Studie zum Kundenverhalten

Lohnt sich das Geschäft mit den Werbegeschenken?

19.10.2017, 10:45 Uhr

Kundengeschenke in der Apotheke: nicht standardmäßig, dafür ehrlich gemeint schenken. (Foto: VRD / stock.adobe.com)

Kundengeschenke in der Apotheke: nicht standardmäßig, dafür ehrlich gemeint schenken. (Foto: VRD / stock.adobe.com)


Apotheker nutzen sie häufig: Kleine Werbegeschenke, die sie an ihre Kunden ausgeben. Doch wie wirken sich diese Zuwendungen eigentlich auf deren Verhalten aus? Und lohnen sie sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht? Ein Professor aus Augsburg hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt – auch mit der Frage, inwiefern finanzielle Boni und Rabatte die Kunden beeinflussen.

Taschentücher, Kugelschreiber, Traubenzucker – wie viele Einzelhändler und Unternehmen geben auch Apotheker gerne Werbegeschenke an ihre Kunden aus. In der Regel tun sie dies instinktiv mit der unterschwelligen Erwartung, dadurch die Bindung der Kunden zu ihrer Apotheke steigern zu können. Eine kleine Aufmerksamkeit, so die Hoffnung, könnte die Leute animieren wiederzukommen. Ob dieser Effekt mit den Geschenken tatsächlich erreicht wird, wird jedoch kaum jemand messen. Ebenso wenig, ob sich der Aufwand auch finanziell lohnt.

Michael Paul, Marketing-Professor an der Universität Augsburg, hat zusammen mit drei Kollegen genauer hingeschaut. In einer aufwendigen Studie bei einer Fluggesellschaft untersuchten die Wissenschaftler, welchen Einfluss Werbegeschenke auf das Verhalten der Kunden haben und ob sich Ausgaben dafür für die Unternehmen wirtschaftlich lohnen. Dabei betraten die vier weitgehendes Neuland: „Zu diesem Thema lagen bislang kaum Forschungsergebnisse vor“, sagte Paul gegenüber DAZ online.

Vier unterschiedliche Geschenkvarianten

Um herauszufinden, ob und wie Werbegeschenke das Verhalten von Kunden beeinflussen, legten die Wissenschaftler vier Szenarien zugrunde: Wirtschaftliche Geschenke mit einem direkten Bezug zum schenkenden Unternehmen beziehungsweise keinem direkten Bezug sowie soziale Geschenke, die einen direkten Bezug zum Unternehmen beziehungsweise keinen direkten Bezug haben. Zur wirtschaftlichen Kategorie, so Paul, gehören beispielsweise Rabatte oder Bonusprogramme. Der Kunde wird in diesem Fall mit einem eindeutigen finanziellen Vorteil gelockt. Bei der zweiten Variante gehe es dagegen um den Aufbau einer sozialen Beziehung, was zum Beispiel durch die Überreichung einer Blume erreicht werden könne. Um zu erfahren, wie die Airline-Kunden auf die verschiedenen Geschenk-Varianten reagieren, wurden sie von den Wissenschaftlern zum einen befragt; zum anderen konnten Paul und seine Kollegen auf anonymisierte Buchungsdaten zugreifen und daraus ablesen, ob und wie oft beziehungsweise in welchem Umfang Kunden weitere Buchungen vorgenommen haben.

Ökonomische Anreize, so Paul, haben in der Regel einen deutlichen Einfluss auf das Kundenverhalten. Ein Gutschein oder ein Rabatt animierten Kunden vielfach, bei dem entsprechenden Unternehmen einzukaufen oder im Fall der Untersuchung bei der Airline einen Flug zu buchen. Das ökonomische Geschenk sollte allerdings in Bezug zum Unternehmen stehen, also die eigenen Leistungen vergünstigt anbieten. Wenn eine Fluglinie beispielsweise einen Gutschein eines Mietwagen-Unternehmens ausgebe, könne dies die Kunden eher verwirren.

