Norddeutscher Zyto-Workshop (NZW)

Instrumentalisieren die Kassen den Zyto-Skandal?

Hamburg - 29.01.2018, 14:45 Uhr

„Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkasse“ - auf dem NZW-Kongress wurde die Frage diskutiert, ob die Kassen den Zyto-Skandal politisch ausnutzen. (Foto: Tawesit / stock.adobe.com)

„Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkasse“ - auf dem NZW-Kongress wurde die Frage diskutiert, ob die Kassen den Zyto-Skandal politisch ausnutzen. (Foto: Tawesit / stock.adobe.com)


Apotheker als Kaufmann schafft finanzielle Fehlanreize

Ein Apotheker darf sich nicht als Geschäftsmann verstehen? Eine herausfordernde Aufgabe, denn fraglos agieren selbständige Apotheker – mit oder ohne Zytostatikaversorgung – mit einem Unternehmen, ihrer Apotheke, am Markt und müssen konsequenterweise auch betriebswirtschaftlich denken. Der Jurist Ulrich Grau sieht hier aber keinen Widerspruch: „Der Beratungsansatz und die kaufmännische Tätigkeit schließen sich nicht aus, im Gegenteil. Der Apotheker ist einerseits Kaufmann, aber andererseits einem besonderen Gemeinwohl, nämlich der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung des Patienten, verpflichtet“. Das sei sogar im Apothekengesetz angelegt, so Grau.

Mayo argumentiert: Wenn die Apotheker nur dafür bezahlt würden, wie viele Medikamente sie über die Theke schieben, entstehe unweigerlich ein Fehlanreiz, der das Grundverständnis des Apothekers erodiere. „Das dürfen Sie nicht mit sich machen lassen". Die Apothekerschaft müsse ihre Kernleistung in der Beratung des Patienten verstehen – und darum müssten die Apotheker kämpfen, „dass sie für diese zwischenmenschliche Leistung, für die Beratungsleistung angemessen vergütet werden,“ appelliert der Medizinethiker.


 Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkasse.

Michael Marxen, Zytostatika herstellender Apotheker, Vize-Präsident der DGOP und des VZA


Marxen: Apotheker setzen sich für Patienten ein

Auch der Apotheker Michael Marxen beschäftigte sich in seinem Beitrag mit diesem Thema. Marxen ist stellvertretender Präsident des Verbands Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) und engagiert sich in gleicher Position auch bei der Deutschen Gesellschaft für onkologische Pharmazie (DGOP). Nach Ansicht Marxens leben unzählige Apotheker bereits heute das von Mayo vorgetragene beratungsbetonte Selbstverständnis. Selbst Inhaber einer Zytostatika herstellenden Apotheke, sieht er das Problem an anderer Stelle: Vertrete man als Berufsgruppe seine Interessen, werde man von der Politik und den Krankenkassen schnell in die Ecke des negativ besetzten Lobbyisten gesetzt, erklärt Marxen.

Dabei müsste aus seiner Sicht eine ganz andere Lobbygruppe stärker unter die Lupe genommen werden: „Es gibt keine mächtigere Lobby als die der Krankenkassen, die per se als Gutmenschen dargestellt wird, die unsere Sozialversicherungsgelder verwalten, während die Leistungserbringer stets die Bösen sind. Ich will nicht die Flinte ins Korn schmeißen, aber es ist nicht ganz leicht gegen diese Lobby-Macht anzukommen.“

Um seine These zu untermauern, kam Marxen erneut auf den Bottroper Zyto-Skandal zu sprechen. Dazu sagte er:


 Eine Lobby, die selbst Bottrop noch als positives Argument für Ausschreibungen instrumentalisiert, die ruinöse Forderungen stellt und uns jetzt, durch Rabatt- und Open-House-Verträge, kleine Firmen mit Lieferengpässen und Fälschungsproblematik einbringt – diese Lobby kann nicht behaupten, Patienteninteressen zu vertreten“.

Michael Marxen, Zytostatika herstellender Apotheker, Vize-Präsident der DGOP und des VZA


Schließlich sprachen die Diskutanten bei der berusfspolitischen Diskussion auch noch über den Schiedsstellenspruch zur Hilfstaxe. Klaus Meier, Präsident der DGOP, sieht den Wert des Schiedsspruchs kritisch: „Wenn der Gesetzgeber sich entschlossen hat, die ortsnahe Versorgung mit beratenden Apothekern umzusetzen, dann kann ein externes Gremium, was eine Schiedsstelle letztendlich ist, dies nicht einfach konterkarrieren“, sagte Meier mit Blick auf den Beschluss des Bundestages, die exklusiven Zyto-Verträge abzuschaffen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Lobby

von Bernd Küsgens am 29.01.2018 um 19:21 Uhr

"Eine Lobby, die selbst Bottrop noch als positives Argument für Ausschreibungen instrumentalisiert,...... diese Lobby kann nicht behaupten, Patienteninteressen zu vertreten“.
Wo sind die Politiker, die sich und uns,dieses Verhalten gefallen lassen

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