Nicht mehr Apothekenexklusiv

Frei Öl geht fremd

Stuttgart - 15.08.2017, 13:35 Uhr

Frei Öl wird in Zukunft auch im Drogeriemarkt stehen. (Foto: Frei Öl)

Frei Öl wird in Zukunft auch im Drogeriemarkt stehen. (Foto: Frei Öl)


Ein Klassiker der Apothekenkosmetik wird ab September auch in Drogeriemärkten zu haben sein: Frei Öl erweitert seine Vertriebskanäle und gibt somit seine Apothekenexklusivität auf – nach über 50 Jahren. Ein relevanter Teil der Verbraucherinnen könne in der Apotheke nicht mehr abgeholt werden, begründet der Hersteller diesen Schritt. 

Das erste Frei Öl® Produkt kam 1966 auf den Markt. Entwickelt wurde es vom Nürnberger Apotheker Walter Bouhon, dessen Familie in Nürnberg immer noch eine Apotheke betreibt. Mittlerweile ist das Sortiment ein wenig breiter – es gibt beispielsweise ein Figuröl, ein spezielles Massageöl für Schwangere und ein ReinigungsÖl & Maske. Zudem ging zwischenzeitlich mal das „Öl“ im Namen verloren, man firmierte unter „frei“, heute findet sich jedoch wieder der ursprüngliche Name „Frei Öl®“ auf den Packungen.

Doch nun wird die Firma nach über 50 Jahren ihren Wurzeln untreu. Wie das Unternehmen – benannt nach dem Gründer Apotheker Walter Bouhon – mitteilt, werden die Produkte ab September in Drogeriemärkten zu haben sein. „Es wird ein neuer Grundstein zum Wachstum des Unternehmens gelegt“, heißt es. Hintergrund für die Erweiterung der Vertriebskanäle sind laut der Firma Marktforschungsstudien. Aus denen ginge hervor, dass ein relevanter Teil der Verbraucherinnen, die z.B. ölbasierte Pflegeprodukte suchen und kaufen, dies außerhalb der Apotheke tun. Zudem würden Mütter, die in der Schwangerschaft frei Öl® benutzt haben, nach der Geburt ihre eigenen Pflegeprodukte sowie Produkte für die Kinder hauptsächlich im Drogeriemarkt erwerben. Diese Kundinnen könne man nicht mehr in der Apotheke abholen, erklärt das Unternehmen. 

Ziel sind jüngere Kunden

Jüngere Zielgruppen informierten sich zudem vor allem im Internet und kauften online oder suchten dann entsprechende Produkte vor allem im Drogeriemarkt. Alles in allem zeige sich, dass für die Firma interessante Verbraucherinnen Pflegeprodukte außerhalb der Apotheke kaufen. Und diese Zielgruppe wolle Frei Öl® für sich gewinnen, erklärt das Unternehmen. 

Apotheken sollen wichtiger Partner bleiben

Aufgeben will man die Apotheke aber nicht. Die Apotheke soll weiterhin ein wichtiger Partner bleiben, wie die Geschäftsführung betont. Im Zusammenspiel mit einer starken Medienpräsenz sowie einer breiteren Verfügbarkeit erhofft man sich eine Steigerung der Markenbekanntheit. Die könne auch die Umsätze in den Apotheken befördern. Mitbewerber nutzten heute bereits unterschiedliche Plattformen, und die Co-Existenz mehrerer Vertriebskanäle sei nicht nur möglich, sondern könne auch befruchtend sein. Auch die Gefahr, dass den Apotheken Kunden verloren gehen, sehen die Gesellschafter und Enkel des Gründers nicht. „Mit der Aufnahme der Drogeriemärkte als zusätzlichen Vertriebsweg sprechen wir vor allem jüngere Kundinnen an, die ihren Kosmetikbedarf nicht in der Apotheke decken und somit auch nicht von der Apotheke abwandern.“

Fruchteten frühere Maßnahmen nicht?

Bereits in den vergangenen Jahren hatte es immer Maßnahmen gegeben, um stärker am Markt wahrgenommen zu werden. Noch 2013 hatte die Firma eine Offensive in den Apotheken gestartet – ebenfalls um jüngere Zielgruppen zu erreichen. Man hatte damals die Präsenz in den Apotheken erhöhen und Marktanteile zurückgewinnen wollen. Schulungen wurden stark forciert und der Außendienst aufgestockt.

