Veränderungen des Gesetzes einen weiteren Kostenanstieg im Gesundheitswesen, für den unterm Strich die Beitragszahler aufkommen müssten.
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