Reproduktionsmedizin

Mehr Herzprobleme nach missglückter Kinderwunsch-Behandlung

Berlin - 14.04.2017, 11:00 Uhr

Einer künstlichen Befruchtung geht eine Hormonbehandlung voraus, diese belastet offenbar das Herz-Kreislaufsystem, in besondere dann, wenn Fruchtbarkeits-Behandlung scheitert. (Foto: Cigdem / Fotolia)

Einer künstlichen Befruchtung geht eine Hormonbehandlung voraus, diese belastet offenbar das Herz-Kreislaufsystem, in besondere dann, wenn Fruchtbarkeits-Behandlung scheitert. (Foto: Cigdem / Fotolia)


In einer kürzlich in der kanadischen Fachzeitschrift Canadian Medical Association Journal (CMAJ) veröffentlichten Studie hatten Frauen nach dem Scheitern einer Fruchtbarkeits-Behandlung ein signifikant erhöhtes Risiko unter anderem für Herzversagen und Schlaganfall.

Die bevölkerungsbasierte Kohortenstudie INFERTILE (Notable Failed Endeavours at Reproductive Treatment and Ischemic Long-term Events study) hatte 28 442 Frauen unter 50 Jahren beobachtet, die im Zeitraum April 1993 bis März 2011 in der kanadischen Provinz Ontario wegen erfolglosem Kinderwunsch behandelt worden waren. Die Nachbeobachtungszeit dauerte bis März 2015. Geklärt werden sollte unter anderem, ob eine fehlgeschlagene Therapie in den Folgejahren mit kardiovaskulären Nebenwirkungen assoziiert ist. Primärer Endpunkt war daher die Behandlung wegen einer nicht tödlichen koronaren Ischämie, eines akuten Schlaganfalls, einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA), eines Herzversagens oder einer Thromboembolie.

Signifikant mehr kardiovaskuläre Nebenwirkungen bei Therapieversagen

Im Mittel hatten sich die Frauen drei Fertilitätsbehandlungen unterzogen. Innerhalb eines Jahres nach dem letzten hormonellen Behandlungszyklus mit Gonadotropinen gebaren 32,9 Prozent von ihnen ein Kind. Im Nachbeobachtungszeitraum von 8,4 Jahren wurden 2 686 kardiovaskuläre Ereignisse beobachtet. Die jährliche Event-Rate war bei den kinderlos gebliebenen Frauen signifikant um 19 Prozent höher als bei den Müttern (1,08 vs. 0,91 pro 100 Patientenjahre, p < 0,001). Besonders groß waren die Unterschiede zwischen beiden Gruppen bei Herzversagen (352 vs. 132 Ereignisse), bei zerebrovaskulären Erkrankungen (513 vs. 182 Ereignisse) und Schlaganfall bzw. TIA (468 vs. 156 Ereignisse).

Differenzierte Analysen ergaben zusätzlich, dass Frauen, deren Behandlung erfolglos blieb, meist älter, sozial schlechter gestellt und Raucherinnen waren. Sie litten außerdem häufiger unter Hypercholesterinämie, Asthma, Depressionen und Neoplasien. Der Anteil von Frauen mit Diabetes und Bluthochdruck war dagegen in der Gruppe der Mütter höher. 

Verschiedene Ursachen werden diskutiert

Die möglichen Ursachen für diese Zusammenhänge sind vielfältig. Ein postulierter Mechanismus ist die Erhöhung der Gefäßpermeabilität und die direkte Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems infolge der ovariellen Hyperstimulation. Dies wirkt sich unter anderem auf den Salzhaushalt und den Blutdruck aus. Eine weitere Hypothese der Autoren bewertet das Versagen einer Fertilitätsbehandlung als Risikomarker für eine spätere kardiovaskuläre Erkrankung, da die Hormongaben in gewisser Weise einen „kardiometablischen Stresstest“ darstellen. Dieser Zusammenhang müsste jedoch noch in weiterführenden Studien untersucht werden.

Bereits jetzt, so die Empfehlung der Autoren, sollten Frauen nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung stärker in Hinblick auf kardiovaskuläre Folgeerkrankungen überwacht werden.

Quelle: Udell JA et al. Failure of fertility therapy and subsequent adverse cardiovascular events. CMAJ 2017 189:E391-97, doi: 10.1503/cmaj.160744



Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.