Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten

Gerinnungs-Selbstmanagement: Mehr Lebensqualität und sogar mehr Schutz? 

Berlin - 01.08.2017, 16:30 Uhr

Die Gerinnungselbstmessung ähnelt der Blutzuckermessung (Foto: fotoart-wallraf / Fotolia)

Die Gerinnungselbstmessung ähnelt der Blutzuckermessung (Foto: fotoart-wallraf / Fotolia)


Sind die Messgeräte zuverlässig?

Doch sind die mit POC-Koagulometern gemessenen Werte genauso zuverlässig wie die Werte aus dem Labor?  Eine Übersichtsarbeit von 2012 untersuchte sowohl die Genauigkeit als auch die Reproduzierbarkeit der Messwerte verschiedener POC-Koagulometer . Diese schwankten grundsätzlich in Abhängigkeit von verwendetem Gerät und konkreter Studie, doch befanden die Autoren sämtliche untersuchten Geräte, darunter auch die in Deutschland am häufigsten eingesetzten CoaguChek® XS und INRatio® 2, für ausreichend zuverlässig und damit akzeptabel für das Patienten-Selbstmanagement.

Und wie steht es mit der Häufigkeit von Komplikationen aus?  Hierzu sind in den letzten Jahren mehrere Übersichtsarbeiten und ein Cochrane-Review erschienen . Die Autoren kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass das Risiko für thromboembolische Ereignisse durch GSM im Vergleich zur konventionellen Betreuung durch den Arzt auf fast die Hälfte reduziert wird. Dazu passen auch Daten, dass Patienten die ihren Gerinnungsstatus selbst kontrollieren, sich zu über 80 Prozent eines Zeitraums im therapeutisch angestrebten INR-Bereich befinden (Time in therapeutic range, TTR), während die TTR bei ärztlicher Kontrolle teilweise unter 50 Prozent liegt.

Uneinheitlich sind nur die Daten zur Mortalität: Hier konnte nur in einigen Übersichtsarbeiten eine signifikant reduzierte Mortalität durch GSM beobachtet werden, in anderen blieb sie unverändert. Die Häufigkeit von schweren Blutungen wird durch die Art der Kontrolle nicht beeinflusst. Die deutlich niedrigere Komplikationsrate unter GSM im Vergleich zur Labordiagnostik nach Blutentnahme durch den Arzt beruht zum einen darauf, dass der Gerinnungsstatus im GSM. deutlich häufiger bestimmt wird (als Richtgröße gilt einmal wöchentlich). Zum anderen ist bei Patienten, die ihren Gerinnungsstatus selbst kontrollieren, häufig eine höhere Compliance zu beobachten. 

Und die Kosten?

Schließlich steht aus Sicht der Krankenkassen noch die Frage nach den Kosten im Raum. Hierzu finden sich in der Literatur verschiedene Hochrechnungen. Betrachtet man isoliert die Kosten für den Gerinnungshemmer und die INR-Bestimmung, so ist eine INR-Kontrolle durch den Arzt deutlich günstiger als durch den Patienten selbst. Eine aktuelle Übersichtsarbeit berechnete für den englischen Markt die Kosten in zehn Jahren mit durchschnittlich 1269 £ für die Standardversorgung durch den Arzt und 1717 £ für das Patienten-Selbstmanagement [6]. Rechnet man jedoch die Kosten für die Behandlung der auftretenden thromboembolischen Komplikationen mit ein, so kostet der durch den Arzt versorgte Patient 7324 £ und der Patient mit Selbstmanagement 6394 £. Die Zahlen variieren in anderen Hochrechnungen und sind sicher nicht direkt auf Deutschland übertragbar, doch wird deutlich, dass durch das GSM nicht automatisch Mehrkosten für die Krankenkasse entstehen.



Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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