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Nix jauchzet, nix frohlocket. Es könnte unser „Last Christmas“ werden, an dem wir noch „Oh du fröhliche“ aus vollem Herzen singen können. Das Wirtschaftsministerium hat kurz vor Hl. Abend das unsägliche 2hm-Gutachten rausgehauen. Würde dieses Papier umgesetzt, ginge das Licht in fast der Hälfte unserer Apotheken aus. Und was kommt von der ABDA? Still ruht der See. Aber, mein liebes Tagebuch, wir lassen uns Weihnachten nicht von SPD, Wirtschaftsministerium und 2hm verderben. Jedenfalls nicht dieses. All I want for Christmas is....
18. Dezember 2017
Sie wird kommen, ob wir – die Ärzte und die Apotheker – sie gut finden oder nicht: die Telemedizin, die Fernbehandlung. Sie wird kommen, weil es viele Patienten gut finden, über Telekommunikationswege wie Telefon oder Skype-ähnliche Videosoftware Kontakt mit Ärzten aufzunehmen. In der Schweiz läuft das bereits und die Patienten nehmen das sehr gerne an, zumal sie dann auch niedrigere Beiträge an die Krankenkassen zahlen. Auch in Großbritannien gehört Telemedizin zur Regelversorgung. Und in Deutschland? Da ist sie (noch) verboten. Aber es gibt Ausnahmen und Modellprojekte. Eine Videosprechstunde ist derzeit nur als Folgesprechstunde erlaubt, wenn der Patient also vorher schon mal bei diesem Arzt in der Praxis war. In Baden-Württemberg gibt es bereits ein Modellprojekt, bei dem die Ärztekammer die Videosprechstunde zulässt. Die Bundesärztekammer will jetzt nachziehen und in Ausnahmefällen Diagnosen über den Bildschirm oder per Telefon erlauben. Mein liebes Tagebuch, da kommt Bewegung rein, es wird nicht mehr aufzuhalten sein. Und ja, letztlich wird es auch sinnvoll sein, zumindest unter bestimmten Prämissen. Die Sache hat nur einen Haken: Rezepte, die aus Video- oder Telefonsprechstunden resultieren, dürfen wir derzeit in unseren Apotheken nicht einlösen. Das hat noch vor einiger Zeit auch die ABDA begrüßt. Nur Rezepte nach einer persönlichen Arztkonsultation sind „richtige“ Rezepte, die beliefert und abgerechnet werden dürfen. Man wollte damals DrED und ähnliche Teleärzte aus England von deutschen Patienten fernhalten. Aber, mein liebes Tagebuch, die Zeiten haben sich rasant geändert. Wenn wir uns nicht rasch dafür einsetzen, dass dieses Verbot der telemedizinischen Rezepte gekippt wird, dann schießen wir uns selbst ins Bein. Diese Tele-Rezepte gehen dann nämlich per Knopfdruck zu unseren lieben Versandapos in die Niederlande. Die freuen sich schon! Also, ABDA, aufgepasst! Auch Rezepte aus der Fernbehandlung sollen Patienten in unseren Vor-Ort-Apotheken einlösen dürfen! Da müssen schleunigst die Vorschriften geändert werden.
19. Dezember 2017
Das war ein starkes Stück. Da hatte doch die Bundesregierung jahrelang eine Internetseite online, die frisch-fröhlich für den Arzneiversandhandel warb. Auf den Seiten war von guten Preisen, Verträgen mit den Krankenkassen und Vorteilen für Patienten die Rede. Man konnte nur hoffen, dass diese Seiten nicht häufig besucht wurden. DAZ.online hatte den Hinweis bekommen, dass es diese Seiten immer noch gebe und spürte sie auf. Auf Nachfrage erklärte das Bundespresseamt zwar, dass es sich hier um veraltete Seiten handele ohne politische Relevanz. Kurz nach dieser Anfrage waren die Seiten dann vom Netz. Mein liebes Tagebuch, endlich. Das zeigt, man muss der Bundesregierung, so wir denn eine haben, ständig auf die Finger schauen!
Der Bottroper Zytoskandal hat viele Fragen aufgeworfen, eine davon: Wie sollen Mitarbeiter damit umgehen, wenn sie mitbekommen, dass im Apothekenbetrieb illegale Praktiken laufen? Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) hat sich u. a. mit diesem Thema in einer Stellungnahme zum Fall Bottrop befasst. Nach Meinung des VdPP hätte der Skandal verhindert werden können, wenn Mitarbeiter, Überwachungsbehörden und Onkologen schon bei den ersten Anzeichen dagegen vorgegangen wären. Nach Ansicht des VdPP fehlt eine Vertrauensstelle, an die sich Mitarbeiter wenden können, wenn sie Unregelmäßigkeiten in ihrem Betrieb mitbekommen. Mein liebes Tagebuch, da sollte man wirklich mal drüber nachdenken: An wen könnte sich ein Apotheken-Mitarbeiter wenden, wenn er den Verdacht hat, dass in der Apotheke krumme Dinge laufen? Wie geht man als Whistleblower vor? Heiße Kiste! Das dürfte eine Gratwanderung sein. Gibt es eindeutige Beweise oder unterliegt man einer Fehlwahrnehmung? Und Denunzieren kommt nicht gut an. Vor allem, wenn man nur Verdachtsmomente und keine Beweise hat. Vielleicht sollte es bei den Kammern Vertrauensstellen geben, bei denen man sich zunächst auch anonym erstmal informieren kann, was zu tun ist? Der VdPP schreibt mit Recht: Blinder Aktionismus verbietet sich. Mein liebes Tagebuch, der allererste Schritt sollte doch auch das Gespräch mit dem Chef sein…
6 Kommentare
Dank x2
von Thomas Hardt am 24.12.2017 um 13:27 Uhr
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Tagebuch
von Dr.Diefenbach am 24.12.2017 um 12:40 Uhr
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Weihnachtsnotdienst
von Karl Friedrich Müller am 24.12.2017 um 12:18 Uhr
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Ärzte
von Anita Peter am 24.12.2017 um 9:39 Uhr
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still ruht der See
von Christian Giese am 24.12.2017 um 9:38 Uhr
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Der letzte Tag ...
von Christian Timme am 24.12.2017 um 8:51 Uhr
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