- DAZ.online
- News
- Spektrum
- Wie viel geben Ö...
Parlamentarische Anfrage
Wie viel geben Österreichs Kassen für Homöopathie aus?
In Deutschland gibt es immer wieder Diskussionen um die Erstattung homöopathischer Arzneimittel durch die Krankenkassen. Auch in unserem Nachbarland Österreich ist das offensichtlich ein Thema: Aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der liberalen Partei NEOS geht nun hervor, dass die österreichischen Krankenkassen ihren Versicherten 2016 über 183.000 Euro für Globuli und andere Homöopathika erstattet haben.
Wie viel zahlen Österreichs Krankenkassen für homöopathische Mittel? Das wollte die Partei NEOS wissen und richtete im Februar eine entsprechende parlamentarische Anfrage an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit. Die Antwort liegt nun vor. Wie die österreichische Presseagentur APA berichtet, haben die Kassen der Alpenrepublik im Jahr 2016 ihren Versicherten 183.503,42 Euro für homöopathische Mittel erstattet. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr 2015, in dem rund 153.000 übernommen wurden. Im ersten Halbjahr 2017 waren es etwas über 80.000 Euro. Zum Vergleich: Die Gesamtausgaben für Arzneimittel lagen laut dem Verband der österreichischen pharmazeutischen Industrie, Pharmig, 2015 bei 4,7 Milliarden Euro. Das entsprach 12,4 Prozent der Gesundheitsausgaben in Österreich.
Bei der Erstattungspraxis gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen. Laut APA erstattet die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) im Verhältnis zu ihrer Versichertenzahl besonders häufig homöopathische Mittel. 2016 hatten die einen Wert von 57.798,86 Euro. Die Wiener Gebietskrankenkasse hingegen zahlte 6.584,57 Euro, die Krankenkasse in Niederösterreich 2.037,45 Euro, im Burgenland 96 Euro, in der Steiermark 447,05 Euro, in Kärnten 2.321,99 Euro, in Salzburg 324,70 Euro, in Tirol 579,55 Euro und in Oberösterreich 65.413,73 Euro.
Mehr zum Thema
Kassen-Erstattung, Unzufriedenheit
Homöopathie-Umfrage mit zwei Gesichtern
Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger erklärte dazu laut APA, dass die Kostenübernahme homöopathischer Mittel sehr restriktiv gehandhabt werde. Man erstatte die Mittel nur im Einzelfall, wenn mit „normalen“ Mitteln kein Therapieerfolg erzielt werden könne. Hinsichtlich der Wirksamkeit vertritt man dort aber folgende Meinung. „Soweit uns bekannt, gibt es keine wissenschaftliche Grundlage, die einen Effekt von Homöopathika belegt, abgesehen eines allfälligen Placeboeffektes.”
Auch die steuerliche Absetzbarkeit ist in der Kritik
Die NEOS haben dafür kein Verständnis. Sie fordern, dass die Kassen aufhören, homöopathische Mittel zu bezahlen. Nach Ansicht des Sozialsprechers Gerald Loacker ist es völlig unverständlich und ein Affront gegenüber den Steuerzahlern, dass ihre Abgaben für die Finanzierung von reinen Placebo-Effekten verwendet werden, wie er gegenüber der APA erklärt. Und das, obwohl die Krankenkassen klarstellten, dass sie Homöopathika nicht als Arzneimittel ansehen. Loacker weiter: „Anstatt ungeprüfte und wirkungslose Erzeugnisse zu fördern, könnte man mit diesen vergleichbar niedrigen Summen auch tatsächlich wirksame Politik betreiben. Immer mehr echte Medikamente fallen im Preis unter die Rezeptgebührengrenze. Diese wirksamen Produkte müssen dann von den Patienten voll bezahlt werden, während die Kassen nachweislich wirkungslose Homöopathika erstatten.“
Mehr zum Thema
In einer neuen Anfrage nimmt NEOS nun die steuerliche Absetzbarkeit homöopathischer Arzneimittel im Visier. Die Partei erkundigt sich unter anderem danach, wie argumentiert wird, dass eine außergewöhnliche Belastung in steuerlicher Hinsicht anerkannt wird, wenn keine Zweckerfüllung vorliegt. Die Partei sieht die Vorgabe, dass zur Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung eine Behandlung „eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellen muss“, nicht erfüllt. Auch nach den jährlichen Steuermehreinnahmen, wenn die Mittel nicht absetzbar wären, erkundigt sich die Partei. Die Antwort auf diese Anfrage liegt jedoch noch nicht vor.
Auch in Deutschland Kritik an der Erstattung
Auch in Deutschland wird die Erstattung homöopathischer Arzneimittel immer wieder diskutiert. Seit 2012 dürfen Krankenkassen im Rahmen der sogenannten Satzungsleistungen auch nicht verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige Arzneimittel erstatten. Einige Krankenkassen bieten ihren Versicherten seitdem an, ihnen Ausgaben für homöopathische Arzneimittel ganz oder teilweise zu erstatten. Kritiker argumentieren ähnlich wie die NEOS in Österreich, dass es keine Beweise für die Wirkung dieser Präparate gebe und die Versichertengemeinschaft ausschließlich für Medikamente aufkommen sollte, deren Wirkung nachgewiesen ist. Befürworter der Homöopathie hingegen sehen das Therapieverfahren als eine wichtige Ergänzung zur Schulmedizin und verweisen auf die Beliebtheit der Homöopathie bei den Menschen.
Die jüngste Kritik kam vom Präsidenten des Bundesversicherungsamtes, Frank Plate. Wie die FAZ in ihrer Ausgabe vom heutigen Montag berichtet, möchte die Bundesaufsicht Angebote wie Satzungsleistungen, Wahltarife oder Bonusprogramme künftig streichen, kürzen, deckeln und schärfer kontrollieren. Geht es nach der Kassenaufsicht, sollen nur noch die Zusatzleistungen im Rahmen von Satzungsleistungen übernommen werden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist.
2 Kommentare
Homöopathie komlementär anwenden
von Tom am 12.04.2018 um 13:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
wenn mit „normalen“ Mitteln kein Therapieerfolg erzielt werden können
von Michael Jachan am 11.04.2018 um 13:42 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.