Zyto-Verbandschef Klaus Peterseim

„Unangekündigte Apotheken-Kontrollen würden tadellos funktionieren“

Essen - 29.11.2017, 08:45 Uhr

Der Präsident des Verbands der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker bezeichnet die Verteidigungsstrategie des Bottroper Zyto-Apothekers als „absurd“. (Foto: Peterseim)

Der Präsident des Verbands der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker bezeichnet die Verteidigungsstrategie des Bottroper Zyto-Apothekers als „absurd“. (Foto: Peterseim)


„Der Finanzbeamte hat wohl Abweichungen nach unten im Fokus“

DAZ.online: Die Verteidigung hat offenbar außerdem argumentiert, die Staatsanwaltschaft hätte den Anfangsbestand aus dem Jahr 2012 nicht erfasst. Könnte dies die Differenz zwischen eingekaufter und abgegebener Wirkstoffmenge erklären?

Peterseim: Eine wie in der Anklage beschriebene erhebliche Unterdosierung über Jahre bestimmt nicht. Als Bestand in einer Apotheke wird üblicherweise die Menge vorgehalten, die man in einem Monat benötigt. Wenn sie das nicht erfasst haben, dann fehlt die Menge für einen Monat. Wenn sie einen Zeitraum von drei Monaten betrachten, dann ist die Differenz ganz entscheidend. Wenn sie fünf Jahre betrachten, dann relativiert sich die Zahl entsprechend.

DAZ.online: Müsste der Anfangsbestand nicht ohnehin festgehalten sein?

Peterseim: Selbstverständlich – der Bestand muss einmal im Jahr körperlich gezählt und schriftlich dokumentiert werden, die Summe steht auch in der Bilanz. Dass der nicht erfasst wurde, kann ich nicht glauben. Ohne eine korrekte Aufnahme des Warenbestandes wird die Bilanz nicht testiert.

DAZ.online: Wie kann es sein, dass dem Finanzamt über Jahre nichts aufgefallen ist?

Peterseim: Die allerwichtigste Prüfroutine eines Finanzamtes bei jeder Betriebsprüfung, egal in welcher Branche, betrifft die Gewinnspanne. Da gibt es für normale Apotheken Messzahlen, mit denen der Finanzbeamte anrückt und mithilfe derer er prüft, ob der Rohgewinn branchenüblich ist. Der Finanzbeamte hat allerdings aufgrund seiner Aufgabenstellung Abweichungen nach unten im Fokus, weil er dann vermuten muss, dass Gestaltungen vorliegen um Steuern zu sparen. Meine Vermutung ist: Das Finanzamt hat festgestellt, dass der Rohgewinn viel höher ist als üblich – und war zufrieden mit der Erkenntnis, dass dafür Steuern gezahlt wurden. Wenn ein Unternehmen eine deutliche Abweichung nach unten zeigt, dann hakt das Finanzamt sofort nach und der Unternehmer gerät in Erklärungsnot. Was die Finanzämter tun, wenn Unternehmen eine Abweichung nach oben ausweisen, weiß ich nicht. Das hätte wohl auffallen können.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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