Pharmacy at a glance 2015 bis 2017

Wie steht es um die Pharmazie auf der Welt?

Remagen - 08.11.2017, 17:00 Uhr

Die FIP hat ihre Bestandsaufnahme über den Apothekenmarkt veröffentlicht. (Foto: dpa)

Die FIP hat ihre Bestandsaufnahme über den Apothekenmarkt veröffentlicht. (Foto: dpa)


Wie viele Apotheker gibt es? Ist es anderswo üblich, dass Ärzte dispensieren oder OTC-Arzneimittel im Supermarkt zu haben sind? Und der Rx-Versand – ist das die Regel oder die Ausnahme? Alle zwei Jahre zieht der internationale Dachverband der Apotheker, FIP, Bilanz, wo die Apotheker international so stehen. 

„Advancing pharmacy worldwide“ („Die Pharmazie in der ganzen Welt voranbringen“), so lautet das Motto des internationalen Apothekerverbandes FIP. Wie weit es die Apotheker bis jetzt gebracht haben, beschreibt die FIP in einer aktuellen Bestandsaufnahme. Alle zwei Jahre führt der internationale Dachverband der Apotheker (International Pharmaceutical Federation, FIP) unter seinen 149 Mitgliedsorganisationen in mehr als 100 Ländern und Regionen eine Umfrage durch. Hiermit will die FIP feststellen, in welchem rechtlichen und Versorgungsumfeld Apotheker auf der ganzen Welt arbeiten, welche Dienstleistungen sie erbringen und wie sie dafür entlohnt werden. Das Ergebnis für 2017 ist ein 300 Seiten starker Bericht. Die wichtigsten Daten und Fakten hat die FIP in einem kurzgefassten Abriss mit dem Titel „Pharmacy at a glance 2015 bis 2017" zusammengefasst.

1,6 Millionen Apotheken und 4 Millionen Apotheker

An der Umfrage haben sich nach Angaben der FIP je nach Themenfeld im Schnitt etwas über 70 Prozent der Organisationen beteiligt. Sie decken fast vier Fünftel der Weltbevölkerung ab. Basierend auf Informationen aus 69 Ländern gibt es dort insgesamt fast 1,6 Millionen Apotheken (einschließlich Filialapotheken). Im weltweiten Durchschnitt kommen auf eine Apotheke knapp 4.200 Einwohner, Die meisten einkommensstärkeren Länder meldeten der FIP zwischen 1000 und 8000 Einwohner pro Apotheke. Die Spanne ist allerdings riesig und reicht von 1.765 in Armenien bis zu 130.385 in Äthiopien. Niederlassungsbeschränkungen über geographische oder demographische Kriterien wenden 42 Länder an, und in 50 sind Ketten gang und gäbe.

Die Zahl der Apotheker liegt nach Angaben aus 75 Ländern bei rund 4 Millionen. Etwas mehr als 2,8 Millionen üben ihren Beruf aktiv aus. Frauen stellen fast 60 Prozent der tätigen Pharmazeuten. Allerdings beruht diese Zahl lediglich auf Angaben aus 45 Ländern. In Afrika und in den Regionen im östlichen Mittelmeer arbeiten mehr Apotheker als Apothekerinnen. Mit rund drei Vierteln der Pharmazeuten ist die öffentliche Apotheke der Hauptarbeitsplatz, gefolgt vom Krankenhaus mit 13 Prozent.

Dispensierende Ärzte kaum von Bedeutung

Für rezeptpflichtige Arzneimittel sind die öffentlichen Apotheken allerorten die vorherrschende Abgabestelle. In rund drei Vierteln der Länder werden bestimmte Rx-Medikamente aber auch in Krankenhausapotheken abgegeben. In einigen asiatischen Regionen, wie in China sind es nach Wert sogar fast 95 Prozent. Dispensierungsmöglichkeiten außerhalb der öffentlichen Apotheken und der Krankenhausapotheke gibt es nur in wenigen Ländern. Als einzige relevante Ausnahme führt der Bericht die Selbstdispensierung durch Ärzte an (22 Länder). Allerdings ist diese Alternative in den meisten Ländern, wie etwa in Frankreich lediglich von untergeordneter Bedeutung, weil sie in der Regel dazu dient, entlegene Regionen zu versorgen, abgesehen von der Schweiz, wo die Ärzte nach Wert fast ein Viertel aller rezeptpflichtigen Präparate selbst an die Patienten abgeben.

