Interpharm 2018

Kein Fentanylpflaster für den Saunafreund

Berlin - 17.03.2018, 16:00 Uhr

Auch Hobbies, wie Saunieren, müssen bei der Auswahl der Darreichungsform berücksichtigt werden. (Foto: gudenkoa / stock.adobe.com)                                      

Auch Hobbies, wie Saunieren, müssen bei der Auswahl der Darreichungsform berücksichtigt werden. (Foto: gudenkoa / stock.adobe.com)                                      


Wie versorgt sich der Patient?

Die Versorgungsituation: Ein Aspekt, den man unbedingt in Betracht ziehen müsse, seien die Lebensumstände des Patienten, erklärte Rémi weiter. „Wie fit bzw. wie mobil ist der Patient? Handelt es sich um ein Kind?“ seien Punkte, die eine Rolle spielten. Und ganz wichtig: „Versorgt sich der Patient selbst? Ist er im Krankenhaus oder im Pflegeheim?“ So seien beispielsweise im Krankenhaus auch komplizierte Therapieschemata möglich, im Pflegeheim eher nicht.

Die Krankheitsphase: Und nicht zuletzt spiele auch die Krankheitsphase eine Rolle, eben ob sich der Patient am Beginn seiner Erkrankung oder in der Terminalphase befinde, so Rémi.  

Vom Pflaster auf Tabletten 

All diese Punkte spielten bei der Auswahl der Darreichungsform eine Rolle, erklärte sie. Die Apothekerin hatte auch Beispiele aus der Praxis mitgebracht. Sie berichtete zum Beispiel von einem Mann mit einem Rektumkarzinom, der zur Schmerztherapie unter anderem  ein Fentanylpflaster erhielt, aber leidenschaftlicher Saunagänger war. Transdermale therapeutische Systeme seien in diesem Fall aus zweierlei Sicht ungeeignet, erklärte Rémi: „Zum einen erhöht sich durch die Wärme die Wirkstoff-Freisetzung und die Aufnahme, zum anderen schwitzt man in der Sauna stark. Das Pflaster klebt dann nicht mehr.“ Was tut man also? „ In diesem Fall gab es zwei Möglichkeiten,“ so Rémy. „Entweder auf orale, retardierte Medikation umstellen oder die Saunagänge jeweils auf den Pflasterwechsel abstimmen.“ Da letzteres dem Patienten zu kompliziert war, habe man auf ein orales Opioid umgestellt.“ Weil sich der Mann zuhause selbst versorgte, stellte die zweimal tägliche Gabe kein Problem dar. Als der Patient im späteren Stadium seiner Erkrankung an Übelkeit und Erbrechen litt, sei dann eine orale Applikation nicht mehr möglich gewesen, berichtete Rémi weiter. In anderen Fällen wären Suppositorien eine Option, bei diesem Patienten mit Rektumkarzinom aber nicht. So sei man auf kontinuierliche subkutane Gabe von Morphin gewechselt. Das habe er dann bis zum Schluss beibehalten. Auch bei der Auswahl der Bedarfsmedikation gebe es Varianten. Ein Patient, der fit ist und beispielsweise gerne ins Café geht, komme oft mit Morphin-Ampullen besser zurecht als mit Tropfen, die er erst abzählen muss.

Am Ende erklärte die Apothekerin, dass in der Regel viele Wege zum Ziel führten, oft müsse man dabei auch Umwege gehen. Das wichtigste dabei sei, dem Patienten nicht zu schaden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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