Streitgespräch Müller vs. Dettling

„Höchstpreise wären die Atombombe für die Versorgung“

Berlin - 17.03.2018, 13:15 Uhr

Max Müller, Christian Rotta und Heinz-Uwe Dettling (v.l.) diskutierten das Rx-Versandverbot und etwaige Alternativen.(Foto: Schelbert / DAZ.online)

Max Müller, Christian Rotta und Heinz-Uwe Dettling (v.l.) diskutierten das Rx-Versandverbot und etwaige Alternativen.(Foto: Schelbert / DAZ.online)


Wie viele und welche Wege gibt es, auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Rx-Preisbindung zu reagieren? Und welche sind zielführend? Darüber stritten DocMorris-Vorstand Max Müller und Rechtsanwalt Dr. Heinz-Uwe Dettling am gestrigen Freitag auf der Interpharm. Eine gemeinsame Linie fanden sie nicht – doch das dürfte auch niemand erwartet haben.

Der ApothekenRechtTag auf der Interpharm setzte in diesem Jahr einen besonderen Schlusspunkt: einen Schlagabtausch zum Thema „Kommt das Rx-Versandverbot?“. Auf dem Podium: Dr. Heinz-Uwe Dettling, Rechtsanwalt aus Stuttgart und eiserner Verfechter eines (flexiblen) Versandverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel, Max Müller, ebenfalls studierter Jurist und Chief Strategy Officer der niederländischen Versandapotheke DocMorris sowie Dr. Christian Rotta, Geschäftsführer des Deutschen Apotheker Verlags, als Moderator mit klarer Meinung.

„Es kommt wie es kommt"

Rotta fragte Müller zunächst nach seiner Gefühlslage, nachdem der Koalitionsvertrag unterzeichnet und Jens Spahn zum Bundesgesundheitsminister ernannt ist. Müller gab sich entspannt: Diese habe sich seit dem 19. Oktober 2016 nicht geändert, erklärte Müller. Ob das Rx-Versandverbot wirklich komme, könnten weder er noch Herr Dettling beantworten. Die spannende Frage sei eher: „Würde das Verbot kommen – würde es dann auch bleiben?“ Dazu gebe es höchst unterschiedliche Ansichten. Müller sieht dies gelassen: „Es kommt wie es kommt. Wir haben in den letzten Jahren 18 Jahren mit jeder Situation zu leben und zu arbeiten gelernt“.

DocMorris-Vorstand Max Müller (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Was den neuen Gesundheitsminister betrifft, so räumte Müller ein, dass er Jens Spahn schon viele Jahre kenne – das sei kein Geheimnis. Aber: „Kluge Unternehmer und kluge Politiker können Politik, Geschäft und Privatleben exzellent trennen“.

In der Politik in Gottes Hand

Auch Dettling gab sich vorsichtig mit seiner Einschätzung, ob der Koalitionsvertrag mehr als eine Absichtserklärung zum Rx-Versandverbot ist. Er verwies auf den gern zitierten Spruch: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Doch auf hoher See, so Dettling, sei man mittlerweile sehr sicher – vor Gericht und in der Politik dagegen weniger. Dennoch bleibt Dettling dabei, dass ein flexibles Rx-Versandverbot mit wenigen, rechtlich erforderlichen Ausnahmen die richtige Antwort auf das EuGH-Urteil ist. Nicht nur im eigenen Gutachten hat er das bereits begründet. 

(Foto: Schelbert / DAZ.online)

Er verwies auch auf das Gutachten zur Arzneimittelpreisverordnung im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums: Dieses zeige ebenfalls, dass die Situation ernst und zahlreiche Apotheken gefährdet seien. Dettling sieht es so: „Jedes Mal, wenn eine Solitärapotheke schließt, entsteht ein Loch in der flächendeckenden Versorgung“. Da verletze der Staat seine Pflicht, für eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung zu sorgen. Noch sei die Flächendeckung weitgehend gegeben – bislang dank des einheitlichen Abgabepreises. Doch seit dieser vor 1,5 Jahren weggefallen sei, werde das „Durchlöchern“ dramatisch beschleunigt, sagte Dettling.

Strukturprobleme haben nichts mit dem Versand zu tun

Müller räumte ein, dass es Apotheken gebe, die wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. Dies liege aber zum Teil an der ungleichen Verteilung. Selbst innerhalb Berlins sei diese zu finden: So gebe es etwa in Charlottenburg eine sehr viel höhere Apothekendichte als in Lichtenberg. Und auf dem Land sei das Problem in der Regel strukturell: Die Nachfolgersuche sei schwer, die Ärzte fielen weg, Kinderbetreuung sei ein Problem – aber all dies habe „null Komma null mit dem Versandhandel zu tun“, so Müller. Und es gebe einige Möglichkeiten der Kompensation: den Botendienst, Rezeptsammelstellen und den Versandhandel. Dettling entgegnete, dass eine gute Patientenversorgung durchaus die Apotheke vor Ort benötige: Versandhandel und Rezeptsammelstellen könnten das nicht leisten.  



