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Skonti-Urteil mit begrenzter Auswirkung auf den Direktvertrieb

Berlin - 12.01.2018, 09:00 Uhr

Schnelldreher verstärkt im Direktvertrieb? Auch nach dem BGH-Urteil zur Großhandelsmarge setzen Hersteller auf die bisherige Vertriebspraxis. (Foto: Ratiopharm)

Schnelldreher verstärkt im Direktvertrieb? Auch nach dem BGH-Urteil zur Großhandelsmarge setzen Hersteller auf die bisherige Vertriebspraxis. (Foto: Ratiopharm)


Im vergangenen Oktober hat der Bundesgerichtshof den zuvor fix geglaubten 70-Cent-Zuschlag des pharmazeutischen Großhandels gekippt. Damit ist klar: Auch der Hersteller kann im Direktvertrieb an Apotheken auf die 70 Cent Handelsmarge verzichten. Ist dies ein Anreiz für einen verstärkten Direktvertrieb?

Gespannt hatte die Apothekenbranche auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der Konditionen des Newcomer-Großhändlers AEP gewartet. AEP gewährt Apotheken nämlich ganz transparent Rabatte zuzüglich Skonto für die vorfristige Rechnungsbegleichung. Diese überstiegen in der Summe die in der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehene prozentuale Großhandelsmarge von 3,15 Prozent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers. Seitdem der Gesetzgeber im Jahr 2012 die Großhandelsvergütung im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) runderneuert hat, „darf“ der Großhandel nämlich bei der Abgabe von für Menschen bestimmten Fertigarzneimitteln „auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer“ erheben (§ 2 As. 1 Satz 1 AMPreisVO). Der Gesetzgeber hatte in der AMNOG-Begründung ausdrücklich erklärt: „Der nicht rabattfähige Anteil beträgt 70 Cent je Packung“. Überdies hat er in § 78 Abs. 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz klargestellt, dass diese Preisvorschriften für den Großhandel auch für Hersteller gelten, die Arzneimittel direkt an Apotheken vertreiben.

Für Apotheker wie Großhändler stellte sich daher bei dem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen AEP vor allem eine Frage: Sind Skonti, für die eine richtige Gegenleistung erbracht wird (in der Regel die vorfristige Zahlung), anders zu behandeln als Rabatte, die ohne explizite Erwartung gegeben werden? Das heißt: Müssen sich beide Formen des Nachlasses im Rahmen der 3,15-prozentigen Spanne bewegen? Bekanntlich beantwortete der Bundesgerichtshof die Frage nicht so, wie es sich viele Beobachter im Apothekenmarkt erhofft hatten. Kein Wort zur Rechtsnatur der Skonti. Die Richter beschränken sich vielmehr darauf festzustellen, dass auch der 70-Cent-Zuschlag rabattfähig ist. Der gesetzgeberische Wille sei aus dem Wortlaut der einschlägigen Norm nicht herauszulesen.

Importeure mit großzügigen Rabatten

Damit ist klar: So lange der Gesetzgeber nicht für eine Klarstellung sorgt, kann auch der Hersteller im Direktvertrieb an Apotheken auf den 70-Cent-Festzuschlag verzichten. Tatsächlich bieten zum Beispiel die Importeure Kohlpharma oder Eurimpharm Apotheken Bonus-Programme, die verschiedene Rabatte und Skonti kombinieren – und auf jeden Fall die prozentuale Marge übersteigen. Integritas, ein Verband für lautere Heilmittelwerbung, hatte deshalb gegen beide Unternehmen geklagt – mit Erfolg. Allerdings nicht bis zur letzten Instanz. Denn das AEP-Urteil des Bundesgerichtshofs sollte auch für diese Verfahren die weitere Richtung weisen. Wie es jetzt mit ihnen weitergeht, ist noch unklar. Kommt wieder der gleiche Senat am Bundesgerichtshof zu Zug, wird die Entscheidung wohl zugunsten der Unternehmen ausgehen. Und so zeigte sich etwa Kohlpharma-Geschäftsführer Jörg Geller nach der BGH-Entscheidung im Herbst sichtlich erfreut. Daran dürfte sich bis heute nichts geändert haben.

Hexal und Ratiopharm bleiben Vertriebsstrategie treu

Aber was ist mit anderen Herstellern? Wer Hochpreiser vertreibt, dürfte nicht zwingend im 70 Cent-Bereich denken. Bei Gesprächen mit Branchenvertretern ist zudem zu hören, dass man den Großhandel einfach als Partner brauche und daher nicht an eine Ausweitung der bisherigen Praxis denke.

Attraktiv könnten die durch den Bundesgerichtshof erweiterten Rabattkonditionen wohl eher für Hersteller sein, die Schnelldreher verkaufen und selbst große Lager haben. Bislang gibt es allerdings keine klaren Hinweise, dass das Urteil aus Karlsruhe das Direktgeschäft in diesem Bereich wirklich beflügelt hat. So erklärte Sandoz/Hexal auf Nachfrage: „Aus unserer Sicht bestätigt das BGH-Großhandelsmargen-Urteil lediglich die gängige Vertriebspraxis. Unsere Vertriebswege sind aus verschiedenen Gründen zum Großteil der Großhandel und in Einzelfällen das Direktgeschäft“. Das Urteil ändere nichts an dieser Vertriebsstrategie und -praxis.

Ähnlich klingt das Statement von Ratiopharm: „Für uns hat das Urteil keine Auswirkungen in der Vertriebsstrategie. Wir sehen den Pharmazeutischen Großhandel als unseren wichtigen Partner in der Distribution unserer Arzneimittel. Eine Ausweitung des Direktgeschäftes ist nicht vorgesehen. Aufträge von Apotheken werden auch zukünftig zum allergrößten Teil über den Pharmazeutischen Großhandel an die Apotheken ausgeliefert“. 

Bislang ist also nicht zu erkennen, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Umwälzungen im Vertrieb geführt haben. Ob es dabei bleibt, wird die Zukunft zeigen. Möglicherweise sorgt der Verordnungsgeber auch noch für eine Klarstellung in der Arzneimittelpreisverordnung



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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