Sparpotenzial bei Zulassungsverfahren

Machen Verfahrensunterschiede Arzneimittel teurer?

Remagen - 17.08.2017, 17:50 Uhr

Was Harmonisierung angeht ist die EU Vorbild. Das spiegelt sich zum Beispiel im gemeinsamen Arzneibuch wider. In wenigen Monaten tritt die 9. Ausgabe in Kraft. (dpa)

Was Harmonisierung angeht ist die EU Vorbild. Das spiegelt sich zum Beispiel im gemeinsamen Arzneibuch wider. In wenigen Monaten tritt die 9. Ausgabe in Kraft. (dpa)


Wie lange dauert es und was kommt dabei raus?

Große Unterschiede fanden die Autoren aus Basel bei den vorgegebenen Fristen für die Bearbeitung der Anträge in den Behörden. Am wenigsten Zeit haben hierfür die Prüfer in der EU mit 210, am meisten ihre chinesischen Kollegen mit 900 Kalendertagen. Die US-FDA soll mit ihrer Bewertung in 300 Tagen fertig sein und die japanische PMDA in 365 Tagen. Die mittlere Zeitdauer bis zur Erteilung der Zulassung, die die „clock stops“ für die Behebung von Mängeln durch die Antragsteller beinhaltet, wird für die EMA mit 422 Tagen angegeben (2016). Deutlich schneller werden die Verfahren in den USA und in Japan abgeschlossen (333 bzw. 311 Tage). In der Schweiz (464 Tage in 2015), in Indien (523 Tage) oder auch in Brasilien (834 Tage) kann das Ganze aber auch noch erheblich länger dauern.

Unter den Ländern mit den größten Arzneimittelmärkten der Welt hat die US-FDA im Jahr 2015 mit 45 die meisten Zulassungen für neuartige Arzneimittel erteilt. Im letzten Jahr hatte die japanische PMDA mit 48 die Nase vorn. Die EMA kommt für 2015 auf 39 und für 2016 auf 27 erstmalige Zulassungen neuer Wirkstoffe.

Gebühren zwischen 1000 und 2,3 Millionen US-Dollar

Last not least werden die Antragsteller für die Zulassungsverfahren auch sehr unterschiedlich stark zur Kasse gebeten. Die geringsten Gebühren für die Bewertung eines Antrags für ein neuartiges Arzneimittel fallen mit rund 1.000 US-Dollar in Indien an, die höchsten mit sage und schreibe gut 2,3 Millionen US-Dollar in den USA. Auch in China kommen die Antragsteller mit 862.000 US-Dollar nicht gerade günstig davon. 316.000 kostet es bei der EMA und 274.000 bei der japanischen PMDA. Erstaunlich „preiswert“ ist ein solches Verfahren bei der Swissmedic mit „nur“ 72.000 US-Dollar.

Unterschiedliche Anforderungen verteuern Medikamente

Insgesamt, so glauben die Baseler Wissenschaftler, verlängern unterschiedliche Gegebenheiten und Anforderungen in den Ländern die Zeit bis zur Marktzulassung von neuen, innovativen Medikamenten und verteuern deren Kosten. Sie fordern deshalb mehr Harmonisierung, um die Effizienz der Prozesse zu steigern. „Davon würden insbesondere die Patienten profitieren, da neue Medikamente rascher und zu tieferen Kosten zur Verfügung stehen würden“, kommentiert Thomas D. Szucs vom European Center of Pharmaceutical Medicine. „Das spricht dafür, dass sich neben den Herstellern auch die Behörden stärker international ausrichten und miteinander kommunizieren sollten.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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