In 19 Ländern „informelle“ OTC-Verkaufsstellen ohne Kontrolle

In 23 Rechtssystemen sind OTC-Arzneimittel in öffentlichen Apotheken lediglich hinter dem HV-Tisch zu finden, in 30 gibt es sie je nach Kategorisierung auch in der Freiwahl. 19 Länder lassen die Kunden nicht-rezeptpflichtige Medikamente selbst frei auswählen, soweit gewünscht, mit einer Beratung durch einen Apotheker oder einen PTA.

Sorge bereitet der FIP, dass OTC-Arzneimittel in 33 Ländern auch außerhalb der Apotheke in Abgabestellen verfügbar sind, in denen keine pharmazeutische Beratung verfügbar ist. Damit gibt es keine Instanz, die die richtige Auswahl und Anwendung der Medikation sowie den verantwortungsvollen Umgang damit sicherstellt. Noch beunruhigender findet der Verband, dass diese in immerhin 19 Rechtssystemen auch an „informellen“ Verkaufsstellen erworben werden dürfen, an denen nicht einmal für die Sicherung der Qualität und eine ordnungsgemäße Lagerung gesorgt wird, für die FIP eine ernsthafte Gesundheitsbedrohung. 

Rx-Versand: Ausnahme oder Regel? 

In 63 Rechtssystemen ist der Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten über das Internet nicht zulässig, und 30 Rechtssysteme verbieten den online-Handel mit Arzneimitten komplett. Über die Webseiten von Vor-Ort-Apotheken dürfen OTC-Arzneimittel in 14 Ländern vertrieben werden, und Rx-Arzneimittel in 16 Ländern. Der Versandhandel über andere Anbieter ist für OTC-Arzneimittel in 29 Ländern erlaubt und für Rx-Präparate in 11 Ländern. 

Generika-Substitution fast überall an der Tagesordnung

In rund einem Drittel von 72 Ländern ist die INN-Verschreibung Plicht, das heißt die Apotheker wählen selbst aus, welches Präparat sie abgeben. Teilweise müssen sie auch auf Verordnung eines Markenarzneimittels ein Generikum abgeben. Lediglich in vier Ländern darf nicht substituiert werden. Unter dem Strich haben die Apotheker in 94 Prozent der in die Erhebung einbezogenen Länder die Freiheit, auf eine Verordnung hin ein Nachahmerpräparat auszuwählen und können damit zur Begrenzung der Ausgaben im Gesundheitswesen beitragen, betont die FIP.

Erweiterte Services nehmen immer mehr zu

Eines der Hauptanliegen der Studie war, zu untersuchen, welche Fortschritte die Apotheker bei der Ausweitung ihrer Kompetenzen in der Gesundheitsversorgung machen. Tatsächlich zeigt der Bericht auf, dass weitere Dienstleistungen neben den vielfältigen klassischen Tätigkeiten in der Offizin zunehmend Raum greifen. Mehr als fünfzig Länder spielen hier bereits mit. Zu den „advanced services“ der Apotheker gehören „Medicines Use Reviews” zur Verbesserung der Adhärenz und der Arzneimitteltherapiesicherheit (50 Länder) und Disease Management Programme, etwa bei Bluthochdruck, Diabetes oder Asthma (mindestens 35 Länder). Außerdem messen Apotheker in mehr als 46 Ländern klinische Parameter, wie den Blutdruck, Blutzucker oder den Body Mass Index. Besonders fortschrittlich sind diesbezüglich die USA und Kanada mit 40 erweiterten Services.

 Das liest sich recht vielsprechend, aber die FIP gibt gleichzeitig zu Bedenken, dass die Apotheken nur zwölf Prozent dieser Dienstleistungen von den Krankenversicherungen vergütet bekommen. Am erfolgreichsten, wenn es darum geht, die Versicherungen dafür zur Kasse zu bitten, sind nach dem Bericht die USA und die Schweiz. In den SA werden den Apotheken 80 und in der Schweiz 51 Prozent der zusätzlichen Dienstleistungen honoriert



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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