Interview mit Aufsichtsratsvorsitzenden

AOK will Preiswettbewerb nur für Apotheker

Berlin - 30.05.2017, 13:30 Uhr

Wettbewerb nur im Apothekenmarkt: Während der AOK-Bundesverband im Apothekenmarkt eine weitgehende Öffnung beim Preisrecht fordert, soll es laut den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbandes im Kassensystem keine Rosinenpickerei geben. (Foto: Sket)

Wettbewerb nur im Apothekenmarkt: Während der AOK-Bundesverband im Apothekenmarkt eine weitgehende Öffnung beim Preisrecht fordert, soll es laut den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbandes im Kassensystem keine Rosinenpickerei geben. (Foto: Sket)


Rosinenpickerei nur bei Apothekern

Schössers Amtskollege Volker Hansen ist hauptberuflich bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) tätig. Aus Hansens Sicht hatte Gröhe in den vergangenen vier Jahren schlichtweg „Glück“. „Herr Gröhe und die Koalition hatten einfach auch viel Glück. Das Glück, dass wir einen Überschuss im Gesundheitsfonds und eine boomende Wirtschaft haben. Gerade gab es die neuen Zahlen vom Arbeitsmarkt. Mehr als 44 Millionen Bundesbürger sind derzeit in Lohn und Brot. Das ist Rekord. Die Konjunktur brummt und die Löhne steigen. Das spült Geld in die Sozialkassen. Insofern ist Herr Gröhe ein Glücksvogel.“

Hansen kritisiert weiter, dass Gröhe nichts für die Zukunftssicherheit und „Demografiefestigkeit“ in der GKV getan habe. Gleiches gelte für die Pflegeversicherung. Auch die „Lex KBV“, mit der Gröhe auf den Personal- und Führungsskandal in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) reagiert hat, sehen die AOK-Chefs kritisch. Die Koalition habe das Thema „schlichtweg schleifen lassen“. Für die nächste Legislaturperiode wünschen sich Schösser und Hansen daher, dass die Selbstverwaltung gestärkt und die Kranken- und Pflegeversicherung demografie- und zukunftsfest gemacht werden. Außerdem soll die Digitalisierung eine „bessere Beratung und Versorgung“ für Patienten mit sich bringen, sagte Schösser.

Konkrete Forderungen zum Apothekenmarkt haben die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden nicht. Der AOK-Bundesverband hatte sich nach dem EuGH-Urteil jedoch mehrfach dafür ausgesprochen, die Rx-Preisbindung zu kippen und Selektivverträge zwischen einzelnen Krankenkassen und (Versand-)Apotheken zuzulassen.

Während sich die AOK im Apothekenmarkt mehr Wettbewerb wünscht, wollen sie im Krankenkassen-System selbst einen ausufernden Preiswettbewerb verhindern. Mit Blick auf die Ungerechtigkeits-Debatte, die derzeit rund um die Krankenkassen-Finanzierung geführt wird, sagte Schösser wörtlich: „Der immer wieder laut werdende Ruf nach mehr Wettbewerb in der Krankenversicherung hat Grenzen: Welcher Wettbewerb soll in der Krankenversicherung ausgetragen werden? Beitragswettbewerb mit großen Risiken für die Versorgung? Oder ein Wettbewerb um qualitativ hochwertige Versorgung? Die AOK steht für Versorgungswettbewerb – ohne jede Art der Rosinenpickerei um Versicherte mit geringem Krankheitsrisiko.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


4 Kommentare

Nicht mit Zweierlei Maß nehmen!!

von Apothekerin am 31.05.2017 um 10:58 Uhr

Ich greife folgendes Zitat des AOK-Vertreters auf: „Der immer wieder laut werdende Ruf nach mehr Wettbewerb in der Krankenversicherung hat Grenzen: Welcher Wettbewerb soll in der Krankenversicherung ausgetragen werden? Beitragswettbewerb mit großen Risiken für die Versorgung? Oder ein Wettbewerb um qualitativ hochwertige Versorgung?"" Das ist sehr gut formuliert!! Es sollte allerdings bedacht werden, dass Selbiges genau so für den Preiswettbewerb zwischen Apotheken gilt. Die negativen Auswirkungen auf eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten lässt sich schon länger feststellen. Hier sollte die AOK offener in ihrer Denkweise werden, da in unserem komplexen Gesundheitssystem alle "Parteien" Hand in Hand arbeiten müssen, um der Versorgung der Patienten gerecht zu werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die Vor-Ort-Apotheke als Notnagel?

von Peter Bauer am 31.05.2017 um 9:19 Uhr

Durch Selektivverträge mit Versandapotheken und deren Bewerbung durch die Krankenkassen würde das jetzige
Arzneimittelversorgungssystem innerhalb kürzester Zeit nicht mehr existent sein.Das weiss auch die GKV.Wenn ich mir das Hilfsmittelsystem anschaue,dann kann man gut erkennen ,dass es für die GKV-Versicherten mancherorts mittlerweile aufwendig ist, eine Versorgung zu erhalten,weil Apotheken keine Veträge mehr abgeschlossen haben.Im Falle der Hilfsmittelversorgung machen dennoch viele Apotheken mit ,aus Angst Kunden zu verlieren und nicht weil sie Geld damit verdienen.Wenn aber in der Arzneimittelversorgung die Kunden wegfallen,fallen auch die Leistungserbringer weg- innerhalb kürzester Zeit.Finanztechnisch ist in vielen Apotheken kein Spielraum für solche Experimente.Mittlerweile ist alles auf Kante genäht.Dann müßte in vielen Gegenden die GKV mit ihren Versandapotheken wohl die Versorgung selbst gewährleisten.Natürlich müßte dazu auch die Gesetzgebung gelockert(!!!!) und geändert werdenIch glaube nicht,dass diese Lösung preiswerter und besser sein wird.Das würde die GKV dann nicht zugeben ,aber sich mit Sicherheit wegen der eigenen Dummheit sprichwörtlich in den eigenen Allerwertesten beißen.Wie gesagt,ich denke die Damen und Herren der GKV mögen vieles sein ,aber ich glaube nicht blöd.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Krankenversicherung

von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:09 Uhr

Ich bin gerne bereit mich als angestellter Apotheker bei einer ausländischen Krankenversicherung zu versichern und dies wenn nötig vor Gericht zu erstreiten, wenn mich denn ein Apothekerverband dabei unterstützt. In der EU sollte es doch eine Versicherungsfreiheit geben, oder?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Krankenversicherung

von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:06 Uhr

Wie wäre es denn mal mit einer Klage um sich als angestellter Apotheker bei einer Krankenversicherung im Ausland versichern zu lassen. Wenn mich ein Apothekerverband unterstützt, bin ich gerne bereit den Stein ins Rollen zu bringen. In der EU sollte es doch möglich sein sich grenzübergreifend zu versichern, wenn weder Politik noch die GKV eine Gefahr bei grenzübergreifenden Dienstleistungen sieht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.