Schweiz

Wie Galenica seine Apothekenketten ausdehnt

Remagen - 19.03.2018, 11:00 Uhr

Der Schweizer Pharmahandelskonzern Galenica dehnt seine Apothekenketten aus. (Foto: dpa)

Der Schweizer Pharmahandelskonzern Galenica dehnt seine Apothekenketten aus. (Foto: dpa)


Selbst alteingesessene Apotheken an guten Standorten können in die Hände von Kettenkonzernen gelangen, wenn ungünstige Umstände dies zulassen. So geschah es mit der Central-Apotheke Volz in der Schweizer Bundesstadt Bern, ein Fallbeispiel aus einer lukrativen Altstadtlage.

Die Central-Apotheke Volz in Bern wurde 1659 als dritte Apotheke in der heutigen schweizerischen Bundesstadt gegründet und war seither immer in Familien- beziehungsweise Privatbesitz. In der Tageszeitung „Der Bund“ schildert Wirtschaftsredakteur Adrian Sulc, wie es dazu kommen konnte, dass diese unabhängige Apotheken-„Institution“ seit Januar dieses Jahres zur grössten Apothekenkette des Landes Amavita gehört. Die Amavita-Apotheken sind zusammen mit Sun Store und Coop Vitality Teil des Berner Konzerns Galenica.

Hohe Miete gab den Ausschlag

Die Eigentümerin Renata Mordasini, die die Central-Apotheke Volz vor 15 Jahren von der Familie Volz übernommen habe, habe eigentlich nicht verkaufen wollen, sich aber aus Rentabilitätsgründen dazu gezwungen gesehen. Der Grund: Das Haus, in dem die Apotheke sich befindet, gehöre bis heute der Erbengemeinschaft Volz. Nach dem aktuellen Mietvertrag hätte die Apotheke zwar noch bis August 2022 mit dem geltenden Mietzins, der dem Niveau der achtziger Jahre entsprochen haben soll, weiter bestehen können, aber die Apothekenleiterin habe bereits sieben Jahre vor dem Auslaufen des bestehenden Vertrages einen neuen mit einer Dauer von zwanzig Jahren verlangt. Daraufhin habe sie den Bescheid erhalten, dass der Mietzins für die Räumlichkeiten wegen der lukrativen Lage beinahe verdoppelt werden solle, auf eine Höhe, die die unabhängige Apotheke laut Mordasini nicht zahlen kann.

Chefin arbeitet als Angestellte weiter

Die Apothekenleiterin habe sich daraufhin dazu entschieden, sich als Unternehmerin zurückzuziehen, und genau für solche Fälle stehe Galenica bereit. „Es war mir wichtig, dass die Apotheke weiter existiert“, gibt Mordasini als Begründung gegenüber „Der Bund“. für ihren Entschluss an. Galenica habe das 13-köpfige Team übernommen, und auch die ehemalige Chefin arbeitet dort in Teilzeit weiter. Die Arbeitsverträge und Löhne der Mitarbeiter seien unverändert geblieben, und für die Kunden der Central-Apotheke Volz habe sich kaum etwas verändert. Mordasini glaubt: „Als Teil von Amavita hat die Apotheke ganz andere Möglichkeiten.“

Nie dagewesene Marktmacht

Wie sich der Betrieb der „neuen“ Amavita-Apotheke denn bei gestiegener Miete und gleichbleibenden Löhnen rentieren könne, fragt Wirtschaftsredakteur Sulc, der das Beispiel in der Tageszeitung so anschaulich beschreibt. Und er gibt auch gleich die Antwort. Das „Zauberwort“ heiße Mengenrabatt. Der Marktführerin im Schweizer Apothekenmarkt Galenica gehörten rund 340 Apotheken, 160 weitere seien ihr als Partnerbetriebe angeschlossen. Zusammen hätten die 500 Abgabestellen eine nie dagewesene Einkaufsmacht. Rabatte der Pharmahersteller an die Grosskundin Galenica ließen die Margen der Apotheken steigen, und damit auch deren Budgets für teure Lagen. Außerdem profitierten Galenica-Apotheken von niedrigeren Kosten im Bereich IT und Marketing, erklärt Daniele Madonna, Apotheken-Chef bei Galenica gegenüber der Tageszeitung.

Kaufen, schließen, Kundenstamm weitergeben

„Wir erhalten laufend Angebote, Apotheken zu übernehmen“, sagt er. Aber nicht alle Standorte eigneten sich, teilweise seien die Ladenlokale zu klein. Je nach Lage und Marktsituation übernehme Galenica aber auch eine solche Apotheke, um sie zu schliessen und den Kundenstamm an eine nahegelegene Amavita-, Sun-Store- oder Coop-Vitality-Apotheke zu übergeben. Ein Ende des Wachstums sei nicht absehbar: Die Galenica-Manager wollten gemäss eigenen Aussagen weiter expandieren. 

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Galenica 2017: Resultat deutlich gesteigert

In dieser Woche hat die Galenica-Gruppe übrigens ihre ersten Jahresergebnisse nach dem Börsengang vom 7. April 2017 mitgeteilt. Man habe die ambitiösen Zielsetzungen für 2017 in einem anspruchsvollen Marktumfeld erreicht, heißt es in einer Pressmitteilung. Mit einem Umsatzwachstum von 6.8 Prozent auf 3,2 Millliarden Schweizer Franken habe sich die  Gruppe deutlich über dem Schweizer Pharmamarkt  entwickelt (+4.2 Prozent, IQVIA 2017). Als Treiber für das Umsatzwachstum wird in einer früheren Mitteilung unter anderem das erweiterte Apothekennetz angeführt



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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