Bayern

Das Glaubensbekenntnis für die Apotheke vor Ort

Würzburg - 06.05.2017, 11:00 Uhr

Apotheken unbedingt erhalten: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) setzt sich weiterhin für das Rx-Versandverbot ein. (Foto: dpa)

Apotheken unbedingt erhalten: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) setzt sich weiterhin für das Rx-Versandverbot ein. (Foto: dpa)


Ginge es nach Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und Linken-Gesundheitsexperte Harald Weinberg, wären alle Wünsche der Apotheker erfüllt. Am gestrigen Freitag hielten beide Politiker bei der Eröffnung des Bayerischen Apothekertags Brandreden für die Apotheke vor Ort. Insbesondere Huml betonte erneut, dass sie gegen den Versandhandel und für diverse Honorar-Erhöhungen der Apotheker ist.

In den vergangenen Monaten nach dem EuGH-Urteil konnten sich die Apotheker auf Unterstützung aus zwei Lagern verlassen: Union (CDU und CSU) und die Linke. Bei der Eröffnung des Bayerischen Apothekertages in Würzburg unterstrich insbesondere Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), dass der Freistaat auch in der nächsten Legislaturperiode alles daran setzen werde, die inhabergeführte Apotheke vor Ort zu unterstützen.

Huml ging insbesondere mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hart ins Gericht. Die CSU-Politikerin sagte: „Ich würde mir manchmal wünschen, der EuGH kümmert sich um vieles. Aber bitte lasst doch unsere Apotheker ihre Arbeit machen.“ Huml sagte weiterhin, dass sie den Apotheker „aus Fleisch und Blut“ in seiner Apotheke lieber habe als jede Online-Apotheke. Insbesondere für ältere Menschen spielten die Apotheken eine unerlässliche Rolle in der Daseinsfürsorge.

Die Versandapotheken griff Huml ebenso heftig an. DocMorris und Co. würden sich beim Verkauf hochpreisiger Rx-Arzneimittel und bei der Chroniker-Versorgung die „Rosinen herauspicken“, wobei wichtige Versorgungs-Dienstleistungen wie Nacht- und Notdienste nur von Apothekern geleistet würden. „Deswegen habe ich mich auch im Bundesrat für ein RX-Versandverbot eingesetzt.“ Huml erinnerte daran, dass Bayern erst kürzlich in der Länderkammer einen Antrag gegen den Rx-Versand eingebracht hatte, den die Länder mit einer Mehrheit beschlossen hatten.

Weiterhin sagte die Ministerin, dass die Rx-Preisbindung die „Existenzgrundlage der Landapotheken“ sei und dass es daher keine Alternative zum Versandverbot gebe. Auch in der nächsten Legislaturperiode werde sich der Freistaat dafür einsetzen, versprach die Ministerin. Doch damit noch nicht genug. Wie schon im vergangenen Jahr ging Huml auf alle aktuellen politischen Forderungen der Apotheker ein. Sie forderte eine dynamische und regelmäßige Anpassung des Fixhonorars, sie begrüßte die neuen Zuschläge für Rezepturen und die BtM-Abgabe. Und sie freute sich darüber, dass Krankenkassen bei Impfstoffen und Zytostatika keine Ausschreibungen mehr durchführen dürfen.

Huml will Hersteller zurück nach Europa holen

Eine interessante Forderung stellte die CSU-Ministerin auch zum Thema Lieferengpässe in den Raum. Aus CSU-Sicht sind die Lieferengpässe der zunehmenden Marktkonzentration im Hersteller-Markt geschuldet. „Ein Ausfall einer Produktionsstätte hat daher schon massive Konsequenzen für unsere Versorgung“, sagte Huml. Ihr Lösungsvorschlag: „Wir müssen die Produktion nach Deutschland und Europa zurückholen. Es muss finanzielle Anreize geben, wenn sich Firmen dafür entscheiden, in Deutschland und Europa herzustellen.“ Völlig zu Recht stellte Apothekerkammer-Präsident Thomas Benkert danach fest: „Das war eigentlich keine Rede, sondern ein Glaubensbekenntnis. Vielen Dank, Frau Ministerin“.

