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Festpreis-Vereinbarung in der Kritik
Streit um Grippeimpfstoff-Versorgung im Nordosten
Wirklich keine Einschränkung für Ärzte und Apotheker?
Wo ist nun der Haken? Tatsächlich werden voraussichtlich viele Apotheken den Ärzten, die sie beliefern, empfehlen, den Impfstoff Influvac Tetra von Mylan bestellen. Denn nur mit diesem Hersteller hat die D.S.C. Dienstleistungs-Service-Center GmbH – ein Tochterunternehmen des Berliner Apotheker-Vereins – eine Rahmenvereinbarung ausgehandelt, die Apothekern besonders gute Konditionen bietet. Bereits seit 2011 verhandelt die D.S.C. solche Rahmenbedingungen für Grippeimpfstoffe. Hier geht es nicht nur um den Preis – offenbar unterscheidet sich dieser nicht wesentlich von dem, den auch einzelne Apotheker aushandeln könnten. Es sind vielmehr weitere Klauseln, die es für Apotheker attraktiv machen, sich D.S.C. als Mittler für ihren Vertragsschluss zu bedienen: Es wird beispielsweise die Lieferung bestimmter Mengen zu einem bestimmten Termin zugesagt, zudem sind Vertragsstrafen bei Nicht-Lieferfähigkeit vorgesehen. In den vergangenen Jahren gab es solche Vereinbarungen der D.S.C. mit zwei Herstellern: Mylan und Seqirus. Nun ist es nur noch Mylan – denn Seqirus hat derzeit keinen Vierfach-Impfstoff im Angebot. Und mit den anderen Herstellern quadirivalenter Vakzine war eine Vereinbarung nicht möglich. „Wir bemühen uns immer um neue Partner“, erklärt D.S.C.-Geschäftsführer Frank Nebrich gegenüber DAZ.online. „Wir haben mit allen gesprochen, aber es uns nicht gelungen, sie für eine Kooperation zu gewinnen“.
Das heißt allerdings nicht, dass andere Hersteller nun zwangsweise außen vor sind: Die Apotheken im Nordosten können natürlich auch die Impfstoffe von Sanofi, GSK oder AstraZeneca vorbestellen, wenn die Ärzte diese haben wollen. Entweder über den Großhandel oder direkt. Auch bei Mylan ist eine Direktbestellung übrigens möglich. Darauf weist nicht nur Nebrich hin, sondern auch die beteiligen Apothekerverbände in ihren Anschreiben an die Pharmazeuten. Doch die Mylan-Konkurrenten machen sich wohl kaum Hoffnung, dass es zu großen Bestellungen bei ihnen kommen wird. Und die Konditionen von D.S.C. kommen für sie offenbar nicht in Betracht.
BPI: AOK Nordost umgeht bestehendes Recht
In der Kritik steht nun, dass die Situation de facto kaum anders ist als in Zeiten der Ausschreibungen: Es läuft darauf hinaus, dass in einer bestimmten Region nur ein Hersteller die Versorgung übernimmt. Der BPI ist erzürnt: „Mit der Apothekenvereinbarung umgeht die AOK Nordost bestehendes Recht“. Die AOK Nordost verweist hingegen darauf, dass sie lediglich Preisvereinbarungen mit den Apothekerverbänden abschließe: „Vereinbarungen mit pharmazeutischen Herstellern bestehen hingegen nicht. Die Inhalte der Absprachen zwischen Herstellern und der Apothekerseite sind uns dementsprechend auch nicht bekannt“, so ein Sprecher der Kasse.
Aus Sicht von GSK und Sanofi ist es aller gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz bei dieser Vereinbarung nicht weit her mit der freien Impfstoffwahl. So weist auch GSK darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Streichung der Rabattverträge eine Gefährdung der Versorgungssicherheit für die Zukunft verhindern wollte. „Insofern widersprechen Festpreismodelle wie das von der AOK Nordost und dem Apothekerverband ausgehandelte ganz klar dieser Intention.“ Dr. Oliver Thomas, Medizinischer Direktor Sanofi Pasteur, erklärt: „Da die komplexe Produktion von Grippeimpfungen einen zeitlichen Vorlauf von mindestens fünf bis sechs Monaten benötigt, können Grippeimpfstoffe nicht schnell nachproduziert werden. Um sicher zu sein, dass in einer Grippesaison ausreichend Grippeimpfstoff vorhanden ist, sollten Ärzte aus allen Grippeimpfstoffen unabhängig vom Hersteller auswählen können“.
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