Alles individuell oder was?

31.03.2017, 09:10 Uhr

Schöne neue Welt? Big Data und personalisierte Medizin versprechen Gesundheit. (Foto: @nt / Fotolia)

Schöne neue Welt? Big Data und personalisierte Medizin versprechen Gesundheit. (Foto: @nt / Fotolia)


Ein Blick in die Gene verrät, welches Arzneimittel für den Patienten die beste Wirksamkeit und Verträglichkeit bietet. Diese Idee steckt hinter der „stratifizierten Medizin“ - aber ist ein Nutzen auch tatsächlich nachgewiesen?

Vordergründig hört sich der Gedanke durchaus plausibel an: Wenn genetische Varianten einen Einfluss auf die Wirksamkeit und Verstoffwechselung von Arzneimitteln haben, dann müsste es mit Hilfe genetischer Analysen doch möglich sein, für jeden Patienten das Ansprechen und die Verträglichkeit vorherzusagen und bei Bedarf auf alternative Mittel auszuweichen. 

Das verspricht zumindest die „personalisierte“ oder „individualisierte“ Medizin, neuerdings auch etwas weniger euphorisch als „stratifizierte“ Medizin bezeichnet. In den USA wird dieses Konzept unter dem Namen „precision medicine“ gefeiert. Alle diese Namen suggerieren einen hohen Nutzen entsprechender genetischer Tests für den Patienten. Besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen („precision oncology“) werden entsprechende diagnostische Maßnahmen gehypt. Aber inzwischen sind pharmakogenetische Tests auch in der Apotheke angekommen: So werden beispielsweise Untersuchungen zum Ansprechen oder zur Verträglichkeit von Statinen, Antidepressiva, Clopidogrel oder Tamoxifen angeboten. Aber wie steht es um die Evidenz solcher Tests?

Durchbruch und Wirrungen

Tatsächlich gibt es in der Onkologie einige Beispiele, bei denen der Nutzen entsprechender Biomarker-Tests in methodisch sauberen Studien nachgewiesen wurde: Das gilt etwa für den Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib, der gezielt für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie und dem Nachweis eines so genannten „Philadelphia-Chromosoms“ entwickelt wurde. Bei diesem Wirkstoff konnten Forscher auf der Basis von molekularen Wirkungsmechanismen tatsächlich eine wirksame Therapie für eine Untergruppe von Patienten finden. 

Bei anderen Onkologika dagegen haben mechanistische Überlegungen in die Irre geführt: So dachten Wissenschaftler ursprünglich, dass die Ausprägung des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) auf den Tumorzellen bei einem metastasierten Kolonkarzinom ein wichtiger Biomarker für das Ansprechen auf den monoklonalen Antikörper Cetuximab sei. Entsprechende Studien verliefen aber enttäuschend. Erst später stellte sich heraus, das in Wirklichkeit der Mutationsstatus des so genannten KRAS-Gens eine Vorhersage für den Nutzen der Therapie erlaubt. 



Iris Hinneburg, freie Medizinjournalistin und Pharmazeutin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Einseitig

von Dr Schweikert-Wehner am 31.03.2017 um 15:32 Uhr

Leider ein sehr einseitiger Artikel, der die Erfolge in der Genanalyse ausser acht lässt.
Pharmakologische Aspekte lassen sich sehr wohl in die Praxis übertragen, es sei denn sie sind noch nicht ausreichend erforscht. Beispiel: Wenn eine Pharmcokinetische Interaktion evident ist, dann findet man auch immer eine Änderung in den Blutspiegel und je nach therapeutischer Breite auch in Studien.

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