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Modellrechnung zu Rx-Boni
Das Zukunftsszenario der EU-Versandapotheken
In der Debatte um das vom Bundesgesundheitsministerium geplante Rx-Versandverbot haben die europäischen Versandapotheken erstmals eine konkrete Modellrechnung vorgelegt. Damit wollen die EU-Versender beweisen, dass die Apothekenstruktur in Deutschland durch DocMorris und Co. nicht gefährdet wird.
Der Verband der europäischen Versandapotheken (EAMSP) hat dem Bundesgesundheitsministerium am vergangenen Mittwoch seine Stellungnahme zum Rx-Versandverbot vorgelegt. Darin widersprechen die Versandapotheken den Plänen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vehement. Das Verbot sei europarechts- und verfassungswidrig. Die Kernthese der EU-Versender ist jedoch, dass der Marktanteil der EU-Versender schlichtweg zu klein sei, um Apotheken vor Ort hierzulande in den Ruin zu treiben.
Wie sich eine teilweise Öffnung der Preisbindung auf die Apothekenstruktur auswirken würde und ob die Apotheken vor Ort in diesem Falle mit wirtschaftlichen Einbußen rechnen müssten, war auch Thema bei beiden Fachgesprächen im Bundestag, zu denen die Fraktionsvizes Karl Lauterbach (SPD) und Georg Nüßlein (CSU) eingeladen hatten. Bislang haben jedoch weder die Apotheker noch die Versandapotheker ein verlässliches Zukunftsszenario vorgelegt. Zumindest die EU-Versandapotheker wollten dies nun ändern und haben dem BMG mit Bezug auf Zahlen der ABDA gleich drei solcher Szenarien vorgelegt. In den drei Rechenbeispielen wächst der Marktanteil der EU-Versender unterschiedlich schnell. In allen drei Beispielen geht der Versender-Verband davon aus, dass der Rx-Markt insgesamt um 3 Prozent pro Jahr ansteigt.
Im ersten Rechenbeispiel geht der EAMSP von einer „Bonusrange“ zwischen 2,50 Euro und 5 Euro und einer „historischen“ Wachstumsgeschwindigkeit der EU-Versender aus. „Historisch“ bedeutet in diesem Fall, dass sich die Rx-Umsätze der EU-Versender so weiterentwickeln wie in den vergangenen Jahren, also pro Versandapotheke um etwa 10 Prozent. Ausgangspunkt ist ein Marktanteil der EU-Versender am Rx-Markt von etwa 400 Millionen Euro, was in etwa einem Prozent entspricht. In diesem historischen Szenario würden DocMorris und Co. ihren Marktanteil bis 2026 auf 1,9 Prozent erhöhen können. Laut EAMSP würde jedoch auch die durchschnittliche Apotheke vor Ort in diesem zehnjährigen Zeitraum ein Rx-Umsatzwachstum hinlegen – von 2,9 Prozent.
EU-Versender sehen keine Bedrohung für Apotheken
Im zweiten Szenario gehen die EU-Versender von einem „dynamischen“ Wachstum aus. Heißt konkret: Pro Jahr steigern die Versandapotheken ihren eigenen Rx-Umsatz um ganze 20 Prozent. In diesem Szenario hätten die EU-Versender im Jahr 2026 einen Anteil von 4,5 Prozent am gesamten Rx-Markt. Doch laut EAMSP könnte die durchschnittliche Apotheke vor Ort auch in diesem Rechenbeispiel noch ein Rx-Umsatzwachstum hinlegen: um 2,7 Prozent bis 2026.
Im drastischsten Fall, den der EAMSP „disruptives“ Wachstum nennt, steigern alle EU-Versandapotheken gemeinsam ihren Anteil am gesamten Rx-Markt pro Jahr um einen Prozentpunkt. Da sie derzeit bei rund einem Prozent liegen, hätten DocMorris, die EAV und die anderen EAMSP-Mitglieder 2026 einen Gesamtanteil von 11 Prozent am Markt. Laut EAMSP könnten die Apotheken jedoch selbst in diesem Fall noch ihren Rx-Umsatz zwischen 2016 und 2026 steigern, nämlich um 1,9 Prozent. Das heißt: Selbst bei einem sehr starken Wachstum der EU-Versender werden die Apotheken laut EAMSP-Rechnung im Rx-Bereich trotzdem noch ihre Umsätze steigern – nur eben in geringerem Umfang.
Moderater Umsatzanstieg nach EuGH-Urteil
Dass die EU-Versender den Apotheken nicht schaden, sieht der Verband auch in der Entwicklung der vergangenen Monate bewiesen. Laut Stellungnahme haben die EU-Versandapotheken seit November 2016 (kurz nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung)eine monatliche Zuwachsrate beim Rx-Umsatz von rund einem Prozent. Für das Jahr 2017 stellt der EAMSP daher die Prognose auf, dass eine geschätzte Wachstumsrate von 10 Prozent zustande kommt.
Zusammenfassend teilen die EU-Versender dem BMG daher mit: „Keine öffentliche Apotheke, auch keine in den niedrigsten Umsatzgrößenklassen wird angesichts dieser marginalen Beträge auf Grund des Versandhandels aus dem Marktgeschehen ausscheiden.“ Der vom BMG aufgestellte Zusammenhang zwischen dem Zugewinn der Versandapotheken aufgrund von Rx-Boni und wirtschaftlichen Einbußen der Apotheken sei „völlig aus der Luft gegriffen.“
Wohlgemerkt betreffen die Rechnungen des EAMSP lediglich den Einfluss der EU-Versender auf den deutschen Apothekenmarkt. Nicht enthalten sind die eventuellen Auswirkungen auf die Vor-Ort-Apotheke für den Fall, dass auch deutsche Versandapotheken flächendeckend Rx-Boni gewähren dürfen.
7 Kommentare
Schön rechnen ....
von Dr. Markus Junker am 18.03.2017 um 9:44 Uhr
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Mal angenommen...
von Barbara Buschow am 17.03.2017 um 12:35 Uhr
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Rx-Versandverbot; Marktanteile; Ertragsminderung
von Franz Sedlmayr am 17.03.2017 um 10:41 Uhr
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Das Papier nicht wert...
von Rolf Lachenmaier am 17.03.2017 um 10:41 Uhr
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"Fehlende Szenarien der Apotheken"
von Wolfgang Müller am 17.03.2017 um 10:30 Uhr
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AW: PS zu "Fehlende Szenarien der Apotheken"
von Wolfgang Müller am 17.03.2017 um 11:28 Uhr
Kurz & bündig, aber ...
von Christian Timme am 17.03.2017 um 10:00 Uhr
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