Beschluss des EU-Binnenmarktausschusses

Heilberufler bleiben im EU-Dienstleistungspaket

Berlin - 06.12.2017, 14:00 Uhr

Droht Apothekern neues Ungemach aus Europa? (Foto: picture alliance / APA / picturedesk.com / Michael Gruber)

Droht Apothekern neues Ungemach aus Europa? (Foto: picture alliance / APA / picturedesk.com / Michael Gruber)


Die EU-Kommission will den Binnenmarkt für Freiberufler und ihre Dienstleistungen stärken. Dazu sollen Regelungen zur Berufsausübung und -zulassung künftig nach einem EU-Kriterienkatalog auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden. Nicht nur Apotheker und Ärzte in Deutschland hatten gefordert, die Heilberufe hierbei auszunehmen. Dennoch hat der federführend zuständige Binnenmarktausschuss nun einen Kompromiss ohne Ausnahme beschlossen. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

Das EU-Dienstleistungspaket, das insgesamt drei Gesetzgebungsvorschläge umfasst, bereitet den Apothekern seit geraumer Zeit Sorgen. Laut EU-Kommission geht es darum, es Unternehmen und Freiberuflern leichter zu machen, Dienstleistungen in der gesamten EU zu erbringen.

Eine der vorgesehenen Maßnahmen ist der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen“. Diese Richtlinie bezweckt, EU-weite Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer, nationaler Berufsregulierungen oder vor Änderungen bestehender Regelungen festzulegen. Zwar müssen solche Regulierungen auch jetzt schon verhältnismäßig sein. Doch tatsächlich läuft diese Prüfung in den Mitgliedstaaten uneinheitlich. Somit erschwerten einige nationale Regelungen den Zugang zu diesen Berufen letztlich doch unverhältnismäßig, so die Meinung in Brüssel. Und das will man ändern: Berufstätige aus dem EU-Ausland sollen nicht mehr durch binnenmarktwidrige nationale Regelungen fern gehalten werden können.

Zudem soll es eine verschärfte Notifizierungspflicht geben: Ein Mitgliedstaat darf demnach einen notifizierungspflichtigen Entwurf nach einer Vorwarnung der Kommission, die die Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsrichtlinie prüft, mindestens drei Monate nicht erlassen.

Diese Pläne passen vielen Freiberuflern und auch Handwerkern nicht. Zahlreiche Stellungnahmen wurden zu dem Vorhaben formuliert. Nicht zuletzt von Apothekern und Ärzten. Sie sehen keine Vorteile gegenüber der bereits seit 2006 bestehenden Dienstleistungsrichtlinie – sie fürchten nur mehr Aufwand. Auch einige EU-Mitgliedstaaten haben ihre Probleme mit den Vorschlägen aus Brüssel. Sie sehen sich in ihren eigenen Hoheitsrechten beschnitten. Daher hatten Deutschland, Frankreich und Österreich auch Subsidiaritätsrüge erhoben.

Kritik gehört – doch am Ende reicht es nur für einen Kompromiss

Kürzlich erhielten die Heilberufler vom Gesundheitsausschuss des EU-Parlamentes (ENVI) Rückendeckung: Dieser hatte Mitte Oktober einer Stellungnahme zugestimmt, mit der ausdrücklich eine Ausnahme der Gesundheitsberufe aus dem Geltungsbereich der Richtlinie gefordert wird. Denn die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gesundheitspolitik sei uneingeschränkt zu achten, hieß es. 
 

Auch Andreas Schwab, deutscher Europa-Abgeordneter und Berichterstatter für die umstrittene Initiative im federführend zuständigen Binnenmarktausschuss (IMCO), konnte die Kritik verstehen und hatte im Sommer eine solche Bereichsausnahme vorgeschlagen. Doch dafür konnte er im IMCO keine Mehrheit finden. Daraufhin, so erklärt Schwab in einer Pressemitteilung, habe er nach einem „mehrheitsfähigen Kompromiss“ gesucht. Aus seiner Sicht wurde er gefunden: Man habe sich darauf einigen können, „die Medizinberufe in der Richtlinie zu belassen, ihnen aber einen besonders großen Beurteilungsspielraum im Hinblick auf das hohe Gut der Gesundheit der Bürger zuzugestehen“.

Tatsächlich gibt es in seinem Kompromissvorschlag deklaratorische Bezugnahmen auf den unionsrechtlich verankerten Grundsatz, dass bei der Festlegung aller Unionspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist (Art. 168 Abs. 1 AEUV). In den – nicht bindenden – Erwägungsgründen wird dies noch deutlicher untermauert.

Das letzte Wort ist mit dem Beschluss des Ausschusses noch nicht gesprochen. Nun stehen zunächst Trilog-Verhandungen zwischen dem Europa-Parlament, dem Rat und der Kommission an. Dann gilt es, sich auf den endgültigen Text der Richtlinie zur Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einigen. Und auch wenn diese verabschiedet ist, muss noch eine Umsetzung in nationales Recht erfolgen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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