Festpreis-Vereinbarung in der Kritik

Streit um Grippeimpfstoff-Versorgung im Nordosten

Berlin - 05.03.2018, 11:10 Uhr

Die Industrie hat ein Problem mit den Impfstoffvereinbarungen der Apotheker mit der AOK Nordost. (Foto: カシス / stock.adobe.com)

Die Industrie hat ein Problem mit den Impfstoffvereinbarungen der Apotheker mit der AOK Nordost. (Foto: カシス / stock.adobe.com)


Weitere Kritikpunkte der Industrie

Gerbschs Vorwürfe gehen aber noch weiter: „Da wird so weit gespart, als dass der Rabattvertrag an ein Unternehmen geht, dass noch gar keinen Impfstoff hat“. Dazu ist allerdings klarzustellen: Zum einen liegt hier kein Rabattvertrag vor, wie wir ihn bislang aus der Grippeimpfstoff-Welt kannten. Zum anderen: Zwar gibt es den Impfstoff von Mylan noch nicht – aber das liegt in der Natur der Sache und trifft auf die anderen Hersteller ebenso zu: Sie beginnen die Herstellung ihres Grippeimpfstoffs erst, wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die aktuelle Zusammensetzung festgelegt hat. Am 22. Februar ist dies für die kommende Grippesaison auf der Nordhalbkugel geschehen. Der BPI hat allerdings auch im Sinn, dass Mylan bislang keinen Vierfach-Impfstoff auf dem deutschen Markt hatte. Das stimmt zwar – allerdings besitzt das Unternehmen die Zulassung für die Vakzine – und in anderen Ländern war das Mylan-Produkt bereits im Einsatz. In Deutschland fristeten die Vierfach-Impfstoffe bislang jedoch ein Schattendasein; in erster Linie waren es Privatpatienten, die ihn bekamen. Da lohnte sich ein Markteintritt kaum.

Ein weiterer vom BPI beklagter Nachteil der Vereinbarung im Nordosten: Influvac Tetra von Mylan ist erst für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen. Die von Sanofi und GSK können schön ab einem Alter von sechs Monaten angewandt werden. Aus Sicht der Apothekervereine ist aber auch das kein Problem: Soll ein Kind geimpft werden, muss der Arzt eben namentlich verordnen. Dann läuft das Prozedere in der Apotheke wie bei jeden anderen Sprechstundenbedarf: Es wird ein Kostenvoranschlag erstellt und bei der AOK Nordost eingereicht.

Die Fronten sind offensichtlich verhärtet. Der Berliner Apotheker-Verein verteidigt die Vereinbarung mit der AOK Nordost jedenfalls auch nach den Vorwürfen aus der Industrie: Gerade weil keinerlei Beschränkungen für Apotheke und Ärzte bestünden und zugleich durch die frühzeitige Bestellung des Impfstoffes Planungssicherheit für alle Beteiligten – einschließlich der Hersteller – bestehe, trügen die Grippeimpfstoffvereinbarungen zwischen den Apothekerverbänden und der AOK Nordost erheblich dazu bei, Versorgungsengpässe zu vermeiden. „Anders als in anderen Regionen sind im Nordosten mit den seit Jahren weitgehend konstanten Grippeimpfstoffvereinbarungen keine Versorgungsengpässe aufgetreten“, betont der Verband.

Nun bleibt zu hoffen, dass sich dies auch künftig nicht ändert.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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