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Abrechnungsbetrug
Justizminister wollen keine Sonderermittler für Korruption im Gesundheitswesen
Wie soll der Staat auf Pflegebetrug oder andere Formen der Korruption im Gesundheitswesen reagieren? Während Bundespolitiker und Patientenschützer Schwerpunktsstaatsanwaltschaften fordern, lehnen nach Informationen von DAZ.online die deutschen Landesjustizminister sie ab: Eine flächendeckende Einführung sei „nicht zielführend“.
Nicht nur aufgrund der im vergangenen Jahr eingeführten Strafbarkeit von Korruption im Gesundheitswesen, sondern auch in Folge von Pflegebetrug oder Fällen von Abrechnungsbetrug mit Luftrezepten haben Politiker wie auch Patientenschützer die Einrichtung spezieller Staatsanwaltschaften gefordert. Diese sollen durch eine Konzentration auf Betrugsfälle im Gesundheitswesen – wie auch durch verstärkte Ressourcen – gezielter ermitteln können und für größere Bereiche zuständig sein, als dies normalen Staatsanwaltschaften möglich ist.
„Das Gesundheitssystem darf kein Selbstbedienungsladen für Kriminelle sein“, erklärte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, gegenüber der „Welt“. „Deshalb brauchen wir in allen Bundesländern zentrale Ermittlungsgruppen der Polizei sowie Schwerpunktstaatsanwaltschaften.“ Auch SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sieht dies ähnlich, wie er im Mai nach Bekanntwerden neuer Fälle erklärte. Schwerpunktermittlungsdienste und Schwerpunktstaatsanwaltschaften seien nötig, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“.
Dabei blieb bislang offenbar unbekannt, dass die deutschen Landesjustizminister sich schon Ende letzten Jahres gegen die Einführung von Schwerpunktsstaatsanwaltschaften ausgesprochen hatten: Sie hatten das Thema aufgrund einer Bitte der Gesundheitsministerkonferenz auf die Tagesordnung genommen. Zwar müssten Pflegebedürftige wie auch die Angehörigen und das gesamte Sozialsystem vor „betrügerischen Machenschaften“ geschützt werden, heißt es in dem Antwortschreiben der Justizminister, das DAZ.online vorliegt. Doch die Einführung von speziellen Staatsanwaltschaften sei „nicht zielführend“.
Die Länder wollen lieber selber entscheiden
Die Frage der Zuständigkeitskonzentration hänge entscheidend von den individuellen Gegebenheiten und Strukturen im jeweiligen Land ab, erklärt auf Nachfrage der Sprecher des rheinland-pfälzischen Justizministeriums, das in diesem Jahr den Vorsitz in der Justizministerkonferenz führt. Abrechnungsbetrug stelle häufig eine Form der organisierten Wirtschaftskriminalität dar, für welche Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Korruptionsdelikte oder Wirtschaftsstrafsachen zur Verfügung stünden. „Diese etablierten Strukturen könnten bei einer Neustrukturierung der Ermittlungstätigkeit nicht mehr in gleicher Weise genutzt werden“, argumentieren die Justizminister.
In Rheinland-Pfalz bestünden derzeit keine Überlegungen, Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Abrechnungsbetrug einzuführen, erklärt der Pressesprecher des dortigen Justizministeriums. Dabei haben sich die Minister offenbar nicht einmal intensiv zu dem Thema ausgetauscht. „Ob und in welchen Ländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften bestehen, ist hier – mit Ausnahme Bayerns – nicht bekannt“, schreibt der Sprecher nämlich. Im benachbarten Bundesland Hessen nimmt sich beispielsweise die „Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen“ bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main entsprechenden Fällen an.
Gesundheitspolitiker Lauterbach bleibt bei seiner Forderung. „Das Thema Korruption im Gesundheitswesen nimmt an Bedeutung deutlich zu, wie die Zusammenhänge bei der Intensivpflege gezeigt haben“, erklärt er auf Nachfrage. Hier herrschten „mafiaähnliche Strukturen“. „Es ist mehr Geld im Gesundheitswesen im Umlauf, als der Bundeshaushalt umfasst“, betont er. „Daher sind Schwerpunktsstaatsanwaltschaften unbedingt nötig.“
1 Kommentar
Sonderermittler ? Mit welcher Befugnis?
von Heiko Barz am 28.06.2017 um 13:16 Uhr
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