Gestern ist bereits der erste Teil dieses Beitrags zu typischen Schchwachstellen bei Apotheken-Versicherungen erschienen – Schwerpunkt waren hier Haftpflichtrisiken. Im morgigen letzten Teil wird es um sonstige Versicherungen gehen – etwa zum Rechtsschutz oder Cyber-Risiken. Zudem werden die Autoren ein Fazit ziehen.
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Gastbeitrag
Typische Schwachstellen bei Inventarversicherungen für Apotheken
Diese Woche widmet sich eine DAZ.online-Serie den Fallstricken spezieller Apotheken-Versicherungen. Im heutigen zweiten Teil steht die sogenannte Geschäftsinhalts- oder Inventarversicherung im Mittelpunkt. Lesen Sie, an welchen Stellen Sie ein besonders waches Auge auf Ihren Vertrag haben sollten.
Eine der wichtigsten Apotheken-Versicherungen ist – als Äquivalent zur privaten Hausratsversicherung – die Geschäftsinhalts- oder Inventarversicherung. Sie versichert unter anderem den Warenbestand, die Einrichtungen oder Vorräte gegen die Beschädigung durch Feuer, Einbruchdiebstahl, Leitungswasser, Sturm, Hagel und Elementarereignisse. Da existenzielle Risiken zu versichern sind, sollten Apotheker gerade hier die typischen Schwachstellen meiden.
Pharmazieratsklausel
Die fehlende Pharmazieratsklausel ist eine solche typische Schwachstelle im Versicherungsschutz.
Im Schadensfall sendet der Versicherer regelmäßig einen Mitarbeiter oder Sachverständigen zur Begutachtung. Dabei kann es zu Konstellationen kommen, bei denen der Gutachter der Versicherung zu einer abweichenden Einschätzung kommt als der zuständige Pharmazierat/Amtsapotheker. So kann es etwa passieren, dass der Pharmazierat die Abgabe von Arzneimitteln untersagt, welche Rauch oder Feuchtigkeit ausgesetzt waren, gleichzeitig aber äußerlich unbeschädigt sind, so dass der Versicherer keinen Schaden anerkennt. Bei Betriebsunterbrechungen kommt es vor, dass die Offizin wieder aufgeschlossen werden könnte, würde der Pharmazierat nicht noch ein Pilzgutachten verlangen.
Bislang sind die Vorgaben des Pharmazierats nur in wenigen Tarifbedingungen für den Versicherer bindend und etwaige Schäden des Versicherungsnehmers aufgrund dieser Vorgaben vom Versicherungsschutz meistens nicht umfasst.
Grobe Fahrlässigkeit
Insbesondere in älteren Tarifen zieht die grob fahrlässige Schadensverursachung eine Leistungskürzung als Sanktion nach sich. Auch in § 81 VVG ist eine Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit vorgesehen. Gute Tarife verzichten demgegenüber jedoch auf das Recht zur Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Schadensherbeiführung, sehr gute Tarife sogar bezüglich der grob fahrlässigen Verletzung von Obliegenheiten/ Sicherheitsvorschriften (§ 28 VVG).
Grob fahrlässig handelt nach der Rechtsprechung derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im hohen Grade außer Acht lässt und wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten müsste. Diese Definition birgt viel Unsicherheit und Streitpotenzial im Schadensfall. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann beispielsweise unter anderem vorliegen, wenn Fenster oder Türen vor dem Verlassen des Gebäudes nicht abgeschlossen werden oder Kerzen unbeaufsichtigt brennen etc.
Es sollten Tarife gewählt werden, die keine beziehungsweise möglichst geringe Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit vorsehen.
Außerdem ist zu beachten, dass Apothekeninhabern in vielen Bedingungswerken das Verhalten und die Kenntnis der „Repräsentanten” zugerechnet wird – und dadurch auch deren grobe Fahrlässigkeit. Teilweise werden alle pharmazeutischen Fachkräfte als „Repräsentanten” definiert. Um diese weite Haftung für das Verhalten der Mitarbeiter zu vermeiden, sollten Tarife gewählt werden, die nur den Apothekeninhaber selbst als „Repräsentant” definieren.
Schutz bei Stromausfall und Rezeptverlust?
Zeitwertvorbehalt
Regelmäßig gilt die Überschrift „Neuwertentschädigung“. Im Kleingedruckten verbirgt sich aber allzu oft der Hinweis, dass Gegenstände, deren Zeitwert noch maximal 40 Prozent des Neuwertes beträgt, auch nur zum Zeitwert ersetzt werden.
Dieser Zeitwertvorbehalt kann, für Gegenstände, die sich im Gebrauch befinden, ab bedungen werden. In der Werbung wird dies „Goldene Regel“ genannt.
