Ex-ABDA-Präsident Wolf im Datenklau-Prozess

„Wir waren wohl ein bisschen naiv“

Berlin - 06.03.2018, 17:50 Uhr

Heinz-Günter Wolf schätzte Thomas Bellartz als Pressesprecher – von gekauften Daten aus dem BMG will er nichts gewusst haben. (Foto: LAV Niedersachsen)

Heinz-Günter Wolf schätzte Thomas Bellartz als Pressesprecher – von gekauften Daten aus dem BMG will er nichts gewusst haben. (Foto: LAV Niedersachsen)


Am heutigen Dienstag erschien der frühere ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf als Zeuge vor dem Kriminalgericht in Berlin-Moabit. Der Vorsitzende Richter im sogenannten Datenklau-Prozess befragte ihn zu den Verflechtungen zwischen ABDA und Thomas Bellartz‘ Firmen El Pato und Neuspree Media. Ein „bisschen naiv“ sei es wohl gewesen, an El Pato Aufträge zu vergeben, räumte Wolf ein. Von geheimen Daten-CDs will Wolf allerdings nichts gewusst haben.

Heinz-Günter Wolf, ABDA-Präsident in den Jahren 2005 bis Ende 2012, war am heutigen Dienstag als dritter Zeuge im Strafprozess gegen den früheren ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz und den Systemadministrator Christoph H. geladen. Zuvor waren schon Phagro-Geschäftsführerin Bernadette Sickendiek und eine ABDA-Referentin befragt worden.

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Thema: Datenklau-Affäre

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In dem Verfahren geht um das mutmaßliche Ausspähen von Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) in den Jahren 2009 bis 2012. H. soll diese aus dem Ministerium, in dem er damals als Externer arbeitete, beschafft und gegen Geld an Bellartz weitergegeben haben. Wolfs Präsidentschaft endete 2012 just in der Zeit als die Ermittlungen gegen den früheren ABDA-Sprecher publik wurden. Friedemann Schmidt übernahm Wolfs Posten – es war eine seiner ersten Aufgaben als Präsident, nach diesem Skandal in der ABDA aufzuräumen.

Keine Sache des Präsidenten

In der heutigen Zeugenbefragung interessierte sich der Vorsitzende Richter unter anderem für die Aufträge, die El Pato, das Unternehmen, das Bellartz parallel zu seiner Tätigkeit bei der ABDA aufbaute, von der ABDA bekommen hat. „Ich glaube, wir haben El Pato mal als Dienstleistungsunternehmen beauftragt“, erklärte Wolf. Darüber sei mit ihm aber nicht gesprochen worden. „Das war keine Sache des Präsidenten“. Von welchem Umfang diese Aufträge waren, wusste Wolf ebenfalls nicht. Ein später von der ABDA beauftragter Prüfbericht hatte zwar zutage gebracht, dass in den Jahren 2007 bis 2011 an El Pato insgesamt rund 2,5 Millionen Euro für PR, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gezahlt wurden – doch dieser Bericht verschwand schnell in der Schublade. Auch bei der heutigen Verhandlung wurden Details aus dem Bericht nicht angesprochen, nur dass dort von „Verflechtungen“ die Rede gewesen sei. Auf Nachfrage des Richters erklärte Wolf jedoch, dass er zu dieser Zeit nicht mehr bei der ABDA aktiv gewesen sei. Ihm sei aber gesagt worden, dass die Prüfer damals „nichts gefunden“ hätten.

Der Vorsitzende Richter wollte zudem wissen, ob die ABDA keinen Interessenkonflikt gesehen habe, weil Bellartz neben seiner Tätigkeit als ABDA-Sprecher seine Selbstständigkeit aufbaute. „Wir haben das in Kauf genommen“, erklärte Wolf. Die ABDA habe zu dieser Zeit dringend einen Pressesprecher gebraucht, Bellartz sei dafür als gut vernetzter früherer stellvertretender Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung gut geeignet gewesen. Es sei seine Bedingung für eine Anstellung gewessen, dass sie nur temporär sei und er seine Selbstständigkeit weiterentwickeln könne. Das ging für die ABDA in Ordnung. „Er hat seine Arbeit als Pressesprecher ordentlich gemacht“, sagte Wolf. Was die Beauftragung von El Pato angeht, sei man wohl „ein bisschen naiv“ gewesen. Heute würde man dies sicher nicht mehr tun.

Nichts gewusst und nichts gehört

Der Richter wollte dann wissen, ob Wolf vor Ende 2012 etwas vom dann in der Presse berichteten „Datenklau“ gewusst habe, beispielsweise von etwaigen Datenträgern. Diese Frage des Vorsitzenden verneinte Wolf. Ihm sei auch nicht aufgefallen, dass Apotheke Adhoc besonders informiert berichtet habe. Er habe ohnehin nur „ab und zu“ dort Berichte gelesen. „Die waren genauso informiert, wie andere Dienste“, meint Wolf im Rückblick.

Mit „ganz sicher nein“ antwortete Wolf auf die Frage, ob es bei der ABDA Geldtöpfe gab, aus denen für Informationen bezahlt wurde. Dies hatte die Zeugin Katja S., die Ex-Frau von Christoph H. ausgesagt. 

Der Vorsitzende konfrontierte Wolf dann noch mit einer Mail von Bellartz an eine von Wolfs damaligen Mitarbeiterinnen aus dem September 2011: „Wie ist HGW diese Woche am Start? Ich hätte da ein paar Infos", hieß es darin. Als Antwort erhielt Bellartz, dass Wolf sich derzeit in Brüssel aufhalte. Ob sich der Zeuge erinnern könne, worum es da ging? Nein, erklärte dieser. Er sei damals auch auf europäischer Ebene stark eingebunden gewesen – um die Fälschungsschutzrichtlinie sei es damals gegangen. Wolf war damals auch Präsident des europäischen Apothekerverbands PGEU.

Keine weitere Erkenntnis gab es von Wolf zudem mit Blick auf die in früheren Zeugenaussagen thematisierte Synopse zur einem Entwurf zur Novelle der Apothekenbetriebsordnung. BMG-Mitarbeiter hatten bei einem Verbände-Treffen geglaubt, die mehrfarbige Synopse aus ihrem Haus bei den ABDA-Mitarbeitern gesehen zu haben. Wolf war bei diesem Treffen im Juli 2010 allerdings nicht dabei. Er konnte dazu nicht mehr sagen, als dass es „durchaus üblich“ sei, dass ABDA-Juristen bei Gesetzesänderungen selbst Synopsen erstellen.

Am kommenden Freitag wird der Prozess fortgesetzt. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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