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Baden-Württemberg
Apotheker sprechen mit Grünen-Politikerinnen über Höchstpreise
In der vergangenen Woche hat in der baden-württembergischen Stadt Freiburg ein Treffen zwischen mehreren Apothekern und den Grünen-Bundestagsabgeordneten Kordula Schulz-Asche und Kerstin Andreae stattgefunden. Die Pharmazeuten sahen aufgrund der Positionierung der Grünen nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung Gesprächsbedarf. Immerhin: Die beiden Politikerinnen wollen nun ein Apotheken-Praktikum absolvieren.
In den vergangenen Monaten war die Stimmung zwischen den Grünen und den Apothekern nicht immer gut. Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung stellten die Gesundheitspolitiker auf Bundesebene sehr schnell klar, dass sie gegen ein Rx-Versandverbot waren. Auf regionaler Ebene gab es allerdings andere Töne: Die ehemalige Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens, schlug sich auf die Seite der Apotheker und erklärte, dass man die Versorgung durch die Apotheke vor Ort nicht riskieren dürfe, nur um dem „Zeitgeist“ der Digitalisierung nachzukommen.
Die Arzneimittelexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, ließ sich aber auch davon nicht überzeugen: Im Frühling dieses Jahres brachte sie einen Gesetzesantrag ein, nachdem die Festpreise zu Gunsten einer Höchstpreisverordnung aufgegeben werden sollen. Um die Marktmacht der EU-Versender einzuschränken, will Schulz-Asche eine Boni-Grenze von einem Euro einführen, an die sich alle Marktteilnehmer halten müssen. Immer wieder forderte Schulz-Asche außerdem, dass Apotheker mehr für pharmazeutische Beratungen entlohnt werden sollten und brachte eine mittelfristige Umstrukturierung des Apothekenhonorars ins Spiel. Und: Die Politikerin organisierte ein Treffen, bei dem erstmals seit zwölf Jahren ABDA-Vertreter direkt mit DocMorris-Vertretern konfrontiert waren.
Apotheker wollten Grüne auf Apotheken-Positionen ansprechen
Bei den Apothekern kamen und kommen diese Pläne gar nicht gut an. Die Pharmazeuten weisen auf die wirtschaftliche Schieflage vieler kleiner Apotheken hin, die selbst ein vermeintlich kleiner Bonus in die Knie zwingen könnte. Und so nahmen sich mehrere baden-württembergische Pharmazeuten aus der Region Freiburg ein Herz und kontaktierten Kerstin Andreae, Bundestagsabgeordnete aus Freiburg und stellvertretende Fraktionsvorsitzende bei den Grünen im Bundestag. Die Grünen spielen in Baden-Württemberg eine wichtige Rolle: Sie stellen den Ministerpräsidenten und fahren auch bei den Bundestagswahlen gute Resultate ein. Andreae, die im Bundestag sonst Wirtschafts- und Finanzthemen beackert, bat vor dem Gespräch bei Schulz-Asche um fachkompetente Hilfe. Die Gesundheitsexpertin sagte zu.
Und so trafen sich in Freiburg in der vergangenen Woche sieben Apotheker und neun Grünen-Politikerinnen und diskutierten über den Apothekenmarkt. Eine der Pharmazeutinnen berichtete anschließend, dass eine „gute und nette Atmosphäre“ geherrscht habe. Positiv empfand sie, dass beide Politikerinnen großes Engagement zeigten: „Insbesondere Frau Schulz-Asche war sehr interessiert an der wirtschaftlichen Lage und an den Interessen jedes einzelnen Apothekers und befragte uns ausführlich“, so die Pharmazeutin.
Auch Apothekerin Daniela Klebes, Lehrerin am Berufskolleg für PTA und im Vorstand der LAK BaWü, empfand das Gespräch als sehr angenehm. Frau Schulz-Asche habe sich viel Zeit genommen, berichtete sie. Es gebe, abgesehen von der Reaktion auf das EuGH-Urteil, durchaus Gemeinsamkeiten bei den Forderungen der Apotheker: Die Grünen setzen auf gute Arzneimittelversorgung und fachkompetente Beratung der Bevölkerung durch Apotheker sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Vor allem für Nacht- und Notdienste hält Schulz-Asche die Präsenzapotheke für unverzichtbar. Und beim Thema Medikationsplan hätte sich die Grünen-Politikerin „einen Aufschrei der Apotheker gewünscht“, hier brauche man unbedingt die Kompetenz der Apotheker. Bei der Belieferung von Hilfsmitteln durch Apotheken teilte Schulz-Asche die Einschätzung, dass hier viel zu viel Bürokratie nötig sei, und das sei nicht zum Wohle des Patienten, so Klebes.
