Kleine Anfrage der FDP

Ist der Gemeinsame Bundesausschuss ausreichend legitimiert?

Berlin - 28.03.2018, 17:30 Uhr

Die FDP-Bundestagsfraktion will vom Bundesgesundheitsministerium unter anderem wissen, ob der Gemeinsame Bundesausschuss aus BMG-Sicht ausreichend legitimiert ist. (Foto: G-BA)

Die FDP-Bundestagsfraktion will vom Bundesgesundheitsministerium unter anderem wissen, ob der Gemeinsame Bundesausschuss aus BMG-Sicht ausreichend legitimiert ist. (Foto: G-BA)


Der Gemeinsame Bundesausschuss ist eines der wichtigsten Gremien im Gesundheitswesen: Dort entscheiden Kassen, Ärzte und Kliniken, welche Leistungen in den GKV-Leistungskatalog kommen und welche nicht. Seit Jahren gibt es immer wieder Diskussionen um die demokratische Legitimation des Ausschusses. Einen neuen Anlauf in Sachen verfassungsrechtliche Bedenken unternimmt nun die FDP-Bundestagsfraktion.

Seit seiner Gründung vor etwa 13 Jahren steht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) regelmäßig in der Kritik. Dabei geht es nicht nur um Entscheidungen des Gremiums, etwa zur Erstattungsfähigkeit von Medikamenten, die insbesondere bei Pharmakonzernen immer wieder für Ärger sorgen. Im Fokus der Kritik stehen auch oft Themen zur Struktur des G-BA oder die Frage, ob der Ausschuss für die wichtigen Entscheidungen, die er trifft eine ausreichende Legitimation besitzt.

Vor etwa einem Jahr hatte auch DAZ.online darüber berichtet, dass das Bundesgesundheitsministerium drei juristische Gutachten in Auftrag gegeben hatte, die allesamt untersuchen sollten, ob der G-BA aus verfassungsrechtlicher Sicht ausreichend legitimiert sei. Grund dafür könnten unter anderem die Bedenken des Bundesverfassungsgerichtes hinsichtlich der Legitimation des Ausschusses sein. Erstmals äußerte sich Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzender des Ersten Senats, 2015 zu dem Thema.

Verfassungsrichter kritisierte Struktur des G-BA

In einem Vortrag bei der „Juristischen Gesellschaft zu Kassel“, nahm Kirchhof nach einem Bericht der FAZ „das rechtliche Konstrukt des Gemeinsamen Bundesausschusses auseinander, sodass am Ende nicht viel übriggeblieben“ sei. Die Vorgaben und Kontrollen durch den Gesetzgeber seien eher vage. Dies lasse der Selbstverwaltung sehr viel Raum, obwohl der Gesetzgeber gemäß dem Demokratieprinzip wesentliche Entscheidungen selbst treffen müsse.

Und auch 2016 beschäftigte sich das Verfassungsgericht zumindest am Rande mit der Legitimation des G-BA. Im Rahmen eines Urteils zu Mindestmengen in Krankenhäusern erklärten die Richter damals, dass es „durchaus gewichtige Zweifel“ an der demokratischen Legitimation gebe. Laut FAZ sollen sich die Gutachten daher auch genau mit diesem Thema beschäftigen. Es gebe „Anlass zu einer umfassenden rechtswissenschaftlichen Analyse der verschiedenen gesetzlichen Grundlagen zu den zahlreichen Regelungsaufträgen des GBA“, heißt es in dem Artikel.

FDP-Politiker Ullmann: Der G-BA ist träge und unflexibel

Wann die Gutachten das Licht der Welt erblicken, ist derzeit völlig offen. Und genau deswegen versucht die FDP-Bundestagsfraktion nun, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Fraktion will in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung wissen, ob dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) erste Ergebnisse vorliegen und wenn sie bereits vorliegen, warum diese nicht schon veröffentlicht wurden. Des Weiteren wollen die Liberalen vom Ministerium selbst wissen, wie es denn zur demokratischen und verfassungsrechtlichen Legitimation des Ausschusses stehe. Schließlich interessiert sich die FDP auch dafür, welche Teile oder Verfahren des G-BA aus Sicht des BMG reformbedürftig sind. Und: Wenn es denn Reformbedarf gäbe, welche bereits getroffenen Entscheidungen des Gremiums wären gegebenenfalls betroffen?

Insbesondere der neu in den Bundestag eingezogene Mediziner und FDP-Politiker Andrew Ullmann aus Bayern scheint es auf den G-BA abgesehen zu haben. In den vergangenen Wochen gab es einen Briefwechsel zwischen Ullmann und G-BA-Chef Josef Hecken. Ullmann kritisierte das Vorgehen des G-BA bei den Grippeimpfstoff-Empfehlungen – aus seiner Sicht dauern die Verfahren im Ausschuss bis hin zu einem Beschluss teils zu lange. Hecken antwortete und wies alle Vorwürfe von sich und dem G-BA. Schließlich reagierte Ullmann kürzlich mit der Forderung, das Gremium gänzlich zu reformieren. In einem Brief schrieb er, dass „der G-BA träge, unflexibel und bei dieser Problematik nicht patientenorientiert“ sei. Alle Wege seien „lang und umständlich“.

Ullmann erklärte, er wolle daran mitwirken, den G-BA „zukunftsfähig und vor allem patientenorientierter zu machen“, erklärt er. Als Begründung führt der FDP-Politiker an: „Die starren Verfahrensregelungen werden der medizinischen Praxis nicht gerecht. Sie führen dazu, dass im Hinblick auf Grippeschutzimpfungen medizinisch notwendige Leistungen nicht rechtzeitig als Regelleistungen für die gesetzlich Versicherten anerkannt und umgesetzt werden können.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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