Kein Zusatznutzen bei malignem Melanom

G-BA: „Nein“ zu Nivolumab plus Ipilimumab

Bonn / Stuttgart - 11.12.2017, 16:20 Uhr

Laut G-BA birgt die Kombination der Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab keinen Zusatznutzen bei malignem Melanom im Vergleich zur Nivolumab-Monotherapie. (Foto: B-MS)

Laut G-BA birgt die Kombination der Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab keinen Zusatznutzen bei malignem Melanom im Vergleich zur Nivolumab-Monotherapie. (Foto: B-MS)


Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-B) sieht keinen Zusatznutzen in der Kombination aus Nivolumab plus Ipilimumab bei der Behandlung des metastasierten malignen Melanoms. Nach Einschätzung des G-BA verbesserte sich weder das Gesamtüberleben noch das progressionsfreie Überleben signifikant im Vergleich zur Monotherapie mit Nivolumab.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Kombinationstherapie mit den beiden Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab (Opdivo®) und Ipilimumab (Yervoy®) erneut bewertet. Ein bereits im Dezember 2016 erteilter Bescheid sah damals keinen Zusatznutzen, galt jedoch nur bis Juni dieses Jahres.

Die gleichzeitige Therapie mit den zwei immunonkologischen Substanzen ist seit Mai 2016 in der Europäischen Union zugelassen; und zwar bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem Melanom, das  metastasiert oder nicht resezierbar ist. Die Zulassung der Nivolumab-Ipilimumab-Kombi ist unabhängig vom BRAF-Mutationsstatus.

Nun hat der G-BA sich die Vorteile und Nachteile der Nivolumab-Ipilimumab-Kombination im Vergleich zu einer alleinigen Therapie mit Nivolumab nochmals angeschaut. Sein Fazit: Er sieht in der Kombination von Nivolumab plus Ipilimumab bei der Behandlung des metastasierten malignen Melanoms keinen Zusatznutzen im Vergleich zur Nivolumab-Monotherapie.

Nivolumab und Ipilimumab steigern Gesamtüberleben nicht signifikant

Wie begründet der G-BA seine Entscheidung? Der G-BA sieht weder im Gesamtüberleben der Melanom-Patienten noch im progressionsfreien Überleben einen signifikanten Vorteil der Nivolumab-Ipilimumab-Kombination. Bristol-Myers Squibb (B-MS) – der pharmazeutische Unternehmer sowohl hinter Opdivo® wie auch Yervoy® – scheint mit dieser Einschätzung nicht ganz zufrieden. Bristol kritisiert, der G-BA habe den „positiven Trend“ im Gesamtüberleben sowohl bei der 28-monatigen als auch 36-monatigen Nachbeobachtungszeit nicht berücksichtigt.

Wie funktionieren Nivolumab und Ipilimumab?

Beide Arzneimittel zählen zu den Checkpoint-Inhibitoren. Checkpoints stellen wichtige Schlüsselpunkte bei der Aktivierung des körpereigenen Immunsystems dar, was therapeutisch in der Tumortherapie genutzt wird, um das endogene Immunsystem zu stimulieren und wieder handlungsfähiger zu machen. 
Ein wichtiger Checkpoint ist das PD-System. Manche Tumorzellen sezernieren Liganden, PD-L1 (Programmed Death Ligand 1), die als Schutzmechanismus der Tumorzelle deren Wachstum sichern, indem PD-L1 an entsprechende Rezeptoren (PD-R) auf der Oberfläche von zytotoxischen T-Zellen bindet und diese inaktiviert. Die Tumorzelle entgeht so einer Zerstörung durch die zytotoxische T-Zelle. Nivolumab neutralisiert als Antikörper den PD-Rezeptor und sichert der T-Zelle ihre zytotoxische Funktion.
Ipilimumab hat einen anderen Angriffspunkt auf der zytotoxischen T-Zelle: Ipilimumab interagiert mit dem Oberflächenprotein CTLA-4 (Cytotoxisches T-Lymphozyten-Antigen-4). Als CTLA-4-Immun-Checkpoint-Inhibitor, blockiert Ipilimumab die inhibitorischen Signale auf den T-Zellen, was in einer verstärkten Aktivität dieser gegen Tumorzellen resultiert.

Verursacht die Kombi mehr Nebenwirkungen?

Auch hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils schneidet nach Einschätzung des G-BA die Kombi ungünstiger ab als die Monotherapie mit Nivolumab. Schwere unerwünschte Ereignisse, und Therapieabbrüche seien unter Nivolumab plus Ipilimumab häufiger. „Aufgrund des ausgeprägten Nebenwirkungspotenzials der Kombinationstherapie, bei gleichzeitiger Abwesenheit positiver Effekte, kann aus den vorliegenden Daten kein Zusatznutzen für eine Kombinationstherapie abgeleitet werden. Vor diesem Hintergrund wäre es gerechtfertigt, festzustellen, dass für Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen im Vergleich zu Nivolumab (Monotherapie) besteht.“

Bristol hält den G-BA auch in diesem Punkt für nicht hinreichend differenziert. Denn: B-MS habe Zusatzanalysen eingereicht, die zeigten, dass schwere unerwünschte Ereignisse vor allem in den ersten vier Zyklen der Kombinationstherapie auftraten. Allerdings gleiche sich mit Fortsetzen der Behandlung die Rate an schweren und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen derjenigen der Monotherapie an.

Kombi kostet 60.000 Euro mehr in der Melanom-Therapie

Der G-BA hat auch eine Kostenanalyse der beiden Therapieoptionen beim metastasierten oder nicht resezierbaren Melanom durchgeführt. Auch dieser Aspekt fließt in die Nutzenbewertung des G-BA ein. Die Jahrestherapiekosten einer Behandlung mit Nivolumab in der Monotherapie belaufen sich auf 77.921 Euro. Die Checkpoint-Inhibitor-Kombination veranschlagt der G-BA mit 137.969 Euro, also rund 60.000 Euro mehr pro Jahr.

IQWiG sah „Anhaltspunkt für geringeren Nutzen“

Der Bescheid des G-BA ist befristet, denn der Gemeinsame Bundesausschuss erachtet die eingereichten Daten von Bristol-Myers Squibb als unvollständig und somit nicht ausreichend, um eine abschließende Nutzenbewertung durchzuführen. Dieser befristete Bescheid betrifft auch ausschließlich die Therapie bei nicht vorbehandelten Patienten mit einem BRAF-V600-Wildtyp-Tumor. Der Zusatznutzen dieser Kombi wurde schon einmal untersucht: am 15. Dezember 2016 wurde der damalige Bescheid bis 15. Juni 2017 befristet. Der G-BA hatte dann das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erneut mit der Bewertung des Zusatznutzens beauftragt. Die Nutzenbewertung des IQWiG war am 15. September 2017 abgeschlossen. Die Einschätzung des IQWiG lautete: „Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen“.

Bristol hat nun wieder Zeit, die – nach Ansicht des G-BA – fehlenden Daten nachzureichen. Der befristete Bescheid gilt bis 15. Juni 2018.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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