Kundengeschenke in der Apotheke: Auf die Symbolik kommt es an

Differenziert sind nach den Worten des Wissenschaftlers auch die sozialen Geschenke zu betrachten. Diese entfalten vor allem dann ihre Wirkung, wenn die damit verbundene Symbolik für die Kunden schlüssig sei und das Wirtschaftliche nicht zu sehr im Vordergrund steht. Eine Rose, mit einem Lächeln überreicht, könne den Käufer für das Unternehmen einnehmen. Paul: „Wenn der Kunde das Gefühl hat, dass das Geschenk ernst gemeint ist und das Unternehmen ihn wirklich als treuen Kunden gewinnen will, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder dort einkaufen.“

Anders jedoch, wenn das soziale Werbegeschenk prominent mit dem Namen oder Logo des Unternehmens versehen ist. In dem Fall könnte der Kunde das Geschenk als Manipulationsversuch auffassen – er wird eher reserviert darauf reagieren. Darüber hinaus rät Paul dazu, dass die Geschenke funktional und werthaltig sein sollten. Der Kunde müsse mit dem Gegenstand also etwas anfangen können. Paul: „Ein billiger Kugelschreiber oder eine Schokolade, die nicht schmeckt, werden die Kunden eher abschrecken als für das Unternehmen einnehmen.“

Geschenke nicht standardmäßig

Der Augsburger Professor rät Firmeninhabern zudem, Geschenke nicht zur Regel zu machen. „Wenn der Kunde bei jedem Apothekenbesuch ein kleines Geschenk erhält, gewöhnt er sich daran. Der Effekt nutzt sich ab.“ Vielmehr empfiehlt er, kleine Aufmerksamkeiten in unregelmäßigen Abständen zu geben und die Art der Geschenke zu wechseln – also nicht immer nur Taschentücher über den HV-Tisch zu reichen. Er verweist auf das Beispiel der Fluglinie American Airlines, die in den 1980er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts mit viel Erfolg in der Branche das erste Vielfliegerprogramm eingeführt hat. Mittlerweile, so Paul, seien derartige Loyalitätsprogramme Standard: „Jede Premiumairline muss so etwas haben.“ Wird solch ein Programm dann im Laufe der Zeit wieder abgespeckt, verärgere dies Kunden eher, denn sie hätten das Gefühl, dass man ihnen etwas wegnimmt.

Werbegeschenke könne sich lohnen

Berücksichtigen Firmeninhaber diese Kriterien, so können Geschenke nach den Worten Pauls durchaus eine positive Wirkung erzeugen und die Bindung des Kunden zum Unternehmen verstärken. Auch finanziell kann sich der Aufwand für die Firmen lohnen. So haben die Wissenschaftler ausgerechnet, dass im konkreten Fall der Fluggesellschaft ein Geschenk mit wirtschaftlichem Bezug zu einem Umsatzanstieg von 19,92 Euro führte. Abzüglich der Kosten für das Geschenk in Höhe von 2,80 Euro lag der Zuwachs bei 17,12 Euro. Ein passendes Geschenk mit sozialem Bezug führte nach Abzug der Kosten zu einem Plus von 9,34 Euro. Allerdings weist Paul darauf hin, dass derartige Berechnungen stark vom Kontext und Unternehmen abhängen und daher nicht übertragbar seien.

Werbeverband: Lange Nutzungszeit

Auch der Gesamtverband der Werbeartikelwirtschaft (GWW) hat sich mit der Wirkung von Werbegeschenken befasst. Berücksichtigt man, dass in diesem Fall Eigeninteressen im Spiel gewesen sein dürften, geben auch diese Anfang 2017 publizierten Ergebnisse durchaus Hinweise auf den Effekt von Give-aways. So weist der Verband darauf hin, dass heute in fast jedem Haushalt Werbeartikel vorhanden seien, vor allem Kugelschreiber, Notizblöcke, Haftnotizen und Kalender. Da die Werbeartikel intensiv genutzt würden, gebe es eine hohe Chance, dass die Werbebotschaft den Empfänger erreicht. Wie Paul kommt auch der Verband zum Ergebnis, dass der Nutzwert für den Empfänger und die Qualität des Artikels entscheidend seien. Und da Werbeartikel häufig über mehrere Jahre genutzt würden, werde auch die Werbebotschaft über einen längeren Zeitraum transportiert. Unter dem Strich stellt der Werbewirtschafts-Verband fest: „Empfänger von Werbeartikeln fühlen sich dem gebenden Unternehmen stärker verbunden.“

Damit das Geschenk wirklich seine volle Wirkung beim Kunden entfaltet, gibt Paul Firmeninhabern und Geschäftsführern noch einen Tipp mit auf den Weg: „Geschenke sollten möglichst freundlich überreicht werden. Der Kunde merkt, wenn etwas echt gemeint ist.“ 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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