2015 war dann das Sortiment um 40 Prozent gekürzt worden. Die ständige Erweiterung habe zu Kannibalisierungseffekten geführt, heiß es. Die Umsätze waren lange rückläufig und haben sich mittlerweile Medienberichten zufolge bei rund 13 Millionen Euro stabilisiert. 2006 lagen sie noch bei 22 Millionen Euro. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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7 Kommentare

Frei Öl - Auf Nimmerwiedersehen

von Ratatosk am 16.08.2017 um 10:37 Uhr

Ist zwar Schade, aber im Trend, je mehr die Firma abstrafen, desto eher überlegen es sich die anderen. Ist so wie beim Brexit. Wenn der Abfallende keine Nachteile hat, werden es viele nachmachen, einfach Logik

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Kommentar: Not-Aus nach ewigem Rumgeeiere

von Andreas P. Schenkel am 15.08.2017 um 20:04 Uhr

Wie im Artikel beschrieben: Da hat sich Frei-Öl echt total verzettelt: Frei-Öl plötzlich ohne Öl, dann wieder mit, noch ein Cremchen für diesen und jenen Runzel-Spezialfall, und kurz danach alles rückabgewickelt. Noch ein paar ungeschickte Aktionen wie ungewollte Zusendungen an die Apotheken. Nachdem dann alles, was die erste Generation aufgebaut und die zweite verwaltet hatte, vertändelt war und die Marktanteile wegbrachen, lautet ab heute die Devise: "...dann lebt es sich ganz ungeniert".

Ob Frei-Öl in 2 Jahren überhaupt noch in Apotheken zu finden sein wird, das regelt der Markt und seine Mechanismen ganz brutal:
Entweder
1) fährt Frei-Öl eine eigene Dromarkt-Linie, die deutlich unterscheidbar ist zur Apothekenlinie und hält eine erheblich höhere Gütestufe in der Apotheke ein (so richtig schlau macht das z.B. Beiersdorf AG mit seinen Hansa-Gepflastere) im Verbund mit exzellenten Einkaufskonditionen,
oder
2) die Dromärkte unterbieten die Apotheken mittels Massenabnahme-Einkaufsrabatte, woraufhin das alles dann aus den Apotheken sehr rasch ausverkauft werden wird. Regalplatz ist knapp und kostbar.

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AW: Kommentar: Not-Aus nach ewigem Rumgeeiere

von H. Schulz am 15.08.2017 um 23:15 Uhr

Sehr treffend beschrieben!
Ich begreife es auch heute noch nicht, wie die Fa. Bouhon mit dieser Paraffin-Schmiere inklusive penetrantem Lavendel-Odeur überhaupt so viel Geld verdienen konnte.

Frei Öl

von Alexander Zeitler am 15.08.2017 um 18:46 Uhr

Dann führen wir das eben NICHT mehr. Basta

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AW: Dann führen wir es eben nicht mehr...

von sorglos am 16.08.2017 um 7:22 Uhr

Nein, dann führen wir es nicht mehr! Das Problem ist nur - hochwertige Körperpflege, ohne Paraffingeschmiere, wie Weleda ist auch inzwischen im Dromarkt. Lavera ist ns vor Jahren auch weggebrochen, weil auch im Dromarkt. Und Hauschka gibt es nur in wenigen Apotheken/Reformhäusern und nur dann, wenn man das ganze Depot nimmt. Die Frage ist, wie wir in Apotheken noch an hochwertige Körperpflege kommen und zwar im Preissegment UNTER Nuxe. Und das ganze grüne Oliven Sortiment ist auch nicht mehr das, was es mal war...
Und zum Thema Beiersdorf: Hansa - Pflaster sind s grottenschlecht geworden, die können getrost in den Dromarkt. Gothaplast hält und ist qualitativ und preislich derzeit nicht zu schlagen...

AW: Frei Öl

von Dr. Heiko Walther am 16.08.2017 um 10:02 Uhr

Schaffen Sie sich eine eigene Kosmetiklinie. Sehr gute Anbieter sind durchaus auf dem Markt zu finden. Die Arbeit die Sie in die Beratung stecken lohnt sich dann auch.

Nun, dann wird es...

von Der Ausländer am 15.08.2017 um 14:11 Uhr

...Zeit, "frei" aus dem Sortiment zu nehmen. Man erinnere sich an die damalige Strategie von "kwai" & Co. Mit den Dumpingpreisen der Drogisten wird die Apotheke ohnehin nicht mithalten können. Und wenn man bedenkt, dass sich der große norddeutsche Drogist einem noch viel größeren US-amerikanischen online-Versender angebiedert hat...

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