Hanke und Becker zur Apothekenzahl und Hüffenhardt

„Wir brauchen den Versandhandel nicht“

Berlin - 22.03.2017, 16:05 Uhr

Versorgung gesichert: Der baden-württembergische Kammerpräsident Günther Hanke sieht die Versorgung durch ein dichtes Netz an Rezeptsammelstellen (im Hintergrund) gesichert. (Foto: LAK BW)

Versorgung gesichert: Der baden-württembergische Kammerpräsident Günther Hanke sieht die Versorgung durch ein dichtes Netz an Rezeptsammelstellen (im Hintergrund) gesichert. (Foto: LAK BW)


Hanke attackiert DocMorris

Es folgte der Vortrag von Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg. Hanke konzentrierte sich auf die sinkenden Apothekenzahlen und die Beschaffenheit der Versorgung in ländlichen Regionen. Seit 2007 sei die Apothekenzahl im „Ländle“ zwar um 10 Prozent gesunken. Aufgrund vieler Botendienste und Rezeptsammelstellen sei die Versorgung im Südwesten aber nach wie vor gesichert. Nichtsdestotrotz gab Hanke zu, dass gerade in den Regionen Schwarzwald, Schwäbische Alb und Main-Tauber-Kreis die Apothekenzahl immer weiter ausdünne. Allerdings gebe es in all diesen Regionen Rezeptsammelstellen, die die Versorgung sicherstellten.

Hanke sprach auch den Ort Hüffenhardt an, in dem DocMorris derzeit kurz vor der Eröffnung seiner Video-Apotheke steht. Laut Hanke gibt es aber schlichtweg keinen Bedarf einer solchen Einrichtung in Hüffenhardt. „Wissen Sie, wie viele Apotheken es in  einem 10-Kilometer-Umkreis von Hüffenhardt gibt? 22! Und da spricht eine holländische Firma von Versorgungsnotständen“, erklärte der Kammerpräsident. Er ging dazu über, das baden-württembergische Innenministerium für seine Haltung zu dem Thema zu kritisieren. Zur Erklärung: Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist auch Minister für Digitalisierung und hat sich in mehreren Medienberichten offen gezeigt für eine Video-Apotheke in Baden-Württemberg.

Digitalisierung zum Selbstzweck?

Hankes Kommentar dazu: „Ich habe den Eindruck, dass die Digitalisierung da zum Selbstzweck wird.“ Der Kammerpräsident wies darauf hin, wie „aktiv“ die Apotheken jetzt schon bei der Digitalisierung seien und sprach die Apotheken-Software der Pharmazeuten an und verwies auf das Arzneimittel-Sicherheitssystem Securpharm und den elektronischen Medikationsplan. In Richtung Politik lies Hanke den Vorwurf los, dass  viele Gesetze, Richtlinien und Verordnungen nicht zusammen passten. Insbesondere im Verlauf der Arzneimittelzulassung gehe es um das Prinzip „Sicherheit über alles!“. Bei der Abgabe von Arzneimitteln beobachte er aber derzeit, dass ein „Sicherheitsszenario“ verfolgt werde, bei dem gelte: „Nein, das muss kein Apotheker machen, das kann auch der Postbote liefern.“

Zur Hochform lief der Kammerpräsident jedoch auf, als er von einer Zuhörerin gefragt wurde, ob er denn Zahlen dazu vorlegen könne, dass der Versandhandel die Apotheken gefährde. Hanke sagte: „Der einprozentige Marktanteil der Versandapotheken ist eine Momentanaufnahme, dabei wird es nicht bleiben.“ Schließlich zeige die Besitzerstruktur von DocMorris, welche wirklichen Ziele die Versender verfolgten. „Die DocMorris-Mutter Zur Rose gehört zu 50 Prozent den Scheichs. Und das einzige Ziel, das die haben, ist es, ein bestehendes System kaputt zu machen.“ Wie Hanke zu der Behauptung mit dem 50-prozentigen Anteil kam, blieb allerdings ein Rätsel. Fakt ist: Die Al Faisaliah Group hat über eine Unterfirma kürzlich 250.000 Zur Rose-Aktien übernommen, das entspricht 6 Prozent des Aktienkapitals.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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