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Bundesgerichtshof
Apotheker müssen bis zum 5. Oktober auf Skonto-Urteil warten
Am heutigen Donnerstag hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe darüber verhandelt, ob Apotheken für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Preisnachlass bekommen dürfen, der über dem variablen Zuschlag des Großhändlers von 3,15 Prozent liegt – und ob Skonti ein Teil dieses Rabatts sind. Nun warten die Parteien auf das Urteil. Das wird es allerdings erst im Oktober geben.
Apotheker und pharmazeutische Großhändler schauten am heutigen Donnerstag gebannt nach Karlsruhe: Es bestand die Möglichkeit, dass der Bundesgerichtshof (BGH) im sogenannten Skonto-Streit zwischen dem Großhändler
AEP und der Wettbewerbszentrale noch am heutigen
Donnerstag entscheidet, ob er der Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg
stattgibt. Dieses hat vor ziemlich genau einem Jahr, am 29. Juni 2016,
entschieden, dass die Preisnachlässe von AEP nicht zulässig sind, die inklusive
der gewährten Skonti über dem variablen Zuschlag des Großhändlers liegen. Nach der Verhandlung vor dem BGH hieß es zunächst, der Senat werde sein Urteil noch heute verkünden – allerdings könne es spät werden. Doch dann ließ die Pressestelle des Gerichts wissen, dass am heutigen Donnerstag lediglich ein gesonderter Verkündungstermin verkündet wird. Und dieser wird am 5. Oktober um 9 Uhr stattfinden. Das heißt: Die Antwort auf die brennenden Skonto-Fragen wird noch eine Weile auf sich warten lassen. Offenbar haben die Richter noch einigen Beratungsbedarf.
AEP-Anwalt: Skonti sind reine Zahlungsmodalität
Der AEP-Anwalt Dr. Reiner Hall trug in der mündlichen Verhandlung noch einmal vor, warum seiner Meinung nach die Preisvorschriften für den pharmazeutischen Großhandel Höchst-, mitnichten aber Mindestpreise vorschreiben: Schon der Wortlaut des § 2 Abs. 1 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) mache deutlich, dass der Großhändler die aufgeführten Zuschläge erheben dürfe, es stehe jedoch nirgends, dass sie erhoben werden müssten: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln […] durch den Großhandel an Apotheken […] darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erhoben werden.“ Da schon der Wortlaut so klar sei, müssten – und dürften – die anderen Instrumente der Auslegung einer Norm (Historie, Ziel usw. der Vorschrift) gar nicht zum Einsatz kommen. Aber selbst wenn ein Mindestpreis vorläge, stellt Hall infrage, dass dieser die Gewährung eines Skontos ausschlösse. Denn bei den – auch in vielen anderen Branchen und auch im Arzneimittelvertrieb üblichen – Skonti handle es sich um eine reine Zahlungsmodalität.
Hall machte auch auf die konkreten Auswirkungen aufmerksam, falls dem pharmazeutischen Großhandel Skonti untersagt werden sollten. Das Beispiel des „Newcomers“ AEP zeige, wie schwer der Eintritt in diesen oligopolistischen Markt sei. Umso wichtiger sei es, dass AEP durch einen Skonto auf eine sehr kurzfristige Zahlung seine Liquidität erhöhen und die Kapitalbeschaffungskosten senken könne. Im Gegensatz zu den etablierten Wettbewerbern, die einmal monatlich Rechnungen mit 30 Tagen Zahlungsziel stellten, stelle AEP alle zehn Tage seine Rechnungen („Dekadenrechnung“), den Skonto bekämen Apotheken, die anschließend innerhalb von fünf Tagen bezahlen.
Wettbewerbszentrale: Ziel ist die flächendeckende Versorgung
Der Vertreter der Wettbewerbszentrale, Prof. Dr. Christian Rohnke, machte dagegen darauf aufmerksam, dass der Markt der pharmazeutischen Großhandlungen und der Apotheken ein hochregulierter ist – und dass das Ziel dieser Regulierung nicht sei, neuen Wettbewerbern einen leichten Marktzutritt zu gewährleisten, sondern die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung. Und nur vor diesem Hintergrund seien die Regelungen zu betrachten. Ein völlig offener Preiswettbewerb gefährde die flächendeckende Versorgung. Insbesondere hob Rohnke darauf ab, dass es im Verhältnis zwischen Apotheke und Großhändler der Normalfall sei, dass die Preisregelungen individuell vereinbart werden – die Preispolitik von AEP mit gleichen Preisen für alle stelle eine Ausnahme dar. Deswegen brauche es Preisregelungen, um beispielsweise kleine und abgelegene Apotheken zu schützen.
Unterschiedliche Interpretationen der AMPreisV
Auch für Rohnke gibt der Wortlaut der AMPreisV die Auslegung schon vor, denn sie spricht von einem „Festzuschlag“ von 70 Cent. Einen festen Zuschlag könne man aber eben nur ganz oder gar nicht erheben – „eine rabattierte Erhebung eines Festzuschlags ist nicht möglich“, so Rohnke. Er widersprach auch der Behauptung, Skonti seien allgemein üblich: „Wenn ich nachher im Casino des BGH ein Bier bestelle und sofort bezahle, dann erwarte ich auch keinen Skonto.“ Der Gesetzgeber habe sich für eine bestimmte Preisspanne entschieden, weitere Rabatte seien nicht mit dieser Regelung vereinbar: „Der Skonto ist hier nicht zulässig. Wir sind hier eben nicht bei den Handwerkern!“
Wie die Bundesrichter entscheiden werden, ist nach der Verhandlung völlig unklar. Prozessbeobachter waren sich jedoch einig, dass der AEP-Anwalt die überzeugenderen Argumente vorgetragen hat. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken, dass ein Skonti-Verbot – auch angesichts der vielen anderen im Markt üblichen preiswirksamen Leistungen – ein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstelle, blieb der Anwalt der Wettbewerbszentrale eine Antwort schuldig.
Was passiert nach der Entscheidung?
Sollte der BGH die Revision ablehnen, wird das Urteil des OLG Bamberg rechtskräftig und die Konditionen aller pharmazeutischen Großhändler (und wohl auch von Arzneimittelimporteuren und Herstellern im Direktgeschäft) müssten sich an die Höchstgrenze von 3,15 Prozent halten. Andernfalls wird der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung nach Bamberg zurückverwiesen. Dabei müsste das OLG die Feststellungen des BGH berücksichtigen.
1 Kommentar
Beim Bier auch kein Skonti
von Frank ebert am 13.07.2017 um 16:32 Uhr
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