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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10 Kommentare

Conny und Pharmi

von Ulrich Ströh am 18.03.2018 um 10:00 Uhr

Daz.online jetzt neu mit Nicknames?

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AW: Conny und Pharmi

von Christian Rotta am 19.03.2018 um 12:57 Uhr

Sehr geehrter Herr Ströh,

nach dem Telemediengesetz ist es uns verwehrt zu verlangen, dass Kommentare nur mit sog. Klarnamen abgegeben werden. Einzelne Datenschutzbehörden und die Rechtsprechung folgen dieser Linie. Dies mag man bedauern, aber wir sind an die rechtlichen Vorgaben gebunden. Im Übrigen kann es im Einzelfall ja durchaus auch legitime Gründe geben, nicht mit Klarnamen
aufzutreten.

Mit den besten Grüßen

AW: Conny und Pharm

von Jens Spahn am 19.03.2018 um 18:06 Uhr

Zudem ist auch der Klarname frei wählbar. Oder glauben Sie, ich wäre der Gesundheitsminister?
Auch unter Pseudonymen können sinnvolle Beiträge verfasst werden und auch Klarnamen schützen nicht vor Trollerei.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Becker (oder vielleicht auch nicht??

AW: Conny und Pharmi

von Ulrich Ströh am 19.03.2018 um 18:47 Uhr

Von mir aus gerne...
Ob Conny , Pharmi oder Jens Sp....
Hauptsache qualitativ gut.
Verstehe nur nicht,warum man sich so gerne versteckt.

Max Müller

von Martina Gailick am 18.03.2018 um 9:45 Uhr

Liebe Redaktion,
Max Müller ist KEIN (!) Jurist..auch im Tagebuch wird er fälschlicherweise als „studierter Jurist“ bezeichnet.
Fakt ist doch, dass er sein Jura-Studlum abgebrochen hat. Vermutlich, da er wie manch anderer auch (Widmann-Mauz zB, Paul Ziemiak etc) durch sein 1. Staatsexamen gefallen ist
Ich würde bitten, da einmal gründlicher zu recherchieren. Müller liebt es, sich als Jurist auszugeben, das macht es jedoch nicht besser...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Max Müller

von DAZ.online-Redaktion am 19.03.2018 um 13:19 Uhr

In dem uns von DocMorris überlassenen Curriculum vitae von Max Müller heißt es:

"Max Müller wurde in Hannover geboren und ist seit nun mehr als 15 Jahren national und international im Bereich Healthcare tätig. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete er zunächst als Referent im Bundestag sowie mehrere Jahre als Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft, bevor er 2008 die Leitung des Berliner Büros der Celesio AG als Head of External Affairs übernahm. [...]."

Ex Versand

von Conny am 17.03.2018 um 21:00 Uhr

Unter spahn wird es keien Rx -Versand geben . Eher wird spahn in zweiter Ehe eine Frau heiraten

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"Strukturprobleme haben nichts mit dem Versand zu tun"?

von Pharmi am 17.03.2018 um 17:28 Uhr

Sicher nicht? Wenn man auf die Zahlen der Versandapotheken schaut, um wie viel Prozent diese ihren Absatz erhöhen können, müsste man wissen, dass die Patienten, die jetzt zum Versand gehen nicht plötzlich erschienen sind. Oder sind das alles "Erst"-Patienten, die vorher nie krank waren? Die gehen von der Apotheke vor Ort weg und fehlen dann eben dort. Der Versand mag nicht der einzige Grund sein, aber sie tragen dazu bei. Je höher der Versandanteil ist, desto höher ist deren Anteil am "Strukturproblem"...

Die angebrachten Beispiele haben vielleicht nichts mit dem Versand zu tun, die Abwanderung der Patienten durch unfairen Wettbewerb aber durchaus...

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Warum immer DocMo

von Pharmi am 17.03.2018 um 17:18 Uhr

Warum tritt bei solchen Diskussionen eigentlich immer jemand von DocMo auf? Nie jemand von der Europa-Apotheek oder der Shop-Apotheke und warum eigentlich nicht der Herr Buse vom BVDVA, der eigentlich sämtliche Versandapos vertreten sollte? DocMo ist doch auch Teil des BVDVA!
Es werden ja auch eher selten Apothekenleiter, sondern meist Verbandsvertreter, eingeladen!?

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Faktencheck

von Dr Schweikert-Wehner am 17.03.2018 um 14:07 Uhr

Zahlreiche Fakten wurden in den Raum gestellt und von der anderen Seite wiedersprochen.
Ein Faktencheck wurde angekündigt. Bitte nachliefern.

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