Vor allem in Apotheken mit einem älteren Generalalphabet macht dieser Unterschied im Schadensfall viele Tausend Euro aus.
Medikamente im Kühlschrank
Der Inhalt des Medikamentenkühlschranks ist häufig nur gegen den Ausfall der öffentlichen Stromversorgung versichert – und dann auch nur bis zu einer Höhe von 5.000 Euro. Gute Klauseln hingegen bieten durchaus Entschädigungen bis zu 50.000 Euro und decken zusätzliche Schadensursachen ab. Es sollte darauf geachtet werden, ob „Kühlschränke” generell oder nur „Medikamentenkühlschränke nach DIN 58345“ versichert sind. Ordnungsgemäßer Betrieb und die vom Hersteller vorgeschriebenen Wartungen werden gewöhnlich vorausgesetzt.
Rezeptverlust
Rezepte werden bisweilen gestohlen oder kommen abhanden. Da der Wert des Papieres gering ist, wird hierfür eine besondere Position in den Versicherungsbedingungen benötigt.
Dazu ist zu klären, ab welchem Zeitpunkt die Rezepte von der Rezeptabrechnungsstelle versichert sind, wie hoch der Wert Ihrer Rezepte sein kann und welche Verwahrung der Versicherer vorschreibt.
Schleuse/ Außenversicherung
Versichert sind die beschriebenen Sachen am Versicherungsort. Für sich vorübergehend außerhalb des Versicherungsortes befindliche Sachen gilt üblicherweise Versicherungsschutz bis zu drei Monaten.
Wer Medikamente auf eigenes Risiko für längere Zeiträume bei Pflegediensten oder in Kliniken bevorratet, kann diese Dauer verlängern. Es kann auch ein außerhalb des Versicherungsortes liegender Medikamentencontainer oder eine Schleuse gesondert in der Police benannt werden.
Elektronik und Betriebsunterbrechung
Unbenannte Gefahren
Herkömmliche Tarife versichern nach dem Grundsatz, dass nur versichert ist, was in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich genannt und nicht über Ausschlüsse wieder eingeschränkt wird.
Mit dem Einschluss von unbenannten Gefahren kann jedoch im Kontrast dazu alles versichert werden, was nicht explizit ausgeschlossen ist. Solch eine offene Regelung kann den Versicherungsschutz beträchtlich erweitern und potenzielles Streitpotenzial mit dem Versicherer verringern. Zudem können so auch neue, sich erst zukünftig am Markt entwickelnde Risiken (etwa durch technologische Neuerungen) erfasst werden.
Elektronik
Eine Elektronikversicherung gilt üblicherweise für Büro- und Kommunikationselektronik. Der Kommissionierer oder die elektrische Tür sind weder das eine noch das andere.
Diese müssen daher dann im Versicherungsschein gesondert benannt werden. Noch einfacher ist es, wenn das der Elektronikversicherung eigene Prinzip der „Allgefahrendeckung“, auf das gesamte Inventar ausgedehnt wird.
Unterversicherungsverzicht
Grundsätzlich muss die Versicherungssumme am Schadentag dem Neuwert der Einrichtung und der Waren entsprechen. Ist die Versicherungssumme kleiner, wird der Schaden nur im gleichen gekürzten Verhältnis erstattet.
So bedingt die Festlegung der Versicherungssumme scharfe Sinne. Wer kann den Neuwert eines Tresens einschätzen, den er vielleicht vor 10 Jahren zusammen mit der Apotheke erworben hat? Wenn Anschaffungsbelege fehlen, muss eventuell sogar ein externer Schätzer hinzugezogen werden. Zudem unterliegt auch der Wert des Warenlagers Schwankungen.
Kürzungen im Schadensfall und aufwendige Wertermittlungen des Gesamtbestandes lassen sich durch einen Verzicht auf Unterversicherung vermeiden.
Der Unterversicherungsverzicht kann dabei nach Parametern wie der Anzahl der Mitarbeiter oder dem Jahresumsatz festgesetzt werden.
Betriebsunterbrechung
Die Betriebsunterbrechungsversicherung sichert die Umsatzeinbußen durch eine schadensbedingte Unterbrechung oder Beeinträchtigung des Apothekenbetriebs ab. Sie kann mit der Inventarversicherung verbunden oder separat als eigenständige Police abgeschlossen werden.
Wer ein Sterillabor besitzt, hat es bei einer schadensbedingten Betriebsunterbrechung mit deutlich höheren Ausfällen und längeren Betriebsunterbrechungen zu tun als gewöhnlich.
Daher muss in solchen Konstellationen eine eigenständige Police mit erhöhter Deckungssumme erwogen werden.
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