Grünen-Politikerinnen hospitieren in Apotheken
Schulz-Asche soll von mehreren Praktika und Besuchen bei Landapothekern berichtet haben. Und so waren die Apotheker auch erfreut, dass die Politikerinnen ihnen zusagten, weitere Praktika zu absolvieren: „Sowohl Frau Andreae als auch Frau Schulz-Asche haben mit einzelnen von uns schon konkrete Termine abgemacht“, berichtete die Apothekerin. Inhaltlich kamen beide Seiten allerdings gar nicht zueinander. Die Teilnehmerin erklärte, dass Schulz-Asche weiterhin für das Höchstpreismodell geworben habe und versucht habe, die Apotheker von der „Harmlosigkeit“ des Ein-Euro-Bonus zu überzeugen. Ihr Kommentar: „Es hat sich eindeutig gezeigt, dass Frau Schulz-Asche ganz einfach nicht weiß, was diese Regelung mit vielen von uns machen würde. Wirtschaftlich sind viele von uns bedroht. Es ist gut, dass sie nochmals hospitieren will, denn man muss ihr wohl doch einiges erklären. Wir können uns diese Boni nicht erlauben!“
Auch Andreae und Schulz-Asche erklärten anschließend, dass sie von ihrer Forderung auch nach dem Treffen nicht abweichen. Andreae sagte gegenüber DAZ.online: „Der Runde Tisch hat deutlich gemacht, dass eigentlich eine große Einigkeit im Ziel besteht: Wir Grüne wissen die unverzichtbaren Dienste, die vor-Ort-Apotheken leisten, sehr zu schätzen und wollen mit aller Kraft verhindern, dass diese einem zunehmenden Preisdumping zum Opfer fallen. Gleichzeitig halten wir aber ein Rx-Versandverbot für verfassungsrechtlich höchst fragwürdig, dieser Vorschlag ist zurecht auch innerhalb der Bundesregierung und Herrn Gröhes Ministeriums sehr umstritten. Als kurzfristige Lösung schlagen wir deshalb eine Begrenzung von Rabatten und Boni vor.“
Andreae will Gipfeltreffen zum Versandhandels-Konflikt
Andreaes Ziel ist es nun, alle Beteiligten nochmals an einen Tisch zu bekommen, um den Versandhandels-Konflikt zu lösen: „Grundsätzlich kann die Antwort aber nur darin bestehen, alle Beteiligten – Apothekerverbände, Krankenkassen, Versandapotheken und Gesundheitsministerium – an einen Tisch zu bringen und gemeinsam eine langfristige und zukunftsfähige Perspektive für die Apothekerinnen und Apotheker zu erarbeiten.“ Obwohl das Gespräch inhaltlich wenig Neuigkeiten gebracht hat, bereut sie es keineswegs, die Apotheker getroffen zu haben: „Am besten ist es immer, man redet miteinander. Als ich merkte, dass sich die Apothekerinnen und Apotheker in meinem Wahlkreis Freiburg große Sorgen über die Folgen des EuGH-Urteils vom 19. Oktober 2016 machen, erschien es mir vernünftig, sie mit der zuständigen Fachpolitikerin meiner Fraktion, Kordula Schulz-Asche zusammenzubringen, und ich bin froh, dass sie sich die Zeit für diesen engagierten Austausch genommen hat.“
Schulz-Asche erklärte gegenüber DAZ.online, dass es auch ihr darum gehe, dass beide Seiten einander verstehen: „Ich freue mich immer wieder mit Apothekerinnen und Apothekern vor Ort in Kontakt zu treten. Der direkte Austausch zeigt, dass es leider immer noch viele Vorurteile unserer Position gegenüber gibt. In so einem Gespräch lässt sich dann aber ganz schnell klar stellen, worin wir alle übereinstimmen: Dass der Heilberuf der Apotheker aufgewertet und ausgeweitet werden muss – denn nur so kann die Versorgung vor Ort nachhaltig sichergestellt und auf hohem Niveau gehalten werden.“
1 Kommentar
Fragestellung
von Anita Peter am 14.07.2017 um 15:06 Uhr
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