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Interview mit Aufsichtsratsvorsitzenden
AOK will Preiswettbewerb nur für Apotheker
In einem Interview haben die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Fritz Schösser und Volker Hansen, Kritik an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geübt. Der CDU-Politiker habe im Gegensatz zu einem seiner Vorgänger, Philipp Rösler (FDP), keinen großen „Zukunftsschlag“ gebracht. Und: Während der Kassenverband die Rx-Preisbindung im Apothekenmarkt aufheben will, soll es unter den Kassen keinen Preiswettbewerb und keine Rosinenpickerei geben.
Glaubt man den derzeitigen Meinungsumfragen zur Bundestagswahl, könnten CDU und FDP auf Bundesebene eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition starten. Wer würde in einem solchen Fall das Bundesgesundheitsministerium (BMG) übernehmen? Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat bereits angekündigt, dass er im Falle einer Wiederwahl sehr gerne im Amt bleiben würde.
Sollte es wirklich zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, würde der AOK-Bundesverband wohl lieber die FDP im Bundesgesundheitsministerium sehen. Denn in einem Interview mit dem vom Bundesverband herausgegebenen Gesundheits-Magazin „Gesundheit und Gesellschaft“ (G+G) erteilen die beiden Aufsichtsrats-Chefs des Kassenverbandes, Volker Hansen und Fritz Schösser, Gröhe kein gutes Zeugnis für seine Zeit im BMG.
Mit Blick auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, den die Große Koalition in dieser Legislaturperiode etabliert hatte, sagte Schösser, der bis 2015 auch Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Bayern war, in dem Interview: „Hermann Gröhe ist fleißig gewesen, keine Frage. Aber der große Zukunftsschlag fehlt – sieht man einmal vom neuen Pflegebegriff ab.“ Dieser „Zukunftsschlag“ sei FDP-Politiker Philipp Rösler in seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister hingegen gelungen.
Schösser weiter: „Philipp Rösler hat 2011, um ein Beispiel zu nennen, mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz – dem AMNOG – einen Meilenstein in der gesetzlichen Krankenversicherung gesetzt, was den Kosten-Nutzen-Vergleich neuer Medikamente betrifft. Das war ein epochaler Schritt, um die Pharmakosten zu begrenzen. Die Kassen sahen sich erstmals in die Lage versetzt, der Pharmaindustrie als Verhandlungspartner gegenüberzutreten, um Mondpreise zu erden. Eine solche Großtat hat es unter Gröhe im Krankenversicherungsbereich nicht gegeben. Im Gegenteil: Einige dieser mutigen Reformen wurden wieder aufgeweicht.“
Rosinenpickerei nur bei Apothekern
Schössers Amtskollege Volker Hansen ist hauptberuflich bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) tätig. Aus Hansens Sicht hatte Gröhe in den vergangenen vier Jahren schlichtweg „Glück“. „Herr Gröhe und die Koalition hatten einfach auch viel Glück. Das Glück, dass wir einen Überschuss im Gesundheitsfonds und eine boomende Wirtschaft haben. Gerade gab es die neuen Zahlen vom Arbeitsmarkt. Mehr als 44 Millionen Bundesbürger sind derzeit in Lohn und Brot. Das ist Rekord. Die Konjunktur brummt und die Löhne steigen. Das spült Geld in die Sozialkassen. Insofern ist Herr Gröhe ein Glücksvogel.“
Hansen kritisiert weiter, dass Gröhe nichts für die Zukunftssicherheit und „Demografiefestigkeit“ in der GKV getan habe. Gleiches gelte für die Pflegeversicherung. Auch die „Lex KBV“, mit der Gröhe auf den Personal- und Führungsskandal in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) reagiert hat, sehen die AOK-Chefs kritisch. Die Koalition habe das Thema „schlichtweg schleifen lassen“. Für die nächste Legislaturperiode wünschen sich Schösser und Hansen daher, dass die Selbstverwaltung gestärkt und die Kranken- und Pflegeversicherung demografie- und zukunftsfest gemacht werden. Außerdem soll die Digitalisierung eine „bessere Beratung und Versorgung“ für Patienten mit sich bringen, sagte Schösser.
Konkrete Forderungen zum Apothekenmarkt haben die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden nicht. Der AOK-Bundesverband hatte sich nach dem EuGH-Urteil jedoch mehrfach dafür ausgesprochen, die Rx-Preisbindung zu kippen und Selektivverträge zwischen einzelnen Krankenkassen und (Versand-)Apotheken zuzulassen.
Während sich die AOK im Apothekenmarkt mehr Wettbewerb wünscht, wollen sie im Krankenkassen-System selbst einen ausufernden Preiswettbewerb verhindern. Mit Blick auf die Ungerechtigkeits-Debatte, die derzeit rund um die Krankenkassen-Finanzierung geführt wird, sagte Schösser wörtlich: „Der immer wieder laut werdende Ruf nach mehr Wettbewerb in der Krankenversicherung hat Grenzen: Welcher Wettbewerb soll in der Krankenversicherung ausgetragen werden? Beitragswettbewerb mit großen Risiken für die Versorgung? Oder ein Wettbewerb um qualitativ hochwertige Versorgung? Die AOK steht für Versorgungswettbewerb – ohne jede Art der Rosinenpickerei um Versicherte mit geringem Krankheitsrisiko.“
4 Kommentare
Nicht mit Zweierlei Maß nehmen!!
von Apothekerin am 31.05.2017 um 10:58 Uhr
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Die Vor-Ort-Apotheke als Notnagel?
von Peter Bauer am 31.05.2017 um 9:19 Uhr
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Krankenversicherung
von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:09 Uhr
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Krankenversicherung
von Thomas Metze am 30.05.2017 um 19:06 Uhr
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