SPD-Politikerin Dittmar ist weiterhin gegen das Rx-Versandverbot

Bei der nachfolgenden politischen Diskussionsrunde stellte Linken-Politiker Harald Weinberg ähnliche Forderungen auf. Auf die Frage, was die Linken als Erstes ändern würden, wenn sie im Bund an der Macht wären, antwortete der Bundestagsabgeordnete der Linken: „Wir würden als Erstes die Bürgerversicherung einführen, dann den Versandhandel abschaffen und danach die Rabattverträge ebenfalls.“ Die Apotheker applaudierten.

Gegenwind gab es allerdings von der SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar. Es sei eine „Illusion“, jetzt noch an das Rx-Versandverbot zu glauben. Schließlich hätten drei Bundesministerien, mehrere Fachverbände und ihre gesamte Fraktion das Verbot strikt abgelehnt. Erneut warf Dittmar dem Bundesgesundheitsministerium vor, keine Antworten auf „die vielen Lücken“ im Referentenentwurf erbracht zu haben. „Wir haben das Ministerium mehrfach darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagenen Regelungen zum Botendienst und das Rx-Versandverbot mit Blick auf die Spezialversender erhebliche Probleme mit sich bringen. Geändert hat das BMG seinen Entwurf allerdings nicht.“

Benkert und Hubmann kritisieren Dittmar

Die Apotheker Kammerpräsident Thomas Benkert und der bayrische Verbandschef Hans-Peter Hubmann hielten sofort dagegen, dass man eine Regelung vorgeschlagen habe, nach der auch die Kunden der Spezialversender künftig durch Apotheken versorgt werden könnten. Doch die SPD-Politikerin blieb dabei: „Das Rx-Versandverbot ist und war mit uns nicht zu machen.“ Gleichzeitig gestand Dittmar ein, dass sie auf die Leistungen der Apotheke vor Ort „niemals verzichten“ wolle. Als Ärztin wisse sie, wie wertvoll die Pharmazeuten für Patienten seien. „Ich habe als Ärztin auch nie einem Patienten empfohlen, beim Versandhandel zu bestellen“, erklärte Dittmar.

Ginge es nach ihren Wünschen, so würde das Apothekenhonorar daher grundsätzlich überarbeitet. Die Pharmazeuten sollten ganz neue Honorar-Bestandteile erhalten, wie etwa für die Arzneimittel-Beratung und das Medikationsmanagement. Dittmar forderte explizit: „Das Arzneimittelberatungsmodell ARMIN muss in die Regelversorgung überführt werden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Bekenntnis, das kennen wir schon

von Alfons Neumann am 08.05.2017 um 4:01 Uhr

alle Parteien tönen unisono, wie wichtig die Apotheke vor Ort ist - nur entspricht das nicht der gelebten Realität !
CDU/CSU folgen auch nicht so einfach Gröhes´ Position, Schäuble bspw. torpediert wg. den Konzernen...
FDP hat klargemacht, was sie will, und wg. AMNOG eh tot - aktuelle Parteitags-Dementi/Rückzieher einfach nur jämmerlich...
SPD und Grüne verarschen uns sowieso komplett...

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Spurenelemente von Souveränität ...

von Christian Timme am 06.05.2017 um 15:34 Uhr

Solange die "Koalition" in Ländern und Bund mit "beliebigen Karten" spielt wird es keine Lösungen geben. Und sollte es doch eine geben, auf die EU ist immer Verlass. Solange fast jeder jedem "reinfurzen" kann und es auch praktiziert, wird sich nichts ändern ... das ist in diesem System auch gar nicht gewollt bzw. gewünscht ... only one way and not your way ...

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Honorar

von Anita Peter am 06.05.2017 um 11:41 Uhr

Man muss das Honorar gar nicht groß auf neue Beine stellen. Man kann JEDE Komponente an Bedingungen knüpfen, die nur Vor Ort Apotheken leisten.
3% Paschaule bekommen nur Apotheken, die auch im Notfall die Bevölkerung ohne Zeitverzug versorgen können.
Von den aktuellen 8,51 bekommen alle ein Basishonorar bzw. eine Distributionspauschale von 2 Euro. Die restlichen 6,51 bekommen nur Apotheken, die den Kontrahierungszwang erfülllen, Nacht- und Notdienst leisten und das komplette Spektrum, inkl. BTM und Rezepturen etc... anbieten.
Von den 2 Euro müssen die Versender natüclich auch den Kassenabschlag abführen. Auf den Rest können Sie dann Boni geben soviel sie wollen.

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